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Abgewiesene Asylsuchende: Wissenslücken und Empfehlungen

Januar 2020

Über den Verbleib von Personen, deren Asylgesuch abgewiesen wurde, weiss man wenig Genaues. Klar ist, dass viele der Betroffenen einen schweren Stand haben, vor allem jene, die trotz Ausweisung in der Schweiz bleiben. Die Eidgenössische Migrationskommission bemüht sich um genauere Erkenntnisse und um einen menschenwürdigeren Umgang mit den Betroffenen.

Es besteht eine grosse Informationslücke darüber, was mit Menschen geschieht, deren Asylgesuch abgelehnt wurde. Laut Staatssekretariat für Migration (SEM) ist das Los von ca. 88'000 Personen unbekannt, die zwischen 2008 und 2017 einen negativen Asylentscheid erhalten haben. Das ist beinahe die Hälfte der 180‘000 der in diesem Zeitraum abgewiesenen Personen. Nur rund deren 92‘000 haben den Behörden ihren Weggang aus der Schweiz gemeldet und gelten somit laut Statistik des SEM als „kontrolliert ausgereist“.

Das SEM geht davon aus, dass jene Personen, deren Verbleib unbekannt ist, entweder in ihr Herkunftsland zurückgekehrt, in ein anderes Land weitergereist oder als Sans-Papiers in der Schweiz untergetaucht sind. Die Annahmen hierzu bleiben aber spekulativ.

Um ein genaueres Bild zu erhalten, hat die Eidgenössische Migrationskommission (EKM) eine Studie in Auftrag gegeben. Da die Zielgruppe schwierig direkt zu erreichen ist, wurden in erster Linie Fachstellen und Expert*innen befragt, die mit betroffenen Personen arbeiten. Der Kurzbericht „Personen, die aus dem Asylsystem ausscheiden“ gibt einen Einblick in die Resultate und stellt exemplarisch sechs Einzelschicksale dar.

Illegalität und Perspektivenlosigkeit

Ein negativer Entscheid ist für die meisten Asylsuchenden ein einschneidendes Ereignis. Oft bleibt den Betroffenen nur, unterzutauchen und damit der Weg in die Illegalität als Sans-Papier. Dies betrifft auch Menschen, die abgewiesen wurden, jedoch die Schweiz aufgrund von Vollzugshindernissen nicht verlassen können. Diese Personen fristen ein Dasein in einer „regulären Illegalität“. Sie werden zwar in Kollektivunterkünften untergebracht und erhalten Nothilfe, können jedoch für ihre Anwesenheit sanktioniert werden, wenn sie in eine Personenkontrolle geraten. Dieser Zwiespalt resultiert unter anderem daraus, dass das Nothilferegime klar auf Abschreckung ausgelegt ist. Die Betroffenen haben keinerlei Recht auf Arbeit, Ausbildung oder anderweitigen Integrationsmassnahmen, und damit keine Perspektiven. In ihrer Stellungnahme bewertet dies die Schweizerische Flüchtlingshilfe klar als „unwürdige Situation“.

Empfehlungen für den Umgang mit Abgewiesenen

Aus den Resultaten ihrer Studie hat die EKM einen Katalog von sieben Empfehlungen erstellt, wie die Perspektiven der Betroffenen verbessert werden könnten. So empfiehlt die EKM etwa, den Bereich der Rückkehrhilfen weiterzuentwickeln, um eine kontrollierte Ausreise attraktiver zu gestalten. Mit ca. 18'000 Personen im genannten Zeitraum haben weniger als zehn Prozent der Abgewiesenen diese Möglichkeit in Anspruch genommen. Seit der Einführung des beschleunigten Asylverfahrens vor rund einem Jahr wird jedoch eine Zunahme festgestellt.

Empfehlungen hat auch das Partizipationsprojekt „Unsere Stimmen“ erarbeitet, das vom National Coalition Building Institute Schweiz (NCBI) durchgeführt wird. Im Gegensatz zur EKM arbeitet das NCBI direkt mit der Zielgruppe: Im Rahmen dieses Projektes erzählen Betroffene von den existenziellen Schwierigkeiten und der ausweglosen Situation, in der sie sich nach der Ausweisung befinden. Für den gesellschaftlichen Umgang mit abgewiesenen Asylsuchenden haben sie 12 Empfehlungen ausgearbeitet, um die Betroffenen zu entlasten und ihre Situation zu verbessern.

EKM

Zur Ausreise aus der Schweiz verpflichtet: Profile, (Aus-)Wege, Perspektiven

Es gibt eine Gruppe von Menschen, die weder als Flüchtlinge noch als vorläufig Aufgenommene in der Schweiz bleiben dürfen und die zur Ausreise verpflichtet sind. Die Eidgenössische Migrationskommission EKM veröffentlicht zum Internationalen Tag der Migrantinnen und Migranten einen Bericht und Empfehlungen zu Personen, die aus dem Asylsystem ausscheiden. Der Bericht der EKM gibt Hinweise darauf, welche Profile diese Personen aufweisen, wie sie ihre Lage nach dem Ausscheiden aus dem Asylsystem erleben, welche Wege sie einschlagen und welche Perspektiven sie entwickeln können. Sechs Porträts geben den Betroffenen zudem «ein Gesicht». Basierend auf der Studie von KEK-Beratung hat die EKM Empfehlungen formuliert.

SEM

Bericht untersucht Zusammenhänge zwischen Migration, Integration und Rückkehr

Mit dem Postulat 16.3790 "Migration. Langfristige Folgen der Integration" der SVP wurde der Bundesrat beauftragt, einen Bericht zu verfassen, der die Wirkungszusammenhänge von Migration, Integration und Rückkehr beleuchtet. Der nun vorliegende Bericht zeigt auf, dass sich das aktuelle System der Schweiz bewährt. Die Forschungsresultate bestätigen im Grundsatz die Politik der beschleunigten Asylverfahren und die Umsetzung der Integrationsagenda Schweiz. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 20. Dezember 2019 den Bericht gutgeheissen.


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