Urteil 6B_933/2018 vom 3. Oktober 2019
Gegenstand: Sexuelle Nötigung, Strafzumessung; Anordnung einer vollzugsbegleitenden Massnahme
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Gegenstand: Sexuelle Nötigung, Strafzumessung; Anordnung einer vollzugsbegleitenden Massnahme
Biographische Erkundungen einer sozialmoralischen Gefühlsregung
Gefängnisse sind Institutionen, denen ungewöhnlich restriktive Handlungs- und Lebensbedingungen zu eigen sind: Neben der Bewältigung diverser (im-)materieller Entbehrungen sind Inhaftierte mit der Aufgabe konfrontiert, sich in hierarchische Macht- und Kommunikationsbeziehungen einzufügen. Unter solchen Bedingungen stellt sich für Gefangene alltäglich die Frage, ob die erfahrene Behandlung als legitim oder ungerecht einzuordnen ist.
Das Kantonsgericht St. Gallen muss gegenüber einem Mann die Verwahrung anordnen, der mehrfach wegen sexueller Handlungen mit Kindern oder dem Versuch dazu verurteilt wurde. Die Verwahrung des Betroffenen, der sich derzeit in einer stationären Massnahme befindet, ist aufgrund seiner fehlenden Therapierbarkeit, des hohen Rückfallrisikos, der Gefährdung der ungestörten sexuellen Entwicklung von Kindern und der Schwere der zu erwartenden Delikte verhältnismässig. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gut.
In einem neuen Bericht der WHO werden verbesserte Gesundheitskontrollen und Surveillance-Systeme in Haftanstalten in der Europäischen Region gefordert. Konkret wird dringend darauf hingewiesen, dass die Insassen von Haftanstalten weiterhin unverhältnismäßig häufig von undiagnostizierten und unbehandelten Erkrankungen betroffen sind und damit nach ihrer Entlassung zu einer zusätzlichen gesundheitlichen Belastung für die Außenwelt werden.
Neue statistische Informationen
Es wurde viel über den «Fall Carlos» geschrieben. Die Rolle der Medien und der Strafvollzugsbehörden, die zur verfahrenen Situation des jungen Mannes mindestens ebenso viel beigetragen haben wie Brian K. selbst, wurde ausführlich verhandelt. Eine Frage wurde bisher jedoch ausgeblendet: jene des institutionellen Rassismus.
Jedes Jahr werden rund 20 Kinder in Schweizer Gefängnisse gesteckt, um zu verhindern, dass sie vor der Ausschaffung untertauchen.
Eine «kleine Verwahrung» und andere therapeutische Massnahmen können auch verhängt werden, wenn keine schwere psychische Störung «im engeren Sinn» vorliegt. Das sagt das Bundesgericht. Strafverteidiger sprechen von einer fatalen Niederlage: Sie befürchten eine Flut von Massnahmen.
Für Gefangene ist es schwierig, sich ohne anwaltschaftliche Vertretung wirksam zur Wehr zu setzen. Zu diesem Schluss kommt die «Prison Research Group» in ihrer Evaluation zur «Beratungsstelle für Menschen im Freiheitsentzug». Das Evaluationsteam empfiehlt, das Projekt auszubauen und das Profil zu schärfen.
Die Kesb darf gefährliche Täter zum Schutz vor Dritten nicht einfach fürsorgerisch unterbringen, wenn keine Verwahrung möglich ist: Das hat das Bundesgericht vergangene Woche entschieden – und den Ball an das Parlament weitergespielt.
Neues Justizvollzugsgesetz
Der Basler Grosse Rat stimmt der Totalrevision des Justizvollzugsgesetzes im zweiten Anlauf zu.
Mehr als sechs Jahre nach der Ermordung der Sozialtherapeutin Adeline ist die politische Aufarbeitung immer noch nicht abgeschlossen. Die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates äusserte sich am Montag besorgt, dass sich der «Fall Adeline» wiederholen könnte.
Handbuch der Täterarbeit
Das Buch gibt einen Überblick über den aktuellen Forschungs- und Erfahrungsstand im Bereich der Täterarbeit mit männlichen Tätern häuslicher Gewalt. Erfahrene Fachkräfte der praktischen Täterarbeit und aus der Forschung beschreiben das Phänomen sowie Hintergründe und Zusammenhänge. Das Interventionssystem sowie die Voraussetzungen gelingender Täterarbeit werden erläutert und der Kenntnisstand zur Wirksamkeit ausgeführt. Der Fokus liegt sodann auf der praktischen Täterarbeit.
Die verschiedenen Arten von stationären Massnahmen und Verwahrungen sind immer wieder Zankapfel unter Strafrechtlern.
Wenn sich Brian K. alias Carlos nicht behandeln lässt, droht ihm ein Leben hinter Gittern. Was passiert, wenn man sich dem Psychiater verweigert, zeigt die Geschichte von Maik B. Er sitzt deshalb in der Verwahrung. Der Räuber, Erpresser und Waffennarr erzählt, warum er lieber eingesperrt bleibt als mit den Behörden zu kooperieren.
Das Bundesgericht hat die Prüfung einer bedingten Entlassung aus der Verwahrung zum zweiten Mal ans Zürcher Verwaltungsgericht zurückgewiesen. Um weitere Leerläufe zu vermeiden, wies es das Verwaltungsgericht an, das bestehende psychiatrische Gutachten ergänzen zu lassen. (Urteil 6B_1030/2019)
Das Bezirksgericht Dielsdorf hat gegen Brian alias Carlos ein salomonisches Urteil gefällt. Doch dieser zeigt kaum Einsicht.
Ein Mann schlägt seine Frau, oder eine Frau droht ihrem Ex-Freund: Häusliche Gewalt ist alltäglich, immer wieder kommt es sogar zu Tötungsdelikten. – Wie kann man Opfer besser schützen? Rahel Ott hat sich am Kriminologischen Institut der Universität Zürich mit dieser Frage auseinandergesetzt.
Am nächsten Dienstag wird das Urteil gegen Brian K. alias «Carlos» ausgesprochen. Dem 24-Jährigen droht eine Verwahrung. Die Luzerner Oberrichterin Marianne Heer sieht das skeptisch. Sie sah das Sondersetting von Brian K. als gutes Beispiel für eine erfolgsversprechende Therapie.
Das Bezirksgericht Zürich hat eines der sehr seltenen Urteile wegen eines sehr weit verbreiteten Delikts gefällt. Ein 50-jähriger Italiener erhält unter anderem wegen gewerbsmässigen Diebstahls 7 Jahre Landesverweis. Urteile DG190110 und DG190111 vom 24. 10. 2019