Der Frauenleib als öffentlicher Ort
Vom Missbrauch des Begriffs Leben
Ein Klassiker zur Debatte um Pränataldiagnostik und Schwangerschaftsabbruch. Barbara Duden untersucht, wie die Technik und Gesetzgebung der Nachkriegszeit das Verständnis und das Erleben von Schwangerschaft radikal verändert haben. Der Schwangerschaftstest hat das vermutete Schwangergehen in einen diagnostizierbaren Zustand verwandelt. Und die Visualisierung der Leibesfrucht hat den "öffentlichen Fötus" geschaffen, als dessen "biologisches Umfeld" die Frau sich zu verstehen lernt: So wurde das erwartete Kind zu "einem Leben", das gesellschaftlich als "höchster Wert" schutzbedürftig ist.In wenigen Jahren wurde aus dem Kind ein Fötus, aus der schwangeren Frau ein uterines Versorgungssystem, aus dem Ungeborenen ein Leben und aus dem ›Leben‹ säkular-katholischer, also allumfassender Wert.