Wer nicht arbeitet, soll sterben
Jeder 5. Suizid ist weltweit einer wegen Arbeitslosigkeit. Tragische Konsequenz des «Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen».
«Wir werden uns rechtzeitig entsorgen.» Jedes Mal, wenn der ältere Mann das sagte, zuckte ich zusammen. Auch und vor allem wegen des Wortes «entsorgen», das Menschen zu «Abfall» entwertet. Inzwischen – vor allem auch, wenn ich die Altersheimrechnungen meiner Mutter sehe – geht es mir manchmal selber durch den Kopf: ‹Hoffentlich sterbe ich rechtzeitig›. Bevor das Ersparte, das meine Renten aufbessert, aufgebraucht wäre und ich um Altersbeihilfe oder Sozialhilfe betteln müsste. Ich erschrecke ob meinen eigenen Todesphantasien, aus Angst, nicht mehr gebraucht zu werden, nicht mehr (rundum) für mich selbst sorgen zu können, andere, «den Steuerzahler» zu belasten. So sehr haben ökonomisierte Debatten um Überalterung, Überlastung der Sozialsysteme, Schmarotzer und Hängematten die individuelle, meine Psyche infiziert.