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Armutsbekämpfung: Zürich und Genf suchen nach Lösungen

Juli 2021

Die Coronakrise hat gezeigt, dass vor allem Menschen mit einem unsicheren oder fehlenden Aufenthaltsstatus durch die Maschen der sozialen Sicherheit fallen. Städte wie Zürich oder Genf suchen deshalb nach pragmatischen Lösungen, derweil die nationale Politik widersprüchlich bleibt.

Welche sozioökonomischen Auswirkungen die Pandemie auf einzelne Bevölkerungsgruppen hatte, wird in derzeit laufenden Forschungsarbeiten erfasst. So kündet die Nationale Plattform gegen Armut in einer ersten Analyse des Haushaltspanels 2020 an, im Herbst 2021 einen Synthesebericht über den Erkenntnisstand zu den Auswirkungen der Pandemie auf die Armut und die sozioökomische Ungleichheit vorzulegen.

Für Sans-Papiers ändert auf nationaler Ebene nichts

Fest steht jedoch, dass die Coronakrise gerade Sans-Papiers in existenzielle Bedrängnis brachte. Doch obwohl der Bundesrat in einem Bericht zur Lage von Sans-Papiers in der Schweiz die schwierige und widersprüchliche Situation von diesen Menschen anerkennt, ist er nicht bereit, Massnahmen zu ergreifen. In seinem Bericht kommt er zum Schluss, dass die geltenden Gesetze Bund und Kantonen genügend Handlungsspielraum gewähren, um im Einzelfall eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen, sobald ein Härtefall vorliegt. Andererseits möchte er aber auch keine Verschärfungen der Gesetze für Sans-Papiers. So sollen sie nicht von den Sozialversicherungen ausgeschlossen werden. Auch sollen Kinder von Sans-Papiers eine Schule besuchen dürfen und nicht den Migrationsbehörden gemeldet werden müssen. Die nationale Plattform für Sans-Papiers kritisiert die Untätigkeit des Bundes in ihrer Medienmitteilung vom 2. Juli 2021 scharf.

Städte Zürich und Genf gehen neue Wege

Wie diverse Medienbeiträge zeigen, sucht die Stadt Zürich in dieser Situation nach pragmatischen Lösungen.

So will die Stadt mit dem Pilotprojekt «Wirtschaftliche Basishilfe» Sans-Papiers und Ausländer*innen unterstützen, denen beim Bezug von Sozialhilfe die Ausweisung droht. Vier zivilgesellschaftliche Organisationen erhalten in einem Leistungsvertrag mit der Stadt Gelder zugesprochen, die sie an bedürftige Menschen weitergeben sollen. Das Pilotprojekt wird von bürgerlichen Parteien stark kritisiert, wie ein SRF-Beitrag zeigt. Trotzdem ist das Projekt nach hitziger Debatte vom Zürcher Gemeinderat genehmigt worden.

Die Regularisierung von Menschen ohne regulären Aufenthaltsstatus ist in der Stadt Zürich seit längerem ein Thema. Die Stadt möchte den Zugang von diesen Menschen zu städtischen Dienstleistungen vereinfachen und ihnen mehr Sicherheit im Alltag bieten. Dies soll ab 2025/26 mit der Einführung einer städtischen ID, der sogeannten "Züri City Card" geschehen.

Auch Genf probiert neue Wege in der Armutsbekämpfung aus. 

Wie ein SRF-Beitrag zeigt, hat die Stadt Genf relativ unbürokratisch vorübergehende Corona-Entschädigungen an Menschen ausbezahlt, die aufgrund der Pandemie kein Einkommen erzielen konnten. Davon profitieren konnten auch Hausangestellte ohne regularisierten Aufenthalt.

Die Stadt Genf macht seit 2017 mit der Opération Papyrus gute Erfahrungen mit der Regularisierung von Sans-Papiers, wie ein anderer SRF-Beitrag zeigt. In diesem Regularisierungsprogramm prüfen zuerst NGOs und Gewerkschaften Härtefallanträge und leiten sie danach an die Genfer Behörden weiter. Seit Beginn konnten so schon rund 2’500 Regularisierungen von Sans-Papiers ermöglicht werden.


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