psychosozial 142: Umkämpfte Psyche - Zur Rekontextualisierung psychischen Leids
(38. Jg., Nr. 142, 2015, Heft IV)
Trauma stellt kein rein individuelles Geschehen dar. Noch deutlicher als anderes psychisches Leid entsteht es per Definition, explizit in der Verbindung mit einem traumatischen – äußeren – Ereignis, das die individuellen Schutz- und Bewältigungsreaktionen überwältigt. Gleichsam ist der traumatische Prozess, der langfristiges Leid verursacht, nicht reduziert auf ein äußeres auslösendes Ereignis und darauf folgende Symptome, sondern Ausdruck eines komplexen, interaktiven Prozesses, zwischen dem traumatischen Geschehen einerseits sowie individuellen und gesellschaftlichen Einschreibungs- und Verarbeitungsprozessen, in der Psyche, im Körper und im sozialen Umfeld. Diese Prozesse sind beeinflusst vom psychosozialen Kontext der Betroffenen vor einem traumatischen Ereignis, während des Ereignisses und danach. Dabei ist der gesellschaftliche Umgang mit Trauma und den Traumatisierten zentral, ebenso wie ihre individuellen, sozialen Beziehungen. Vieles wirkt auch im Nachhinein, nachträglich re-traumatisierend – oder entlastend – auf traumatische Prozesse ein.