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Arbeitsintegration: Kehrseiten der Aktivierung

November 2015 / Regine Strub (Text)

«Der standardisierte Arbeitslose» von Bettina Wyer zeigt auf, wie die aktivierende Sozialpolitik das System der Sozialen Sicherheit in der Schweiz seit den 1990er Jahren verändert und den öffentlichen Diskurs über Arbeitslosigkeit geprägt hat. Eine empirische Untersuchung im zweiten Teil des Buches zeigt: bisherige Arbeitsintegrationsmassnahmen verfehlen gerade bei Langzeitarbeitslosen oftmals ihr Ziel und wirken sich im Gegenteil kontraproduktiv aus.

In ihrem Buch «Der standardisierte Arbeitslose» zeigt Bettina Wyer auf, wie sich die aktivierende Sozialpolitik in der Schweiz auf langzeiterwerbslose Personen sowie auf die Praxis in den Institutionen der Arbeitsintegration auswirkt. Wyer analysiert die aktuelle Sozialpoltik in der Schweiz und ergänzt die Analyse im zweiten Teil des Buches mit einer empirischen Untersuchung bei langzeiterwerbslosen Personen.

Mit dem Begriff «Standardisierung» möchte Wyer den «warenhaften und technischen Charakter» widerspiegeln, der in der aktuellen Sozialpolitik den erwerbslosen Personen zugeschrieben wird. Der «standardisierte» Arbeitslose hat in dieser Vorstellung eigenverantwortlich, leistungsorientiert und funktionstüchtig zu sein. Diese Begriffe - «Eigenverantwortung, Leistungsorientierung und Funktionstüchtigkeit» - sind gemäss Wyer zwar keine explizit geäusserten Leitprinzipien im öffentlichen Diskurs, aber sie sind eine Prämisse, an welcher sich die aktivierende Sozialpolitik ausrichtet.

BETTINA WYER

Bettina Wyer (1974) ist Sozialpädagogin und Sozialwissenschaftlerin in den Bereichen Arbeitsintegration und Bildung. Sie ist Mutter von drei Kindern und arbeitet als freischaffende Wissenschaftlerin, Dozentin und Schauspielerin. In der Fachgruppe "Sozialpolitik, Arbeit und Care Ökonomie" des Denknetz engagiert sie sich für eine solidarischere Gestaltung der schweizerischen Sozialpolitik. Ihr Buch "der standardisierte Arbeitslose" hat sie im Jahr 2014 an der Universität Freiburg als Dissertation eingereicht.

Keine Leistung ohne Gegenleistung

Seit Mitte der 1990er Jahre sei die aktivierende Sozialpolitik Grundlage bedeutsamer Umstrukturierungen in den schweizerischen Sozialversicherungen wie auch in der Sozialhilfe, schreibt Wyer. Um finanzielle Leistungen von der Invalidenversicherung, der Arbeitslosenversicherung oder der Sozialhilfe zu erhalten, sind erwerbslose Personen verpflichtet, eine klar festgelegte Gegenleistung zu erbringen. Im Falle der Sozialversicherungen sei dies gesetzlich vorgeschrieben, im Falle der Sozialhilfe sei dies in den Skos-Richtlinien festgehalten worden. Ergänzen müsste man hier, dass auch die Sozialhilfe gesetzlich geregelt ist und aktivierungspolitische Forderungen auch in diese Gesetzen eingeflossen sind. Allerdings sind es hier die Kantone, welche die Sozialhilfegesetze erlassen. Auf die genauen Gründe, weshalb in den 1990er Jahren die aktivierende Sozialpolitik an Bedeutung gewonnen hat, geht Wyer nicht näher ein.

Die Umstrukturierungen in der Arbeitslosenversicherung und in der Sozialhilfe begannen damit, dass Bund und Kantone ein umfangreiches Angebot an Unterstützungsmassnahmen für erwerbslose Personen entwickelten. Sei dies in Form von Beratungen, Fördermassnahmen und Kursen, Programmen zur vorübergehenden Beschäftigung, Massnahmen im ersten Arbeitsmarkt, oder in Form von spezifischen Massnahmen für bestimmte Gruppierungen - insbesondere jugendliche Erwerbslose. In der Arbeitslosenversicherung waren damit finanzielle Leistungskürzungen sowie die Verschärfung von Bezugsbedingungen verbunden. Diese Verschärfungen sollen laut Wyer verhindern, dass die sozialen Sicherungssysteme missbraucht werden und die Erwerbslosen motivieren, ihre Situation aktiv zu verändern. Leistungsempfänger dürfen nicht mehr länger "einfach so" Leistungen beanspruchen, sondern müssen eine Gegenleistung erbringen. Der sozialstaatliche Gedanke des gesellschaftlichen Statuserhalts wurde durch die Verpflichtung zur Arbeit ersetzt, fasst Wyer zusammen. All diese Entwicklungen kennzeichnen nach Wyer eine "aktivierungspolitische Wende" in der schweizerischen Sozialpolitik.

Die Durchsetzung und Etablierung dieses "aktivierungspolitschen Paradigmas" in der Schweiz sei gerade deshalb so erfolgreich, weil es sich sowohl in der Arbeitslosenversicherung, in der Invalidenversicherung wie auch in der Sozialhilfe etabliert habe, stellt Wyer fest.

Am Beispiel der Revision der Arbeitslosenversicherung weist Wyer anhand von Zitaten aus bundesrätlichen Botschaften nach, dass Erwerbslose latent abgewertet werden. Eine Verkürzung der Bezugsdauer begründet der Bundesrat beispielsweise damit, dass der Druck auf die Stellensuchenden, die Arbeitssuche zu intensivieren, verstärkt werden müsse. Dies zwinge sie dazu "früher an einer arbeitsmarktlichen Massnahme teilzunehmen" (BBI, 2001). Oder an anderer Stelle stellt der Bundesrat fest, dass das Gesetz vor der Revision, Personen ermöglicht habe "zu lange ausserhalb der Erwerbsarbeit" zu verweilen (BBI, 2008).

"(…) ja genau oder, es heisst nicht arbeitslos gleich dumm oder ohne Niveau oder psychisch krank, äh mit dem habe ich ein bisschen Mühe gehabt auch am Anfang hier drin (...) "

Frau C, S. 191

Aktivierungspolitische Standardisierung

Eine Folge der Aktivierungspolitik ist laut Wyer, dass die Sozialversicherungen und die Sozialhilfe hohe Ansprüche an die erwerbslose Personen stellen. So wird die Eigenverantwortung jedes Einzelnen hoch bewertet. Für Wyer ist der Begriff der "Eigenverantwortung" ein Leitbegriff der Aktivierungspolitik. An diesem Begriff lasse sich zeigen, dass in der Wahrnehmung von Arbeitslosen und in den Anforderungen, die an sie gestellt würden, eine Standardisierung stattgefunden habe. Die Arbeitnehmenden würden auf das "neoliberale Ideal der kontinuierlichen Selbstoptimierung" verpflichtet, so Wyer. Dabei werde ausgeblendet, dass die tatsächliche Leistungsfähigkeit besonders von Langzeiterwerbslosen durch die „Erfahrung der langen Arbeitslosigkeit, Ressourcenschwäche und biographisch bedingte Probleme“ eingeschränkt sei. 

Gerade langzeitarbeitslose Personen können den hohen normativen Anforderungen nicht entsprechen und müssen a priori an ihnen scheitern, so Wyer. Beim Begriff der "Ressourcenschwäche" bezieht sich Wyer auf die Schichtzugehörigkeit und die geringen beruflichen Qualifikationen der befragten Langzeiterwerbslosen. Dabei führt sie den Begriff jedoch nicht weiter aus. So bleibt er gerade für Laien, die mit dem wissenschaftlichen Diskurs nicht vertraut sind, wenig anschaulich.

Im Kontext von Arbeitslosigkeit bedeute Eigenverantwortung, sich verantwortlich für die eigene Arbeitslosigkeit und für deren Bewältigung zu zeigen.

Die Situation von Arbeitslosen, insbesondere Langzeitarbeitslosen sei jedoch durch existenzielle Abhängigkeiten der Klienten und Klientinnen gekennzeichnet: "Die erwerbslosen Personen sind von den finanziellen Unterstützungsleistungen abhängig, die an die verordnete Teilnahme an Massnahmen gebunden werden können, und ebenso von der Aufnahmebereitschaft des Arbeitsmarktes"(S. 220). Diese Abhängigkeit werde im aktivierungspolitischen Diskurs jedoch ignoriert. 

Ebenso würden strukturell fehlende Möglichkeiten eigenverantwortlichen Handelns negiert. "Eigenverantwortung" müsse deshalb eher gelesen werden als "Anpassungsleistung an die aktivierenden Anforderungen“, so Wyer. Der Begriff "Eigenverantwortung" klinge zwar emanzipatorisch, bedeute in Wirklichkeit aber nichts anderes als die Aufkündigung gesellschaftlicher Solidarität. 

Die Strategien der Klienten und Klientinnen

Die empirische Untersuchung stützt sich auf Daten, die im Rahmen eines Forschungsprojektes des Schweizerischen Nationalfonds (Schallberger/Wyer, 2010) erhoben wurden. Wyer hat 21 Gesprächsprotokolle mit Langzeiterwerbslosen Personen und mit Hilfe der Methode der "objektiven Hermeneutik" ausgewertet. Alle Befragten nahmen zum Zeitpunkt der Befragung an einem Beschäftigungsprogramm teil.

Die erwerbslosen Personen lassen sich in drei Gruppen einteilen: Personen, die ausgesteuert sind und Sozialhilfe beziehen, Personen, die noch Leistungen der Arbeitslosenversicherung beziehen und Personen, die Leistungen der Invalidenversicherung beziehen. Als Langzeitarbeitslos gilt laut Wyer in der Schweiz, wer länger als ein Jahr arbeitslos ist.

Die im Rahmen der Untersuchung befragten erwerbslosen Personen zeichnen sich mehrheitlich dadurch aus, dass sie nicht oder niedrig qualifiziert sind und ihre berufliche Flexibilität begrenzt ist. Interessant ist, dass die Langzeitarbeitslose vor allem zwei Handlungsstrategien anwenden, um mit der Arbeitslosigkeit umzugehen: "Motivierte Anpassung an die aktivierungspolitischen Normen zum einen, vehementer Widerstand gegen eine entmündigende Praxis andererseits". Die Ausübung von Zwang führe häufig dazu, dass bei den Klienten und Klientinnen Verhaltensweisen provoziert oder unterstützt werden, welche einem hilfreichen Aufenthalt in den Programmen entgegenstehen, stellt Wyer fest.

Dabei dienen widerständige und konfrontative Verhaltensweisen der Klienten und Klientinnen häufig dazu, ein Stück Individualität und Eigenständigkeit zu bewahren. Klienten und Klientinnen benutzten aufgrund fehlender anderer Handlungsmöglichkeiten oft die "Waffen der Schwachen". Indem sie die ihnen häufig zum Vorwurf gemachten Verhaltensweisen des "Simulantentums", des "Absentismus", der "unzuverlässigen und schäbigen Arbeitsweise" an den Tag legten, wehrten sie sich gegen diesen Zwang. Insgesamt kommt Wyer zum Schluss, dass langzeitarbeitslose Personen kaum sinnvolle Strategien aufbauen können, wenn es an einer umfassenden, differenzierten und sensiblen Bezugnahme auf die vielfältigen individuellen Belastungen fehlt. Dies treffe vor allem auf langzeitarbeitslose Personen mit schwachen Ressourcen zu. Etwas anders sieht es bei ressourcenstarken Klienten und Klientinnen aus, diese können die vielfältigen Massnahmen besser nutzen, um die Arbeitslosigkeit zu bewältigen.

"(…) man hat das Gefühl, man ist sich alleine überlassen, man kann natürlich selber Stellen suchen (...), aber jetzt merkst du wirklich, wie der Kanton dir auch nicht hilft, oder der Staat, das ist manchmal schlimm oder?"

Herr Kälin, Zitat S. 115

Wie beeinflusst die Aktivierungspolitik das professionelle Handeln?

Auf den zuweisenden Stellen müssen die Fachleute oft direkt entscheiden, wie sie finanzielle Sanktionen oder Belohnungen einsetzen möchten. Damit verfügen sie über sehr viel Macht gegenüber den Klienten und Klientinnen. Das war zwar schon vor der "aktivierungspolitischen Wende" so, doch mit der Aktivierungspolitik sind materielle und immaterielle Hilfen stärker miteinander verflochten und somit ist auch die Macht der Fachleute gestiegen. Laut Wyer ist unter solchen Voraussetzungen eine hohe professionelle Autonomie und Reflexion erforderlich, um eine klientenzentrierte Unterstützung möglich zu machen. Erschwerend wirke, dass die professionsethischen Vorgaben durch staatliche Wertvorstellungen ergänzt würden. Sie machten eine autonome Orientierung an den professionellen Standards schwierig. Weil in der Aktivierungspolitik die Reintegration in den ersten Arbeitsmarkt im Vordergrund stehe, sei es umso schwieriger, davon abweichende Zielsetzungen in einem Arbeitsbündnis mit Klienten und Klientinnen auszuhandeln. Oder das Ziel zunächst offenzulassen, und in der Beratung „einfach so“ über mögliche Alternativen nachzudenken. 

Kritik und Fazit für die Soziale Arbeit

Das Buch zeigt auf, dass die aktivierungspolitische Sozialpolitik einen öffentlichen Diskurs fördert, der erwerbslose Personen tendenziell abwertend beurteilt. In diesem Diskurs dominiert das Bild eines arbeitslosen Menschens, der sich nur etwas mehr anzustrengen müsste, um wieder eine Arbeit zu finden. Dies wird der tatsächlichen und individuell sehr unterschiedlichen Situation von Langzeitarbeitslosen nicht gerecht. Hingegen haben Bund und Kantone die Arbeitgeber und die Wirtschaft bisher nie ernsthaft in die Pflicht genommen, um die Kosten in den Sozialwerken zu verringern. Die Massnahmen richteten sich bisher immer einseitig an die Arbeitnehmenden.

Weiter zeigt Wyer mit ihrem Buch auf, dass die bisher üblichen Arbeitsintegrationsmassnahmen bei Langzeiterwerbslosen ihr Ziel nicht erreichen, weil sie nicht auf die individuelle Situation der betroffenen Menschen ausgerichtet sind. Im Gegenteil fördern sie bei den Klienten und Klientinnen oft Verhaltensweisen, die dem Ziel der Integration nicht sehr förderlich sind. Hier stellt sich die Frage, ob die Gesellschaft das Geld für diese aufwändigen Massnahmen nicht besser für individuellere und vielleicht unkonventionelle Massnahmen einsetzen würde. Und: Ist es sinnvoll, Menschen um jeden Preis in einen Arbeitsmarkt integrieren zu wollen, der nicht bereit ist, sie aufzunehmen?

Die aktivierende Sozialpolitik wirkt sich auch direkt auf die Beratungspraxis in den verschiedenen sozialen Institutionen aus. So scheint das Ziel der Arbeitsintegration absolut unantastbar zu sein. Davon abzuweichen ist nur erlaubt, wenn jemand aus medizinischen Gründen nicht mehr am Arbeitsleben teilnehmen kann. Es bedeutet damit faktisch eine Art Denkverbot, weil alternative Wege und Lösungsansätze in der Beratung kaum möglich erscheinen. Sozialarbeitende, die unter einer hohen Fallbelastung leiden, sind hier sicher besonders gefordert, trotz allem den Klienten und Klientinnen gerecht zu werden. Diesen Aspekt behandelt Wyer in ihrem Buch jedoch nur am Rande.

Eine Schwäche des Buches ist die komplizierte und schwer verdauliche Sprache. Die Dissertation richtet sich zwar in erster Linie an ein akademisches Publikum. Aber die Wissenschaft sollte daran interessiert sein, ihre Erkenntnisse auch einem breiteren (Fach-)Publikum näher zu bringen. 

Die Volkswirtschaft

Welche Gruppen von Arbeitslosen riskieren, längerfristig von Sozialleistungen abhängig zu werden?

Beziehen erstmals oder erneut ­arbeitslos gewordene Personen länger und öfter Sozialleistungen? Um welche Sozialleistungen handelt es sich, und wie lange dauern die Bezugsperioden? ­Anhand eines neuen Datensatzes mit Angaben aus der Arbeits­losenversicherung, der Invalidenversicherung und der Sozialhilfe sind erstmals die Leistungs­bezüge von neuen Beziehenden von Arbeitslosenentschädigung ­während einer Periode von sechs Jahren untersucht und anhand von Risikoprofilen charakterisiert worden.  Artikel als PDF

Der Bund

«Die heutige Lösung treibt Arbeitslose in die Altersarmut»

Ergänzungsleistungen statt Sozialhilfe für Arbeitslose über 55 Jahren. Das fordert die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe. Warum, erklärt ihr Co-Präsident. Arbeitslose über 55 Jahren haben mehr Mühe, wieder eine Stelle zu finden als Jüngere.Mehr zum Thema: Netz für ältere Arbeitslose kostet 25 Millionen (BZ)Ergänzungsleistungen statt Sozialhilfe für ältere Arbeitslose (NZZ)Skos will der Altersarmut vorbeugen (SRF)

SKOS

Ergänzungsleistungen statt Sozialhilfe für ältere Arbeitslose

Ältere Arbeitslose sollen über die Rahmenfrist der Arbeitslosenversicherung hinaus durch die Regionale Arbeitsvermittlung betreut werden und dabei Ergänzungsleistungen statt Sozialhilfe erhalten. Dies fordert die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS). Dass diese Lösung für ältere Arbeitslose, die zuvor viele Jahre lang gearbeitet haben, rechtlich rasch umsetzbar und finanziell tragbar ist, zeigen zwei im Auftrag der SKOS erstellte Gutachten.

HSLU Soziale Arbeit

Arbeitsintegration im Spannungsfeld widersprüchlicher Zielsetzungen

Luzerner Tagung zur Arbeitsintegration, 23. November 2011

Seit den 1990er-Jahren schreitet der Wandel des Arbeitsmarktes aufgrund wirtschaftlicher, technologischer und globaler Entwicklungen voran. Bei jedem wirtschaftlichen Aufschwung bleibt die Arbeitslosigkeit auf einem höheren Niveau bestehen als vor der Rezession. Zunehmende Zahlen von (Langzeit-)Erwerbslosigkeit und Invalidität stellen die sozialen Sicherungssysteme vor grosse Herausforderungen: Es gilt, die Bezügerinnen und Bezüger möglichst rasch und gleichzeitig nachhaltig in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren. Dies ist aber nicht bei allen betroffenen Personen möglich, zumindest nicht kurzfristig – unter anderem, weil passende Arbeitsstellen fehlen. 

Der standardisierte Arbeitslose

Langzeitarbeitslose Klienten in der aktivierenden Sozialpolitik

In der aktivierenden Sozialpolitik müssen erwerbslose Personen immer höhere Anforderungen bewältigen, um sich in der Zeit der Arbeitslosigkeit zu bewähren. In einer vermeintlich zweckdienlichen Standardisierung wird erwartet, dass die erwerbslosen Personen ihr Handeln an bestimmten Normen ausrichten: diese sind vor allen Dingen eine ausgeprägte Leistungsorientierung, Eigenverantwortung, Funktionstüchtigkeit und Selbststeuerungskompetenz. Einer solchen Standardisierung der Anforderungen liegt die technokratische Vorstellung zugrunde, dass alle oder die meisten erwerbslosen Personen diesen Standard erfüllen können. Dies trägt der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit der Klienten nicht Rechnung. Unberücksichtigt bleiben auch Belastungen durch lange Arbeitslosigkeit, Ressourcenschwächen und biografisch bedingte Probleme. Der politische Ausschluss dieser Faktoren, die die Handlungsmöglichkeiten langzeiterwerbsloser Personen entscheidend beeinflussen, erzeugt ein Legimitationsdefizit in der aktivierenden Praxis.Rezension: Arbeit als Allheilmittel (Urs Hafner, NZZ)

Praxis der Aktivierung

Eine Untersuchung von Programmen zur vorübergehenden Beschäftigung

Am Beispiel von "Programmen zur vorübergehenden Beschäftigung" in der Schweiz zeigt die Studie, dass bei der Umsetzung der politischen Doktrin des "Förderns und Forderns" in der professionellen Praxis erhebliche Ausgestaltungsspielräume bestehen.


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