Jonas Beetschen arbeitet mit einem Pensum von 85% als Abteilungsleiter Atelier und stellvertretender Leiter Job Training bei der Stiftung Job Training/Jobfactory. Er hat einen Bachelor der Fachhochschule Nordwestschweiz in Sozialer Arbeit.
Dieses Interview wurde im Rahmen des elften Monitor des Stellenmarktes im Sozialwesen der Schweiz zum Thema Stellen in der Arbeitsintegration geführt.
Worauf achten Sie bei der Besetzung von Arbeitsintegrationsstellen? Welche Qualifikationen und Kompetenzen sind Ihnen bei den Bewerbenden wichtig?
Wir stellen im Atelier aufgrund des Auftrages und der Jugendlichen, welche wir betreuen, nur Mitarbeitende mit einem Hochschulabschluss an. Der Grund dafür besteht in der Art der Betreuung, welche neben arbeitsagogischen Elementen einen grossen Teil sozialpädagogischer Arbeit und das Case Management der einzelnen Jugendlichen enthält. Freude an der Produkteentwicklung, innovatives Handeln und Flexibilität sind uns sehr wichtig. Freude und eine gewisse Erfahrung in handwerklichen Arbeiten sind ebenso wichtig.
In dem mit Abstand grössten Teil der Stelleninserate wird von den Bewerbenden eine berufliche Grundbildung verlangt (49 Prozent). Einen Hochschulabschluss fordern hingegen eher wenige (10 Prozent). Weshalb ist das so?
Einerseits, denke ich, kommt es darauf an, wie Berufsintegration aufgebaut ist. Solange es darum geht, Menschen «nur» in den Arbeitsprozessen zu begleiten, und für administrative Tätigkeiten, wie Ämterkontakte, Vernetzung mit weiteren Stellen, Bearbeiten von sonstigen Themen der Jugendlichen (Konsum, Alltagsgestaltung etc.) ist in vielen Betrieben eine berufliche Grundbildung wohl ausreichend.
Ich persönlich denke, dass eine gewisse Ausbildung im sozialen Bereich auch für solche Tätigkeiten durchaus gewinnbringend ist. Durch den engen und oft ungezwungenen Austausch im Arbeitsprozess können sehr bewusst und qualitativ hochstehend eine Beziehung und Vertrauen aufgebaut werden. Mittels agogischem Handeln können dann die Selbstständigkeit und der Selbstwert der Klient*innen gefördert werden.
Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass in der Arbeitsintegration im Vergleich zu anderen Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit verhältnismässig mehr Leitungs- und Teamleitungsstellen und weniger Fachmitarbeitsstellen ausgeschrieben werden?
Diese Frage kann ich nicht wirklich schlüssig beantworten. Grundsätzlich braucht es wohl – im Vergleich z.B. zu stationären Angeboten – sicherlich weniger Fachmitarbeitende, da der Betreuungszeitraum (in der Arbeitsintegration oft 8-17 Uhr o.ä.) weniger lang und auch der Betreuungsschlüssel wohl weniger hoch ist.
Inwiefern unterscheidet sich in der Arbeitsintegration die Aufgabe der Leitung und Teamleitung von derjenigen der qualifizierten Mitarbeit?
In unserem Fall hauptsächlich durch Planungsaufgaben (Dienstplan, Ferienplanung) und dem Austausch mit der Geschäftsleitung. Hinzu kommen Budgetverantwortung und die Hauptverantwortung in der Planung der Märkte, an denen die Produkte, die wir herstellen, verkauft werden. Durch die gleichwertige Ausbildung aller Mitarbeitenden sind hier die Unterschiede in erster Linie struktureller Natur. In den Aufgaben und der Arbeit mit den uns zugewiesenen Jugendlichen existieren keine Unterschiede.
Wie kommt es, dass der Anteil hoher Arbeitspensen (80 bis 100%) in der Arbeitsintegration grösser ist als in anderen Arbeitsfeldern?
Die regelmässigen Arbeitszeiten ermöglichen hier wohl etwas höhere Pensen. Konkret bei uns ist der Vorteil von grösseren Pensen, dass Produktionsprozesse besser begleitet werden können.
Wie schätzen Sie den Stellenmarkt im Arbeitsfeld Arbeitsintegration ein?
Im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit stelle ich fest, dass die Herausforderungen bedeutend grösser und vielfältiger geworden sind. Es geht bei einem grossen Teil der Jugendlichen nicht nur um eine fehlende Stelle, sondern um mannigfaltige Themen, welche für einen erfolgreichen Berufseinstieg bearbeitet werden müssen. Hierfür müssen Unterstützungsangebote vernetzt und Beziehungsarbeit gestaltet werden. Daher sehe ich – ohne dies anhand von Inseraten überprüft zu haben – die Notwendigkeit mehr mit Fachpersonen aus dem sozialen Bereich zu arbeiten. Anhand unserer letzten Ausschreibung ist festzustellen, dass das Interesse an solchen Stellen gross zu sein scheint.
In Bezug auf den Stellenmarkt in der Arbeitsintegration: Was finden Sie gut, was beunruhigt Sie?
Die Arbeitsintegration wird meiner Meinung nach immer noch etwas «stiefmütterlich» behandelt – dies zeigt sich anhand des grossen Anteils Beschäftigter ohne Hochschulabschluss. Meiner Meinung nach wird hier die grosse Chance vertan, welche Arbeit für Beziehungsaufbau und Stärkung des jeweiligen Gegenübers beitragen kann.
Was wünschen Sie sich für die zukünftige Entwicklung des Arbeitsfelds der Arbeitsintegration?
Eine bewusstere Positionierung im Feld der sozialen Arbeit. Insbesondere auch, was die tatsächliche Begleitung in der Arbeit angeht, nicht nur das Case Management. Hier soll ein Bewusstsein geschaffen werden, dass diese Arbeit ein enormer Verstärker in der Beziehungsarbeit und im Vertrauensaufbau darstellen kann.