Fachinformationen Fokusartikel

Illegale Adoptionen in Sri Lanka: Betroffene verlangen Unterstützung

Februar 2020

Etwa 11 000 Kinder aus Sri Lanka sind in den 1980er Jahren ins Ausland adoptiert worden. Etwa 700 davon in die Schweiz. Wie ein Bericht aufzeigt, haben die Behörden ihre Kontrollfunktion zu wenig wahrgenommen. Betroffene verlangen eine lückenlose Aufklärung.

Im September 2017 berichtete der niederländische Rundfunk Zembla in einer investigativen Recherche von gravierenden Unregelmässigkeiten bei der Adoption von Kindern aus Sri Lanka in den 1980er Jahren. Im Schweizer Fernsehen zeigte eine Reportage im Frühling 2018, inwiefern auch Adoptierte in der Schweiz davon betroffen sind. 

Die Erkenntnisse sind erschütternd. So sollen in Sri Lanka Mütter dazu gedrängt worden sein, ihre Kinder zur Adoption frei zu geben. Es soll sogenannte Babyfarmen gegeben haben, wo Schwangere festgehalten wurden, um Kinder für die Adoption zu gebären. Kinder sollen aus Spitälern und Heimen gestohlen worden sein. Gegen Bezahlung gaben sich andere Frauen bei der Adoptionsbehörde als Mütter aus und unterschrieben Adoptionsurkunden. Zwar stellten Schweizer Behörden bereits in den 1980er Jahren Unregelmässigkeiten fest. Kurzfristig wurden Adoptionen sistiert und Auflagen verschärft. Doch es kam zu keiner Aufarbeitung der Geschehnisse und es fanden weiterhin Adoptionen statt.

In der Deutschschweiz liefen gemäss Recherchen des Schweizer Fernsehens SRF mindestens 200 Adoptionen über die Vermittlerin Alice Honegger aus Bollingen (SG). In der Westschweiz vermittelte die Srilankerin Dawn da Silva mindestens 350 Adoptionen.

Lückenlose Aufarbeitung gefordert

Aufgrund der Medienberichte hat im Dezember 2017 die Waadtländer SP-Nationalrätin Rebecca Ruiz ein Postulat eingereicht, das vom Bundesrat einen Bericht über die Sri-Lanka-Adoptionen in den 1980er Jahren verlangt. Der Bericht soll darlegen, ob es damals zu Verfehlungen kam und welche Massnahmen ergriffen wurden. Zudem verlangt das Postulat, dass betroffene Personen bei ihrer Herkunftssuche unterstützt werden. Aktuelle rechtliche Rahmenbedingungen für internationale Adoptionsverfahren sollen analysiert und Empfehlungen für die künftige Rechtspraxis abgegeben werden. 

Am 27. Februar 2020 hat der Bundesrat einen Forschungsberich der ZHAW den Medien präsentiert. Darin werden die Erkenntnisse aus den Medienberichten weitgehend bestätigt. Bis Ende 2020 will der Bund nun entscheiden, welche Massnahmen getroffen werden sollen.

SRF

Illegale Adoptionen - Adoptionen aus Sri Lanka: Bundesrat spricht Klartext und handelt

In Sri Lanka habe man Kinder für Eltern gesucht und nicht umgekehrt- sagte bereits im Februar eine Mitarbeiterin des Bundesamtes für Justiz, als die Autorinnen der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften ihren Bericht über illegale Adoptionen aus Sri Lanka vorstellten.

watson

Verkauft wie ein Objekt: Wie die Schweizer Behörden Kinderhandel gewähren liessen

Ein längst vergessener Skandal holt die Schweiz erneut ein. In den 1980er Jahren wurden hunderte Kinder mit gefälschten Papieren aus Sri Lanka in die Schweiz adoptiert. Ein neuer Bericht zeigt, wie Bund und Kantone dies hätten verhindern können – stattdessen aber komplett versagten.

NZZ Online

Adoptionsbetrug in Sri Lanka: Die Babylüge

Als Baby wird Sarah Ramani Ineichen von Schweizer Eltern adoptiert. 35 Jahre später sucht sie in Sri Lanka die leibliche Mutter. Sie findet heraus, dass ihr zweiter Vorname eine Lüge ist, der Geburtstag vielleicht auch. Und sie ist bei weitem nicht die Einzige. Mehr zum Thema: Adoptionsbetrug in Sri Lanka: Eine Adoptivmutter spricht über ihre Gefühle (NZZ)

EJPD

Illegale Adoptionen von Kindern aus Sri Lanka: historische Aufarbeitung, Herkunftssuche, Perspektiven

Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats 17.4181 Ruiz Rebecca vom 14.12.2017

Anlass für diesen Bericht ist das von Nationalrätin Rebecca Ruiz am 14. Dezember 2017 eingereichte Postulat 17.4181. Mit dem Postulat wird der Bundesrat beauftragt, zusammen mit den Kantonen die Praxis der privaten Vermittlungsstellen sowie der Bundes- und Kantonsbehörden im Zusammenhang mit Adoptionen von Kindern aus Sri Lanka in den 1980er-Jahren zu untersuchen und insbesondere die Hinweise auf rechtswidrige Praktiken, die Informationen, die sich im Besitz der Behörden befanden, und die damals getroffenen Massnahmen zu beleuchten.

Das Schweizer Parlament

Licht ins Dunkel bringen. In den Achzigerjahren wurden Kinder aus Sri Lanka in der Schweiz illegal adoptiert

Der Bundesrat wird beauftragt, zusammen mit den Kantonen die Praxis der privaten Vermittlungsstellen und der Behörden auf Kantons- und Bundesebene bezüglich der Adoptionen von Kindern aus Sri Lanka in den Achtzigerjahren zu untersuchen. Er soll einen Bericht vorlegen und darin die genannten Verfehlungen, die Informationen, die sich im Besitz der Behörden befinden, und die damals getroffenen Massnahmen beleuchten. Im Bericht sollen ferner die Bemühungen und die zur Verfügung stehenden Mittel erläutert werden, die die betroffenen Personen bei der Suche nach ihrer Herkunft unterstützen sollen. Schliesslich soll im Bericht der aktuelle rechtliche Rahmen für internationale Adoptionsverfahren analysiert und sollen Empfehlungen zur Praxis und zum gegenwärtigen und künftigen rechtlichen Rahmen formuliert werden.


Zurück zur Übersicht