Der Begriff des umgekehrten Familiennachzugs wird vom Bundesgericht nicht einheitlich verwendet. Ursprünglich bezeichnete es das vom Kind abgeleitete Aufenthaltsrecht des sorge- und obhutsberechtigten Elternteils. Der Begriff eignet sich indessen als Oberbegriff für alle Nachzugskonstellationen von Elternteilen, die ihr Aufenthaltsrecht von der Bindung zum Kind ableiten wollen, also auch solchen, die „lediglich“ besuchsberechtigt sind. Gemäss dem Grundsatzentscheid des Bundesgerichtes BGE 135 I 153 ff. ist im Regelfall der sorgeberechtigten ausländischen Mutter eines schweizerischen Kindes das Aufenthaltsrecht im Heimatstaat des Kindes zu erteilen, primär um dem Kind ein Aufwachsen in seiner Heimat zu ermöglichen.
Im entsprechenden Entscheid bekräftigte das Bundesgericht, es sei auch im migrationsrechtlichen Kontext der Kinderrechtskonvention stärker Rechnung zu tragen. Im Rahmen der Interessenabwägung gemäss Art. 8 Ziff. 2 EMRKwerden daher gewichtige ordnungs- oder sicherheitspolizeiliche Gründe verlangt, um dem sorge- und obhutsberechtigten Elternteil den Verbleib in der Schweiz verweigern zu können. Die entsprechende Praxis gilt allerdings nicht unbesehen bei Kindern aus Drittstaaten, die lediglich niederlassungs- oder gar nur aufenthaltsberechtigt sind (BGE 137 I 247 E. 4), obwohl mit Blick auf das Kindeswohl eine Differenzierung aufgrund des ausländerrechtlichen Status’ nicht überzeugt.
Als Gründe, die gegen eine Bewilligungserteilung sprechen, fallen die Sozialhilfeabhängigkeit und die Straffälligkeit in Betracht. Jene vermag eine Aufenthaltsverweigerung wohl nur zu rechtfertigen, wenn sie vorwerfbar erscheint. Aber auch Straffälligkeit steht einer Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nicht per se entgegen (vgl. etwa BGE 139 I 145). Selbst beim (altrechtlich) bloss sorge- und nicht auch obhutsberechtigten Elternteil ist das frühere Kriterium des tadellosen Verhaltens als Voraussetzung für die Bewilligungserteilung aufgegeben worden (BGE 140 I 145).