Digitalisierung Fokusartikel

Prävention von Online-Radikalisierung

Februar 2020

Extremistische Gruppierungen nutzen das Internet gezielt, um ihre Ideologien zu verbreiten. Prävention sollte deshalb auch hier ansetzen. Die Informationsplattform ‚Jugend und Medien‘ hat nun eine Broschüre mit Empfehlungen herausgegeben.

In einem YouTube-Video werden dschihadistische Kämpfer als Helden gefeiert. Auf Facebook findet sich eine Veranstaltung, die sich erst nach längerer Recherche als Anlass einer rechtsextremen Gruppierung erweist. In einem linksradikalen Online-Forum wird unmissverständlich zu Gewalt aufgerufen… Das Internet bietet extremistischen Aktivist*innen unzählige Möglichkeiten, ihre Ideologien zu verbreiten und neue Anhänger*innen zu finden.

Ein Ansatz zur Prävention von Online-Radikalisierung ist das Modell der Gegennarrative und der alternativen Narrative. Narrative sind sinnstiftende Erzählungen, die Werte und Emotionen transportieren. Sie beeinflussen die Art und Weise, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen.

Die Informationsplattform ‚Jugend und Medien‘ hat im Januar 2020 eine Broschüre publiziert, die diesen Präventionsansatz näher vorstellt. Die Erfahrungen aus vier Pilotprojekten werden erläutert und Empfehlungen für Projektverantwortliche, Fachpersonen und Behörden abgeleitet. 

Nationaler Aktionsplan

Die Schweiz hat am 4. Dezember 2017 einen Nationalen Aktionsplan zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus (NAP) verabschiedet. Die nationale Plattform 'Jugend und Medien' des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) hat bei der Erarbeitung dieses Aktionsplanes mitgearbeitet. Sie war insbesondere an der Massnahme mit dem sperrigen Titel «Verhinderung von Radikalisierung, insbesondere via Internet, mittels Gegennarrativen und alternativen Narrativen» beteiligt.

Gegennarrative und alternative Narrative

Gegennarrative und alternative Narrative wollen aufklären und zu einer kritischen Meinungsbildung beitragen. Gegennarrative dienen dazu, extremistische Inhalte im Internet oder in sozialen Medien als Propaganda zu entlarven und zu diskreditieren. So kann ein Gegennarrativ zu einem kriegsverherrlichenden Narrativ zum Beispiel die negativen Folgen eines Krieges aufzeigen.

Bei alternativen Narrativen geht es darum, positive Botschaften zu vermitteln. Im Gegensatz zu extremistischen Narrativen, die eine „Freund-Feind“ Perspektive einnehmen, behandelt ein alternatives Narrativ zum Beispiel Themen der sozialen Integration und Toleranz.

Die Narrative sollen nicht in erster Linie jene Menschen erreichen, die von ihrem radikalen Standpunkt schon überzeugt sind, sondern Menschen, die in ihrer Haltung noch nicht gefestigt oder unsicher sind.

'Jugend und Medien'

Die Website 'Jugend und Medien' stellt Informationen bereit, die Kinder und Jugendliche befähigen sollen, Medien sicher, altersgerecht und verantwortungsvoll zu nutzen.

Erfolgsfaktoren und Empfehlungen

Welche Faktoren tragen zum Erfolg von Präventionsprojekten bei? Aufgrund der wissenschaftlichen Evaluation von vier Pilotprojekten haben Forschende der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und der Hochschule für Soziale Arbeit Fribourg (HETS-FR) fünf Erfolgsfaktoren herausgearbeitet. So sind besonders jene Projekte gut gelungen, bei denen bereits zu Beginn ein breites Netzwerk an unterstützenden Organisationen und engagierten Einzelpersonen vorhanden war. Auch eine klare Konzeption des Projektes mit einer Definition der Ziele, der Organisation und Finanzierung sind von Vorteil. 

Die Forschenden haben Qualitätskriterien für Projekte definiert und Handlungsempfehlungen formuliert. Weiter listet die Broschüre Fragen auf, die sich Behörden, Geldgebende und Projektverantwortliche stellen sollten, bevor sie ein Projekt initiieren.

Digitale Medien und politisch-weltanschaulicher Extremismus im Jugendalter

Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis

Aktuelle Ausprägungen von politisch-weltanschaulichem Extremismus weisen oftmals eine enge Verknüpfung mit digitalen Medien auf. Jugendliche nutzen digitale Medien ständig und kommen dort mit extremistischen Inhalten in Kontakt oder setzen sie selbst – als Teil extremistischer Gruppierungen – zu Kommunikationszwecken ein, woraus auch ein grosser Handlungsbedarf für die pädagogische Praxis entsteht. Dieser Sammelband bündelt phänomen- und praxisbezogene Wissensbestände im Themenfeld. Zum einen werden Befunde zu derzeitigen Erscheinungsformen von Rechtsextremismus und (gewaltorientiertem) Islamismus im Kontext digitaler Medien vorgestellt. Zum anderen bieten Praktikerinnen und Praktiker Einblicke in ihre Arbeit und reflektieren, welche Anforderungen an pädagogische Akteure aus rechtsextremen und islamistischen Aktivitäten im Netz resultieren und welche pädagogischen Gegenstrategien bislang erprobt werden.

Beratung im Kontext Rechtsextremismus

Felder - Methoden - Positionen

Vorfälle mit einem extrem rechten oder menschenfeindlichen Hintergrund gehören mancherorts zum Alltag und machen viele Menschen ratlos. Auf der Suche nach Hilfe und Beratung können sie sich seit den 1990er Jahren deutschlandweit an die Mobile Beratung wenden. Mobile Beratung im Kontext Rechtsextremismus unterstützt Menschen in Kommunen, zivilgesellschaftlichen Bündnissen, Schulen, (Sport-)Vereinen oder Familien im Umgang mit extrem rechten und menschenfeindlichen Tendenzen. Der Sammelband dokumentiert den aktuellen Wissensstand und die diskursiven Positionen dieser noch jungen Profession. Er wendet sich an alle, die das Spektrum der Themen, Beratungsfelder und Methoden fachwissenschaftlich und aus der Praxis überblicken möchten.

Jugend - Medien - Extremismus

Wo Jugendliche mit Extremismus in Kontakt kommen und wie sie ihn erkennen

Jugendliche sind die wichtigste Zielgruppe extremistischer Radikalisierungsversuche, die heute vor allem im Internet stattfinden. Erstmals untersucht diese Studie, wie häufig Jugendliche in verschiedenen Medien und in ihrem Umfeld mit extremistischen Einstellungen und Botschaften konfrontiert werden und wie gut sie Extremismus erkennen. Aus den Befunden werden eine Reihe von Handlungsempfehlungen abgeleitet, die sich an Politik, Schulen, Medien und Plattformbetreiber richten.

Erlebniswelt Rechtsextremismus

modern - subversiv - hasserfüllt. Hintergünde und Methoden für die Praxis der Prävention

Rechtsextremismus heute: Nie war das Bild moderner, die Palette der Stile breiter, die Nähe zu den Ausdrucksformen aktueller Jugendkulturen grösser. Die neuen Formen sind zeitgemäss und dynamisch, das gewünschte Image ist cool, subversiv und provokant. Die Inhalte sind jedoch im Kern gleich geblieben: rassistisch und demokratiefeindlich.Erlebniswelt Rechtsextremismus – der Begriff steht für Mittel und Strategien, um junge Menschen für diese Szene zu gewinnen. „Rechts“ zu sein verspricht Action, Tabubruch und Anerkennung, zu den Lockmitteln zählen multimediale Angebote im Social Web, Events wie Flashmobs und Konzerte.

Wege in und aus der Radikalisierung. Eine Herausforderung auch für die Straffälligenhilfe

Was ist Radikalisierung und wie wird sie begünstigt? Welche Rolle spielt das Gefängnis als möglicher Ort der Radikalisierung? Ausgehend von diesen Fragen befassen sich die Beiträge mit den gesellschaftlichen Voraussetzungen, die Radikalisierungsentwicklungen begünstigen. Die gesellschaftliche Entstehungsgeschichte ist notwendig, um Radikalisierung zu verstehen und wirksame Gegenmassnahmen zu entwickeln.

Rechtsextremismus in Schule, Unterricht und Lehrkräftebildung

Schule kommt eine Schlüsselfunktion in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus zu. In ihrem bildungspolitischen Auftrag kann Schule nicht neutral sein. Sie hat die Aufgabe, pluralistische, demokratische und menschenrechtsorientierte Haltungen und Werte zu vermitteln. Dieser Band gibt einen Überblick über das Thema Rechtsextremismus und Schule sowie Verweise auf praktische Handlungsperspektiven.


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