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Anti-Terror-Vorlagen in Konflikt mit Grundrechten

April 2020

Das Parlament berät zwei Gesetzesvorlagen zur Bekämpfung von Terrorismus, die die Kompetenzen der Behörden deutlich ausweiten sollen. Menschenrechtsorganisationen warnen vor den damit verbundenen Eingriffen in Grund- und Menschenrechte.

Der Bundesrat hat zwei Gesetzesentwürfe zur Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus ausgearbeitet. Grundlage dazu ist die 2015 verabschiedete Strategie zur Terrorbekämpfung. Beide Vorlagen werden seitens von NGOs wie Amnesty International oder Humanrights.ch stark kritisiert. Manche der geplanten Kompetenzen würden die Europäischen Menschenrechtskonvention bzw. die UNO-Kinderrechtskonvention verletzen.

Präventive Freiheitsbeschränkung - auch für Minderjährige

Die Gesetzesvorlage «Polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus» (PMT) soll der Polizei mehr Möglichkeiten geben, gegen mutmassliche terroristische Gefährder*innen vorzugehen, noch bevor eine strafrechtlich relevante Tat begangen wurde. Zu den neuen Mitteln, die der Polizei zur Verfügung gestellt würden, gehören unter anderem Hausarrest, Kontaktverbote oder elektronische Überwachung.

Bedenken erregt dieser Gesetzesentwurf vor allem wegen des präventiven Charakters dieser freiheitsbeschränkenden Massnahmen. Blosse Vermutungen über Absichten einer Person würden dazu ausreichen. So kritisiert etwa Patrick Walder von Amnesty International: „Freiheitsentzug zur allgemeinen Gefahrenabwehr ist nicht mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar.“ Ein weiterer Punkt ist, dass diese Massnahmen teilweise schon gegen Kinder ab 12 Jahren angewandt werden könnten. Die Stigmatisierung und Kriminalisierung von Kindern und Jugendlichen, die damit einhergehe, widerspreche den grundlegenden Kinderrechten, die in der UNO-Kinderrechtskonvention festgehalten sind, kritisiert etwa das Netzwerk Kinderrechte.

Einen detaillierten Überblick zu den Kritikpunkten gibt die Zusammenstellung Anträge «Polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus» der NGO-Plattform Menschenrechte Schweiz.

Kriminalisierung humanitärer Hilfe

Die zweite Vorlage, der Gesetzesentwurf  «Terrorismus und organisierte Kriminalität», verbietet unter anderem die „Unterstützung von und aktive Beteiligung an ‚terroristischen Organisationen‘“. Zuwiderhandlungen sollen deutlich schärfer bestraft werden als bisher.

Kritisiert wird an dieser Vorlage, dass die Einstufung als „terroristische Organisation“ neu richterlichem Ermessen unterstellt würde – nicht wie bisher dem Gesetzgeber, der sich dabei an den Vereinten Nationen orientiert. Dies erhöhe die Gefahr von willkürlichen und regional uneinheitlichen Entscheiden. Schliesslich sei nicht jede Gruppierung, die gegen ihren Staat opponiert, a priori terroristisch. Es gebe auch legitimen Widerstand, gerade in Staaten, in denen die Rechtsstaatlichkeit untergraben wird. Dem trage der Gesetzesentwurf keine Rechnung.

Ein weiteres Problem sehen NGOs im vorgesehenen Verbot, terroristische Organisationen zu unterstützen. Dies könnte für humanitäre Organisationen zum Problem werden, die sich in Konflikten unparteiisch verhalten und auch Widerstandsgruppen Hilfe leisten. Dies komme einer Kriminalisierung von humanitärer Hilfe gleich, kritisiert etwa Amnesty International Schweiz.

Einen detaillierten Überblick zu den Kritikpunkten gibt die Zusammenstellung Anträge «Terrorismus und organisierte Kriminalität» der NGO-Plattform Menschenrechte Schweiz.

Die Gesetzesentwürfe werden zurzeit im Parlament behandelt. Der Ständerat hat beiden Vorlagen mit Anpassungen zugestimmt. Nun obliegt es dem Nationalrat, die Vorlagen menschenrechtskonform auszugestalten.

Amnesty International Schweiz

Auf Kollisionskurs mit Kinderrechten und Genfer Konventionen

Präventiver Freiheitsentzug ohne Tatverdacht, Polizei-Massnahmen gegen 12-jährige Kinder, Kriminalisierung von humanitärer Hilfe – das sind nur drei der Bestimmungen in den neuen Anti-Terror-Gesetzen, die auf Kollisionskurs mit Grundrechten, Kinderrechten und selbst den Genfer Konventionen gehen. Vor der Beratung der Gesetzesentwürfe im Ständerat präsentiert die NGO-Plattform Menschenrechte Schweiz konkrete Vorschläge wie die Vorlagen geändert werden müssten.

Humanrights.ch

Bundesgesetze zur Terrorbekämpfung – das Wichtigste in Kürze

Zwei vom Bundesrat präsentierte Gesetzesentwürfe zur Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus sehen weitgehende Eingriffe in die Grund- und Menschenrechte vor. Die Zivilgesellschaft fordert das Parlament dazu auf, von den präventiv-polizeilichen Massnahmen abzusehen und die problematischen Vorschläge im Strafrecht zu streichen.


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