Eingliederung? Lieber nicht
Invalidenversicherung
Die IV bezeichnet sich als «Eingliederungsversicherung». Doch nicht alle gehandicapten Menschen, die Eingliederungsmassnahmen nötig hätten, spüren davon etwas.
Immer mehr Menschen fallen aufgrund einer psychischen Erkrankung aus dem Erwerbsleben oder können sich von vornherein gar nicht erst integrieren. Haben unsere Sozialwerke die richtigen Rezepte zur Hand, um darauf zu reagieren?
Im Februar 2014 sorgte die Meldung, dass die IV Stelle Luzern bei psychisch erkrankten Antragstellern Hirnscans anwende, für Aufregung. Die Hirnscans wurden bei jenen Antragsstellern angewendet, deren Beschwerdebilder nach dem heutigen Stand der Medizin nicht objektivierbar sind und deren Diagnosen einzig auf subjektiven Aussagen der Patienten beruhen. Ein Artikel in der WOZ wies darauf hin, dass diese Tests in ihrer Aussagekraft wissenschaftlich nicht fundiert seien und für die Betroffenen eine weitere Kränkung im ganzen Abklärungsprozess bedeuteten. Klare Worte wählte die Menschenrechtsorganisation Humanrights. Die Organisation kommt in einem Artikel zum Thema "Ausschluss der Schmerzpatienten/-innen aus der Invalidenversicherung" zum Schluss, dass die IV beim kategorischen Ausschluss von Schmerzpatienten/-innen gegen das Diskriminierungsverbot verstosse. Sie kritisiert auch die Bundesgerichtsentscheide ab 2004, welche alle Schmerzleiden ohne nachgewiesene körperliche Ursache als "durch den Willen überwindbar" einstufen und deshalb keinen Grund für einen Rentenanspruch sehen. Pointiert kommentierte die Bloggerin Marie Baumann auf ihrem iv info Blog: "Die Hauptfrage, die die Schweiz im Bezug auf Menschen mit psychischen Erkrankungen seit 10 Jahren bewegt, ist ja vor allem: Wie verwehren wir denen bestmöglichst den Zugang zur IV-Rente bzw. wie kriegen wir die aus der IV wieder raus? Der medial/politisch/juristische Lösungsweg dazu lautet: Wir erklären die einfach für gesund! Problem gelöst. (Oder auch nicht…)."
Weist diese Praxis der IV auf eine gewisse Hilflosigkeit im Umgang mit einem gesellschaftlichen Phänomen hin? Immer mehr Menschen fallen aus dem Arbeitsleben hinaus, weil sie psychisch erkranken. Laut der im Januar 2014 veröffentlichten OECD Studie haben sich die IV-Berentungen aufgrund von reaktiven psychischen Störungen (also nicht biologisch bedingten psychischen Erkrankungen) zwischen 1995 und 2012 verdreifacht. Vergleicht man die Zahlen mit jenen aus den 1980er Jahren, so hat sich diese Zahl sogar verzehnfacht. Und dies, obschon die Zahl der IV-Berentungen insgesamt seit einigen Jahren rückläufig ist.
Die OECD empfiehlt den Schweizer Behörden, mehr zu tun, um Menschen mit einer psychischen Erkrankung im Arbeitsprozess zu halten oder sie überhaupt erst ins Arbeitsleben zu integrieren. Der Zugang zu Gesundheitsdiensten sei in der Schweiz sehr gut und die Zahl der Psychiaterinnen und Psychiater weit höher als in jedem anderen OECD-Land. Die Bemühungen, Betroffenen bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz zu unterstützen, seien hingegen nicht sehr verbreitet. Es fehle eine Verbindung zwischen den Gesundheits- und Arbeitsvermittlungsdiensten oder zwischen dem Arbeitsplatz und der Ärzteschaft. Andere Länder würden hier schon erste Erfolge erzielen.
Arbeitgeber sollten bei psychischen Problemen ihrer Mitarbeiter mehr Verantwortung übernehmen und stärker mit den Krankenassen zusammen arbeiten und früh Kontakt mit der Invalidenversicherung aufnehmen. Auch die Arbeitsämter könnten laut OECD mehr tun. Sie sollten psychische Probleme bei ArbeitnehmerInnen möglichst früh erkennen und in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitssektor angehen. Auch bei der Unterstützung von Jugendlichen mit psychischen Störungen stellt die OECD grosse Lücken in der Versorgung fest. Diese erhielten bei einem Abbruch der Sekundarstufe II oder der Berufsausbildung keine Unterstützung. Die Beschäftigungsperspektiven von Jugendlichen hätten sich in den vergangenen zehn Jahren verschlechtert und die IV-Anmeldungen von Jugendlichen mit psychischen Erkrankungen nähmen zu.
Die OECD empfiehlt den Schweizerischen Behörden:
- Krankheitsbedingten Arbeitsausfällen sollte stärker vorgebeugt werden bzw. die Fehltage sollten durch umfassende Betreuung minimiert werden.
- die Arbeitsvermittlungen und Sozialdienste sollten im Umgang mit häufigen psychischen Problemen geschult werden.
- Die Invalidenversicherung sollte näher an die Arbeitswelt gebracht werden und dabei sollte ein besonderes Augenmerk auf die Rolle der Arbeitgeber und arbeitsplatzorientierte Frühinterventionen gerichtet werden.
- Die psychiatrische Versorgung sollte stärker darauf ausgerichtet werden, dass Menschen wieder in den Arbeitsmarkt zurückkommen, unter anderem durch Umschichtung von Ressourcen in der Ärzte-Ausbildung.
- Es sollte sichergestellt werden, dass Schülerinnen und Schüler mit psychischen Problemen nicht verfrüht aus dem Bildungssystem ausscheiden (OECD Medienmitteilung).
Der OECD-Bericht weist auf ein brisantes Thema hin. Bei jungen Erwachsenen seien die Unterstützungsmassnahmen der verschiedenen Sozialwerke ungenügend. Es werde oft zu früh eine IV-Rente ausgesprochen und die Bemühungen, die Jugendlichen in die Arbeitswelt zu integrieren seien ungenügend. Mit relativ hoch angesetzten IV-Renten würden bei Jugendlichen falsche Anreize gesetzt, um sie ins Arbeitsleben zu integrieren, kritisieren die Autoren. Sie empfehlen, die Höhe der IV-Renten gerade bei den jüngeren an das Alter anzupassen. Zu einem ähnlichen Fazit kommt auch eine 2012 veröffentlichte Masterarbeit von Prof. Dr. med. Oskar Bänziger und Barbara Gölz (Institut für Betriebswirtschaftslehre der Universität Zürich). Sie schlagen unter anderem ein stufenloses IV-Rentensystem vor und eine Synchronisation der IV mit Sozialhilfe und Arbeitslosenversicherung. Es müssten mehr positive Anreize für Arbeitgeber geschaffen werden, damit mehr Arbeitsplätze für junge Erwachsene mit krankheitsbedingten Leistungseinschränkung zur Verfügung gestellt werden könnten. Aber auch Ärzte/Therapeuten und Ausbildungsinstitutionen sollten für die weit reichenden Folgen ihrer Diagnose-Entscheide und Ausbildungskonzepte sensibilisiert werden, schreiben Bänziger und Gölz. "Mediziner wie Ausbildner sollten von der allzu raschen Pathologisierung abkommen und die Behandlung / Ausbildung der Jugendlichen nicht um deren „Defizite“ herum bauen und sie aus jedem „normalen Umfeld“ herausnehmen, sondern ihnen die alltagsnotwendigen Strukturen und Leitplanken vermitteln, anhand derer sie ihre teils noch nicht entwickelten oder verschütteten Ressourcen aufbauen oder reaktivieren können." (S. 76, Bänziger/Gölz 2012).
Die Arbeitgeber sollten stärker in die Verantwortung genommen werden. Zu diesem Schluss kommt auch eine von der ZHAW und dem Büro Bass herausgegebene Studie mit dem Titel "Arbeit und Krankheit - Eine Untersuchung zur Rolle des Rechts und des sozialen Umfelds" (Kurt Pärli et al. 2013). Diese Studie hat in einer Langzeituntersuchung unter anderem festgestellt, dass (psychisch und körperlich) erkrankte Mitarbeitende in Unternehmen mit einem institutionalisierten Gesundheitsmanagement häufiger ihre Stelle behalten können und länger im Arbeitsprozess bleiben als Mitarbeitende in einem Betrieb ohne Gesundheitsmanagement. Sie fordern, dass Arbeitgebende die Unterstützung bei der Eingliederung nicht vollständig der IV überlassen dürften, da sie eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmenden hätten. Die Autoren empfehlen zudem die Einführung einer obligatorischen Krankentaggeldversicherung – ähnlich, wie dies bereits bei der Unfallversicherung der Fall ist. So könnte man die Unsicherheiten bis zur Ausrichtung einer IV-Rente und die Ungleichheiten je nach Art des Arbeitsverhältnisses ausräumen. Eine interessante Aussage formulieren sie zum geltenden Grundsatz Eingliederung vor Rente: "Apodiktischen Aussagen wie „eine Beschäftigung ist in jedem Fall einer Nichtbeschäftigung vorzuziehen“, die in diesem Sinne im Zusammenhang mit der fünften IV-Revision in den Raum gestellt wurden, haftet etwas ideologisches, ja totalitäres inne. Hier gilt es Augenmass zu bewahren. Nicht in jedem Fall ist eine gegen den Willen und entgegen den tatsächlichen Voraussetzungen einer Person durchgepaukte Eingliederungsmassnahme sinnvoll, nicht zuletzt kosten solche Massnahmen die Öffentlichkeit weit mehr, als die Ausrichtung einer Taggeld- oder Rentenleistung." (Pärli et al., S. 262)
Eine ebenfalls im Jahr 2013 veröffentlichte Studie im Auftrag des Bundesamts für Sozialversicherungen hat untersucht, welche Sozialleistungen IV-Rentenbeziehende vor dem Rentenentscheid in Anspruch genommen haben, und wie lange. Die Verfasser wollen damit Grundlagen für eine wirksame Frühintervention liefern. Oft kommt es nämlich schon vor der Anmeldung bei der IV zu "Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit, zu schleichender beruflicher Desintegration und in der Folge zur Abhängigkeit von Sozialleistungen". Rund 46 Prozent aller Neurentenbeziehenden nahmen vor der Rente Leistungen der Arbeitslosenversicherung und/oder der Sozialhilfe in Anspruch. Rund ein Drittel aller IV-Neurentenbeziehenden hat in den vorhergehenden fünf Jahren Sozialhilfe bezogen und wurde im Durchschnitt während zweieinhalb Jahren unterstützt. Noch länger wurden Personen unterstützt, die vor dem Sozialhilfebezug kein Anrecht auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung hatten: sie wurden im Durchschnitt dreieinhalb Jahre unterstützt. Weiter zeigt die Studie auf, dass insbesondere Personen mit psychischen Gebrechen eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit aufweisen, vor der Rente Leistungen von Arbeitslosenversicherung oder Sozialhilfe zu beziehen. Jede siebte IV-Neurentenbeziehende, die vor Rentenbeginn erwerbstätig war, musste ergänzend Sozialhilfe beziehen. Mit 13 Prozent war der Anteil der Working Poor wesentlich höher als in der Gesamtbevölkerung (je nach Definition: 3,5 – 7, 5 Prozent, Fluder et al.). Die festgestellte Anzahl der Fälle und die langen Unterstützungszeiträume werfen auch bei der SKOS Fragen auf. Sie möchte mehr Erklärungen für die lange Unterstützungsdauer haben und mehr zum Verlauf des Gesundheitszustands während der Sozialhilfe erfahren (SKOS Medienmitteilung).
Eine weitere Studie im Auftrag des Bundesamtes für Sozialversicherungen hat die interinstitutionelle Zusammenarbeit (IIZ) zwischen den Akteuren in der Invalidenversicherung, der Arbeitslosenversicherung, der Sozialhilfe, der Berufsbildung und des Bereichs Migration untersucht. Da die Zusammenarbeit in den Kantonen unterschiedliche Formen und Ausprägungen angenommen hat, sind die einzelnen Zusammenarbeits-Formen untersucht und miteinander verglichen worden, um die Verbreitung von Good Practices zu fördern.
Die Studie zieht eine positive Bilanz bei der Früherfassung und Frühintervention der Invalidenversicherung. Es habe sich gezeigt, dass die Ziele, die Zielgruppen und die wichtigsten Schritte der formellen IIZ trotz kantonal stark abweichender Praxis häufig sehr ähnlich seien. Die Studie hat einige Empfehlungen formuliert, die zum Teil schon aufgenommen und umgesetzt wurden. Insbesondere wurde auf kantonaler und nationaler Ebene ein Expertenpool aufgebaut und die bilaterale Zusammenarbeit wird durch regelmässige Austauschtreffen gefördert.
Etwas im Gegensatz dazu stehen die Äusserungen des OECD-Berichtes zur Interinstitutionellen Zusammenarbeit. Die Autoren sind der Meinung, dass die IIZ kostenaufwändig sei und zurzeit noch wenig Ertrag bringe. Ihrer Meinung nach sollte das Gesundheitssystem stärker eingebunden und die Invalidenversicherung näher an die Arbeitswelt geführt werden. Die Frühintervention habe bei der Personengruppe mit psychischen Beschwerden zu wenig gebracht. So seien Arbeitsplatznahe Massnahmen bisher noch selten (OECD, Medienmitteilung).
Invalidenversicherung
Die IV bezeichnet sich als «Eingliederungsversicherung». Doch nicht alle gehandicapten Menschen, die Eingliederungsmassnahmen nötig hätten, spüren davon etwas.
Antwort des Bundesrates auf Interpellation
Die IV-Stelle setzt sogenannte Hirnscans ein, um psychische Erkrankungen zu diagnostizieren respektive um diese auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Die Resultate der Hirnscans werden offenbar für Rentenentscheide herangezogen. Gemäss diversen Berichten in den Medien wird von Fachleuten angezweifelt, ob diese Methode wissenschaftlich fundiert und darum für den von der IV-Stelle Luzern vorgesehenen Zweck geeignet ist.
Die IV-Stellen haben im vergangenen Jahr fast 18’000 Menschen mit Behinderung beruflich integriert und so das hohe Niveau vom Vorjahr übertroffen. Dies zeigt eine Erhebung der IV-Stellen-Konferenz (IVSK) bei den 26 kantonalen IV-Stellen. Die gute Zusammenarbeit diverser Akteure trägt Früchte.
Blog
Wie ein Psychiater und ein Neuroinformatiker die Chancen neuer Technologien zur Krankheitserkennung beurteilen
Die Invalidenversicherung Luzern setzt Hirntests ein, auch in der Psychiatrie hält die Neurologie Einzug. Der in Zürich forschende Neuroinformatiker Klaas Enno Stephan und Psychiater Michael Rufer warnen vor übertriebenen Erwartungen.
Mit pseudowissenschaftlichen Untersuchungen will die IV möglichst viele Menschen mit psychischen Beschwerden aus der Versicherung kippen. Der neuste Schrei: Hirnstrommessungen.
Die Bemühungen, die Invalidenversicherung finanziell zu sanieren, treffen die Schmerzpatienten/-innen besonders hart.
Die Hauptfrage, die die Schweiz im Bezug auf Menschen mit psychischen Erkrankungen seit 10 Jahren bewegt, ist ja vor allem: Wie verwehren wir denen bestmöglichst den Zugang zur IV-Rente bzw. wie kriegen wir die aus der IV wieder raus? Der medial/politisch/juristische Lösungsweg dazu lautet: Wir erklären die einfach für gesund! Problem gelöst. (Oder auch nicht…)
Die IV Luzern misst Hirnströme, um festzustellen, wie stark jemand psychisch beeinträchtigt ist. Viele Experten halten das für Unsinn.
Arbeistunfähigkeit wegen psychischer Erkrankungen lässt sich objektiv nur schwer beurteilen. IV Luzern versucht deshalb, die Diagnosen mit Hirnstrommesungen zu untermauern. Ein umstrittenes Unterfangen.
Nicht nur in Luzern, auch in Zürich werden bei IV-Bezügern Hirnscans durchgeführt. Patientenschützerin Margrit Kessler fordert nun einen wissenschaftlichen Nachweis für die Zuverlässigkeit dieser Tests. Zum Thema: IV-Stelle prüft Hirnströme von Patienten (Tages-Anzeiger)
OECD Forschungsbericht Nr. 12/13
Bericht im Rahmen des zweiten mehrjährigen Forschungsprogramms zu Invalidität und Behinderung (FoP2-IV).
Medienmitteilung
Die Schweiz sollte mehr tun, um Menschen mit psychischen Störungen in Arbeit zu bringen und im Job zu halten. Das ist die zentrale Botschaft des jüngsten OECD-Berichts Psychische Gesundheit und Arbeit: Schweiz. Laut Bericht leidet etwa jeder dritte Bezieher von Arbeitslosenentschädigung, Invalidenversicherungsleistungen oder Sozialhilfe an einer psychischen Störung. Die Arbeitslosenquote bei psychisch Kranken ist mehr als doppelt so hoch wie die Gesamtarbeitslosenquote.
März / April 2014
Psychische Gesundheit und Beschäftigung Psychische Gesundheit und Beschäftigung: Empfehlungen der OECD für die Schweiz (Christopher Prinz, Niklas Baer und Veerle Miranda, Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) OECD-Seminar und Medienkonferenz (Stefan Kühne, Bundesamt für Sozialversicherungen) Berufliche Wiedereingliederung mehrfach und psychisch belasteter Menschen (Jeroen Knaeps, Chantal van Audenhove, KU Leuven; Lut Gailly, Vlaamse Dienst voor Arbeidsbemiddeling en Beroepsopleiding, VDAB) Psyche und Beschäftigung - Herausforderungen für das UK und die Schweiz (Stephen Bevan, The Work Foundation, UK) Guter Bericht mit wichtigen Hinweisen für das Gesundheitssystem (Stefan Spycher, Bundesamt für Gesundheit) Beurteilung der OECD-Empfehlungen aus sonderpädagogischer Sicht (Beatrice Kronenberg, Stiftung Schweizer Zentrum für Heil- und Sonderpädagogik) Versorgungssituation von Versicherten mit psychischen Problemen: Terra incognita? (Peter Rüesch, Szilvia Altwicker- Hàmori, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften; Bernhard Bührlen, Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel)
Der Bundesrat wird beauftragt, zu prüfen und berichten, mit welchen Massnahmen die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren RAV Personen mit psychischen Problemen besser und wirkungsvoller bei der Arbeitssuche unterstützen können.
Wegen ADHS wurde Marcel H. mit 19 Jahren zum IV-Rentner. Der frühe Rentenentscheid habe ihn nicht nur vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen, sondern auch vom Gesellschaftsleben.
Für Menschen mit psychischen Einschränkungen ist der Einstieg ins Berufsleben besonders schwer. In den letzten Jahren hat die Zahl junger Erwachsener mit psychischen Beeinträchtigungen, denen der berufliche Einstieg nicht gelingt, zugenommen.
Befragung von Unternehmen über die Bereitschaft, Jugendliche mit Behinderung in die Ausbildung aufzunehmen.
Seit 1995 hat sich die Zahl jugendlicher IV-Bezüger mit psychiatrischer Diagnose praktisch verdreifacht. Experten schlagen Alarm.
Menschen mit psychischer Erkrankung, die von einem Job Coach begleitet werden, sind häufiger und länger im ersten Arbeitsmarkt tätig und weisen eine bessere Gesundheit auf, als Menschen, denen dieses Angebot nicht zur Verfügung steht. Dies haben verschiedene Untersuchungen gezeigt. Doch wie zufrieden sind sie mit diesem Angebot? Dieser Frage ging eine Arbeitsgruppe der Abteilung Supported Employment der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich nach.
Berufliche Wiedereingliederung von Personen mit länger andauernder Arbeitsunfähigkeit – Eine Untersuchung zur Rolle des Rechts und des sozialen Umfelds
Weshalb gelingt es einigen Erwerbspersonen besser als andern, sich nach einer länger andauernden Arbeitsunfähigkeitsphase wieder in den Erwerbsprozess zu integrieren?
Forschungsbericht 5/10 Der Bericht stellt die aktuelle Situation der beruflichen Integration von Menschen mit psychischen Einschränkungen dar und benennt Schwierigkeiten, die für den ambulanten Bereich bereits mit der Dossieranalyse bewusst geworden war. Berufsintegrative Massnahmen werden noch zu selten und wenn, dann häufig zeitverzögert nach einem stationären Aufenthalt eingesetzt.
Arbeitsintegration für Personen mit erschwertem Zugang zum Arbeitsmarkt
Supported Employment ist zwar nicht neu, in der Schweiz aber aufgrund von ermutigenden Forschungsergebnissen und erfolgreicher Praxis vermehrt in die Diskussion geraten. Die vorliegende Publikation gibt einen Überblick zu Supported Employment und zeigt, was die Umsetzung – auch unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen in der Schweiz – bedeutet.
Seit mehreren Jahren können die Wechselwirkungen zwischen den Leistungssystemen der sozialen Sicherheit, insbesondere der Sozialhilfe (SH), der Invalidenversicherung (IV) und der Arbeitslosenversicherung (ALV), das heisst auch die "Wanderung" der Leistungsbeziehenden zwischen diesen Systemen, mit dem sogenannten SHIVALV-Monitoring erfasst und ausgewertet werden. Datengrundlage des Monitorings sind miteinander verknüpfte Administrativdaten der drei Leistungssysteme. Ziel der Studie war, auf der Basis dieser Datengrundlage die Kenntnisse über die Vorgeschichte(n) von IV-Neurentner/innen in der Arbeitslosenversicherung und der Sozialhilfe zu verbessern.Dabei hat sich gezeigt, dass von den Versicherten, die 2010 erstmals eine IV-Rente erhielten, eine Mehrheit (53,9%) in den fünf Jahren vor der ersten Rente weder Sozialhilfe noch eine Arbeitslosenentschädigung bezogen hatte. Ein kleiner Anteil (5,6%) hat Vorleistungen der Sozialhilfe oder der Arbeitslosenversicherung beansprucht, die von der Invalidenversicherung zurückvergütet wurden. Die anderen Versicherten weisen komplexere Verläufe auf, entweder mit einem vorgängigen Leistungsbezug aus der Arbeitslosenversicherung (23,8%) oder aus der Sozialhilfe (16,6%). Der Sozialhilfebezug vor der Rente scheint in einem engen Zusammenhang mit der persönlichen Situation der versicherten Person zu stehen. Massgebend sind dabei vornehmlich die Familiensituation, der Beruf und die Herkunft. Verheiratete ohne Kinder greifen nur selten auf die Sozialhilfe zurück. Versicherte mit psychischen Beeinträchtigungen erhalten nur sehr selten direkt eine IV-Rente. Der vorliegende Bericht hilft zusammen mit anderen Studien, Untersuchungen und Monitorings, die Wechselwirkungen zwischen den Schweizer Sozialversicherungssystemen zu verstehen und somit unser System der sozialen Sicherheit in seiner Gesamtheit zu stärken.
Eine Studie des Bundesamts für Sozialversicherungen stellt fest, dass rund ein Drittel (30,8 %) aller IV-Neurentenbeziehenden in den vorhergehenden fünf Jahren Sozialhilfe bezogen hat. Im Durchschnitt wurden sie während zweieinhalb Jahren von der Sozialhilfe unterstützt. Diejenigen Personen, die vor dem Sozialhilfebezug kein Anrecht auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung hatten, wurden durchschnittlich sogar dreieinhalb Jahre unterstützt.