Peter Sommerfeld et al. (Hrsg.): Klinische Soziale Arbeit und Psychiatrie.
Entwicklungslinien einer handlungstheoretischen Wissensbasis
Eine Rezension des Buches findet sich auf socialnet
Die Psychiatrie als Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit hat eine lange Geschichte und ist so interessant wie kontrovers. Einerseits hat die Soziale Arbeit von ihrem Berufsverständnis her der Psychiatrie sehr viel zu bieten, weil psychische Erkrankungen oder Krisen immer auch soziale Auswirkungen haben. Andererseits besteht die Gefahr, dass sie im Klinikalltag zur Hilfsprofession degradiert wird, die von ärztlicher Anordnung abhängig ist.
Es gibt jedoch seit jeher Ansätze, welche das Verständnis von psychischer Krankheit verändern und damit auch zu einer Auflockerung der starken Hierarchien in Kliniken beitragen. Dazu gehört der Einsatz von Peers, der sich aus dem in den USA entstandenen Recovery-Konzept ableitet. Im folgenden stellen wir Ihnen neuere Medienbeiträge und Fachliteratur zu diesen Themen vor.
Kann die Soziale Arbeit in der Psychiatrie einen eigenen professionellen Beitrag leisten oder ist sie eine Hilfsprofession der Medizin? Wo gibt es allenfalls Ansätze für eine Weiterentwicklung in diesem Arbeitsfeld? Ein Buch, das von Forschenden der Fachhochschule Nordwestschweiz im 2016 publiziert wurde, thematisiert das Dilemma der Sozialen Arbeit in der Psychiatrie und schlägt mögliche Ansätze für eine professionelle Neuausrichtung in diesem Arbeitsfeld vor.
Der neu geschaffene Beruf des Genesungsbegleiters trägt dazu bei, dass in der Psychiatrie die Betroffenenperspektive vermehrt wahrgenommen, und Patienten und Patientinnen zu ihrer Selbstbestimmung ermutigt werden. Zudem wird das Pflegepersonal sensibilisiert und Hierarchien in der Klinik aufgelockert. In einem Artikel des Schweizerischen Beobachters findet sich ein interessanter Erfahrungsbericht.
Pro Mente Sana engagiert sich seit 2007 in der Ausbildung von Peers in der Psychiatrie und bietet seit 2010 Weiterbildungen an verschiedenen Standorten an. Auf der Seite von Pro Mente Sana findet man zudem weitere interessante Links zum Thema, Literaturhinweise sowie ein Positionspapier.
Die folgenden Fachbücher gehen auf die Implementierung von Peers ein und weisen auf das Veränderungspotential dieses Ansatzes für die gesamte Psychiatrie hin.
Leitfaden für die Beschäftigung von Experten aus Erfahrung
Das Einstellen von psychiatrieerfahrenen Mitarbeitern und die Nutzung ihres individuellen Erfahrungswissens für den Genesungsprozess von psychiatrische Erkrankten haben den Trialog von Betroffenen, Angehörigen und professionell Tätigen um den Faktor »Peer Support« erweitert. Die institutionelle Verankerung von EX-IN Genesungsbegleitern (vom Engl. »Experience Involvement«), ihre Einstellung in psychiatrischen Einrichtungen und die erfolgreiche und gewinnbringende Einbindung der Peers in die professionellen Teams ist trotz vieler Pilotprojekte immer noch kein Routineprozess.
Peerarbeit in der Psychiatrie
Peer-Begleiter sind Personen, die selbst schon psychische Erkrankungen erfahren haben und nun im klinischen Kontext Neu- oder Wiedererkrankte auf ihrem Weg durch das Hilfeprogramm und mit all ihren Nöten begleiten. Sie haben keine explizite therapeutische Funktion, wohl aber eine psychosoziale. Klar ist, der Einsatz von Peers verändert die psychiatrische Versorgung.Für Patienten werden Peer-Begleiter zu Identifikationspersonen mit einem Blick für Stärken, für die Betreuungsteams sind sie ein Beispiel im Umgang mit Rückschlägen und Resignation. Während sie anderen Betroffenen Selbstbestimmung und Eigeniniative vorleben, finden sie in der Aus- und Weiterbildungen für Recovery-orientierte Teams immer öfter ihren Platz als Lehrende und Mitarbeitende.