Die Praxis der „kleinen Verwahrung“ wird von Fachleuten des Strafrechts immer wieder kritisiert. Die luzernische Kantonsrichterin Marianne Heer etwa glaubt, dass eine stationäre therapeutische Massnahme aufgrund der Verlängerbarkeit für viele Betroffene eine Sackgasse ist. In einem Beitrag des SRF wird sie folgendermassen zitiert: „Betroffene, die einmal als gefährlich eingestuft worden sind, sind stigmatisiert.“ Entlassungen würden „äusserst restriktiv gehandhabt“. Der Unterschied zu einer ordentlichen Verwahrung sei nicht gross.
Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichts dürfte die Kritik verschärfen. In der bisherigen Praxis wurde für die Anordnung einer „kleinen Verwahrung“ vorausgesetzt, dass eine schwere psychische Störung diagnostiziert worden war, die sich an einem anerkannten Klassifikationssystem orientierte. Nun hat das Bundesgericht einen Entscheid gefällt, der diese Hürde deutlich senkt. Im betreffenden Fall (Urteil 6B_933/2018 vom 3. Oktober 2019) erachtet das Bundesgericht eine ambulante Massnahme für rechtens, obwohl „keine psychischen Störungen im engeren Sinne“ festgestellt werden. Vielmehr lägen "deliktrelevante Persönlichkeitsmerkmale mit Krankheitswert" vor, die sich therapeutisch behandeln liessen. Da für ambulante Massnahmen und „kleine Verwahrung“ analoge Voraussetzungen gelten, wird befürchtet, dass eine vermehrte Anordnung von kleinen Verwahrungen die Folge sein könnte.
Die Balance zu finden zwischen individuellen Freiheitsrechten und dem gesellschaftlichen Bedürfnis nach Schutz, ist oft anspruchsvoll. Dies zeigt auch ein anders gelagerter aktueller Fall, bei dem die Behörden einen Straftäter, der seine Strafe abgesessen hatte, aufgrund des Rückfallrisikos nicht in die Freiheit entlassen wollten. Da die Voraussetzungen für eine Verwahrung nicht gegeben waren, wurde eine fürsorgerische Unterbringung angestrebt. Das Bundesgericht hat hier allerdings Einhalt geboten mit der Begründung, dass die fürsorgerische Unterbringung nicht dazu diene, eine Person von weiteren Straftaten abzuhalten.