IV-Gutachter unter der Lupe
Wenige Ärzte teilen sich den Markt für IV-Gutachten. Urteilen sie öfterim Sinne der IV, weil sie von deren Aufträgen leben? Die Datenschützerin will mehr Transparenz.
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Wenige Ärzte teilen sich den Markt für IV-Gutachten. Urteilen sie öfterim Sinne der IV, weil sie von deren Aufträgen leben? Die Datenschützerin will mehr Transparenz.
Einzelne Medizinische Abklärungsstellen der IV (MEDAS) sollen ihr medizinisches Ermessen regelmässig zu Gunsten des Auftraggebers ausüben, so der schwerwiegende Vorwurf von Behindertenverbänden und Geschädigtenvertretern. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verlangt seit einigen Jahren eine Berichterstattung von den MEDAS. Dabei fragt das BSV auch explizit nach den attestierten Arbeitsfähigkeiten. Leider weigern sich immer noch viele MEDAS, dem BSV diese Daten preiszugeben, obwohl das Bundesgericht bereits im Leitentscheid BGE 137 V 210 festgestellt hat, dass entscheidend sein kann, welcher MEDAS eine versicherte Person zugewiesen wird (vgl. BGE 137 V 210 Erw. 3.4.2.5).
Menschenrechtsgerichtshof
Die medizinischen Abklärungsstellen, die im Auftrag der Invalidenversicherung Expertisen erstellen, sind als unabhängig und neutral anzusehen. Das sagt der Gerichtshof für Menschenrechte. Urteil 26275/12 vom 10. 12. 15.Zum Thema: EGMR Entscheid schwächt die Rechte von Personen mit Schmerzleiden (Schutzfaktor M)
Autorisierte Leitlinien und Kommentare
Die Begutachtung der beruflichen Leistungsfähigkeit bei psychischen und psychosomatischen Erkrankungen in unterschiedlichen Versicherungs- und Rechtskontexten hat in den letzten zehn Jahren erheblich an Bedeutung zugenommen. Jedoch weist die Begutachtung von psychischen und psychosomatischen Krankheiten inhaltlich und methodisch erhebliche Probleme auf, die sich insbesondere auf die Validität der gutachterlichen Bewertung auswirken. Die Autoren des vorliegenden Buches haben im Rahmen einer interdisziplinären und multizentrischen Kooperation Standards zur Begutachtung der beruflichen Leistungsfähigkeit und von Kausalitätsfragen bei psychischen und psychosomatischen Erkrankungen mit dem Ziel entwickelt und evaluiert, die Begutachtung zukünftig methodisch einheitlicher, valider und den Prozess der Entscheidungsfindung transparenter zu gestalten.
Wenige Ärzte beurteilen viele IV-Fälle – und entscheiden häufig zugunsten der Versicherung. Patientenanwälte sind empört.
Geburtsfisteln
Stirbt ein Kind nach einer überlangen Geburt ohne medizinische Begleitung, bleibt die trauernde Mutter oft mit Verletzungen im Unterleib zurück. Die Folgen davon sind Inkontinenz, schlechter Geruch, Depressionen, Schmerzen und Ausschluss aus der Gesellschaft, was oft zu Selbstmord führt.
Die Invalidenversicherung setzt sich neuerdings über Gutachten ihrer eigenen Ärzte hinweg, um Renten zu verhindern. Ein Betroffener erzählt.
Das Bundesgericht verweigert Schmerzkranken prinzipiell IV-Renten – dies mit der Begrün- dung, dass «eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit zumutbarer Willensanstrengung überwindbar» sein soll. Es glaubt dabei, sich auf die medizinische Empirie (wissenschaftlich nachgewiesene Fakten) berufen zu können.Zum Thema:- Gutachterliche Expertise aus psychosomatisch-psychiatrischer Sicht (Peter Henningsen)- IV: Bundesgericht heftig kritisiert (Tage-Anzeiger)
Gutachten
Das Los entscheidet, zu welchen medizinischen Gutachtern die Invalidenversicherung Menschen schickt. Das soll ein faires Verfahren garantieren – Anwälte sind skeptisch.
Das Bundesgericht verweigert Schmerzkranken prinzipiell IV-Renten – dies mit der Begründung, dass «eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit zumutbarer Willensanstrengung überwindbar» sein soll. Es glaubt dabei, sich auf die medizinische Empirie (wissenschaftlich nachgewiesene Fakten) berufen zu können.Prof. Peter Henningsen (Technische Universität München) zeigt in seinem Gutachten vom Mai 2014 auf, dass dies unzutreffend ist. Er bezeichnet die Praxis des Bundesgerichts als «empirisch nicht belegt oder logisch nicht schlüssig» und im Ergebnis «nicht sachgerecht» und «insgesamt falsch».
In einem IV-Gutachten wurde der Patient verwechselt, berichtete der Tagesanzeiger am 17. Juli in einem Artikel. Die Behindertenorganisation Procap Schweiz äussert sich entsetzt über den Fall. Sie fordert erneut qualitative Vorgaben sowie eine stärkere Kontrolle der Gutachter, damit faire, transparente und unabhängige Abklärungen möglich sind.
R. M. kämpft seit einem Unfall vor zehn Jahren um eine IV-Rente. Als er das medizinische Gutachten las, traute er seinen Augen nicht: Es handelt grösstenteils von einer anderen Person.Zum Thema: - Millionengeschäft mit IV-Gutachten (Basler Zeitung)- Der Fall ist ein Armutszeugnis (Der Bund)
Wer ein Gesuch für eine Leistung der Eidgenössischen Invalidenversicherung stellt, muss davon ausgehen, dass ein Gutachten zur Beurteilung der Arbeitsfähigkeit erstellt wird. Eine Untersuchung des Instituts für Klinische Epidemiologie und Biostatistik am Universitätsspital Basel zeigt nun, dass bei der Einschätzung der Arbeitsfähigkeit grosse Diskrepanzen bestehen: Gutachter, IV-Gesuchsteller und deren behandelnde Ärzte sind sich sehr oft nicht einig.Zum Thema: - Ärzte beurteilen Patienten zu subjektiv (NZZ)- Basler IV-Gutachter schreiben Patienten gesund (Tageswoche)- Studie: Medas-Gutachter urteilen strenger als behandelnde Ärzte. (Ob «strenger» gleichbedeutend ist mit «objektiver», ist… fraglich.) (Blog ivinfo)
BSIG Nr. 4/430.41/1.4
Der Regierungsrat des Kantons Bern hat am 22. Mai 2013 eine Änderung der Verordnung über den schulärztlichen Dienst (SDV) verabschiedet. Die revidierte Verordnung präzisiert und aktualisiert die Aufgaben des schulärztlichen Dienstes. Dabei geht es namentlich um den Umfang der obligatorischen schulärztlichen Untersuchungen und um die Erhöhung der Entschädigung für die nebenamtlichen Schulärztinnen und Schulärzte.
Der renommierte Staatsrechtler Jörg Paul Müller fordert eine Praxisänderung bei der IV-Revision 6a. Die drohende Aberkennung der IV-Renten von 17'000 Schmerzpatienten verletze die Menschenrechte.
IV-Rente ja oder nein? Darüber entscheiden Gutachter. Sie sollen objektiv und integer sein. Viele Betroffene erleben sie anders.
Das Bundesgericht hat die IV zu Reformen gezwungen. Die IV "braucht vielleicht etwas Druck von aussen", meint Chef Stefan Ritler.
Die Invalidenversicherung stützt ihre Entscheide meistens auf Gutachten von sogenannten medizinischen Abklärungsstellen. Diese stehen in Verdacht, zu Gunsten der IV zu arbeiten. Auch das Bundesgericht kritisiert die Arbeitsweise. Bleibt das so, müssen viele IV-Rentner um ihre Existenz fürchten.
Auf den 1. März 2012 hat die Invalidenversicherung ein neues Vergabesystem für polydisziplinäre medizinische Gutachten eingeführt und gleichzeitig höhere und einheitliche Qualitätsanforderungen an die Gutachterstellen sowie Kontrollmassnahmen definiert. Zudem werden die Partizipationsrechte der Versicherten im Begutachtungsverfahren gestärkt. Damit erfüllt die IV die Forderungen des Bundesgerichts aus einem Urteil vom Juni 2011, welches im Nachgang zu einem Rechtsgutachten und der Parlamentarischen Initiative "Faire Begutachtung und rechtstaatliche Verfahren" ergangen war.
Procap Schweiz begrüsst den Entscheid des Bundesgerichtes, die Praxis bei der Erstellung von IV-Gutachten durch Medizinischen Abklärungsstellen (MEDAS) zu ändern. Schon vor eineinhalb Jahren forderten die Jurist/-innen verschiedener Behindertenorganisationen bessere Regeln, um ein unabhängigeres und faireres Verfahren zu garantieren.IV- Gutachten - ein gemeinsames Positionspapier (Procap, PMS, Integration Handicap u.a.)Zum BGer-Urteil vom 28. Juni 2011 (9C_243/2010)