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Coronakrise: Kritik an der Schweizerischen Asylpolitik

April 2020

Humanitäre Organisationen setzen sich für die Situation von Asylsuchenden in der Schweiz, aber auch in Griechenland ein. Denn die aktuelle Situation wirkt sich für sie besonders nachteilig aus.

Aufgrund der momentan schwierigen Situation laufen die Prozesse in den sonst durchstrukturierten Asylverfahren alles andere als rund. So ist der physische Kontakt zwischen Asylsuchenden und ihren Rechtsvertretungen, den Hilfswerken und Übersetzerinnen häufig nicht mehr möglich. Das erschwert die Zusammenarbeit erheblich und wirkt sich für Asylsuchende nachteilig aus. Hilfswerke und Menschenrechtsorganisationen fordern angesichts der Coronakrise deshalb eine vorübergehende Einstellung aller Asylverfahren.

Schwierige Umstände für Asylverfahren

Weiter bemängeln die Hilfsorganisationen die engen räumlichen Verhältnisse in den Zentren, die ein Social Distancing kaum möglich machen. Der Bundesrat hat deshalb versprochen, militärische und zivile Einrichtungen zur Verfügung zu stellen, um die Raumprobleme zu lösen. Das Bundesasylzentrum in Muttenz soll in nächster Zeit wiedereröffnet werden. Zudem hat er aufgrund der speziellen Situation die Beschwerdefrist von sieben auf 30 Tage verlängert. Um die hygienischen Vorgaben einhalten zu können und die Anzahl anwesender Personen im gleichen Raum zu reduzieren, hat der Bundesrat weiter beschlossen, dass Befragungen ausnahmsweise ohne die Anwesenheit von Rechtsvertretern stattfinden dürfen. Sie sollen allenfalls mittels technischer Hilfsmittel zugeschaltet werden. Aus grundrechtlicher Sicht ist dies jedoch heikel.

Auch für Flüchtende bleibt die Grenze zur Schweiz geschlossen

Weiter gilt das aktuelle Einreiseverbot für Ausländer*innen in die Schweiz auch für Flüchtende. Sie können deshalb an der Grenze zur Schweiz kein Asylgesuch mehr einreichen. Der Bundesrat begründet diese Einschränkung damit, dass Asylsuchende im angrenzenden Ausland ein Gesuch stellen könnten und verweist auf das Notrecht, das ihm die Kompetenz für diese Einschränkung gibt.

Die Hilfswerke weisen jedoch darauf hin, dass die Schweiz verpflichtet wäre, zumindest zu prüfen, ob eine Zurückweisung in ein anderes Land nicht gegen das Refoulement-Verbot verstösst. Die Schweiz könnte auch von sich aus auf eine Zurückweisung aufgrund des Dublin-Abkommens verzichten.

Osterappell: Schweiz soll Flüchtlinge aus Griechenland aufnehmen

110 humanitäre Organisationen, Vereine, Gruppierungen und NGOs haben am Ostermontag einen Osterappell an den Bundesrat gerichtet. Darunter befinden sich Hilfswerke wie zum Beispiel Amnesty International, das Schweizerische Arbeiterhilfswerk SAH oder die Gewerkschaft Unia. Sie fordern, dass die Schweiz möglichst viele Menschen aus den Flüchtlingslagern in Griechenland aufnehmen solle. 

Die Schweiz habe die finanziellen Möglichkeiten dazu und die Zahl der Asylgesuche befinde sich auf einem historischen Tief. Die Schweiz müsse nun dazu beitragen, dass aufgrund der Corona-Krise und der schlechten hygienischen Bedingungen in den Lagern keine humanitäre Katastrophe ausbreche.

EJPD

Coronavirus: Regeln für Asylverfahren werden vorübergehend angepasst

An seiner Sitzung vom 1. April 2020 hat der Bundesrat Massnahmen für den Schutz der Gesundheit aller am Asylverfahren beteiligten Akteure beschlossen. Der Schutz vor Ansteckungen mit dem Coronavirus hat höchste Priorität. Es soll aber auch sichergestellt werden, dass die Kernfunktionen des Asylsystems aufrechterhalten und die Asyl- und Wegweisungsverfahren weiterhin durchgeführt werden können. Die zusätzlichen Massnahmen betreffen die Unterbringung, die Asylverfahren und den Wegweisungsvollzug. Die neuen Regeln sind auf vorerst drei Monate und im Unterbringungsbereich auf vier Monate befristet.

Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH

Schutzsuchende aus Griechenland sofort aufnehmen

Viele Menschen solidarisieren sich mit den Geflüchteten, die auf den griechischen Ägäis Inseln festsitzen. Auch Schutzsuchende, denen an der Schweizer Grenze verwehrt wird, ein Asylgesuch zu stellen, werden mit Appellen und Petitionen unterstützt. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) engagiert sich mit – eine Übersicht.

Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH

Zugang zu Asylverfahren an der Grenze muss gewährleistet sein

Die Schweizer Grenzschliessung im Zuge der Corona-Massnahmen trifft auch Asylsuchende: ihnen droht an der Schweizer Grenze die Abweisung. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) kritisiert diese Regelung. Denn der Zugang zum Asylverfahren muss auch in Krisenzeiten gewährleistet sein.

Amnesty International Schweiz

Asylverfahren sistieren, Pandemievorsorge in Asylzentren verstärken

Amnesty begrüsst die Entscheidung des Bundesrats, aufgrund der Coronakrise die Unterbringungskapazitäten zu verdoppeln, zusätzliche Gebäude zur Verfügung zu stellen und die Kantone bei der Verteilung der Asylsuchenden zu entlasten. Gleichzeitig bedauert die Organisation, dass die Asyl- und Wegweisungsverfahren weiterhin durchgeführt werden. 


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