Sachverhalt
Ich bin Vormundin von zwei Mädchen, welche im Kanton Graubünden platziert sind, den gesetzlichen Wohnsitz aber noch in Brig (Kanton VS) haben. Die Pflegemutter von den Mädchen erhält monatlich Pflegegeld, ein Teil davon, nämlich die Betreuungsentschädigung, gehört zum massgebenden Lohn.
Gem. Auskunft der Ausgleichskasse Wallis tritt als Arbeitgeber auf, wer die Entschädigung an die Pflegemutter bezahlt.
Die Mädchen beziehen eine Halbwaisenrente und Sozialhilfegelder. Mit diesen Geldern wird die Entschädigung der Pflegemutter bezahlt.
Frage
Wer tritt in diesem Fall als Arbeitgeber auf und entrichtet der Pflegemutter die AHV-Beiträge? Wer ist zuständig für die Anmeldung? Gehen die Beiträge hälftig zu Lasten Arbeitgeber/Arbeitnehmer?
Besten Dank für Ihre Rückmeldung.
Freundlicher Gruss
Karin Pece
Teamleiterin Berufsbeistandschaft
Frage beantwortet am
Urs Vogel
Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz
Erwägungen
Der Vormundin kommen gemäss Art. 327c Abs. 1 ZGB die gleichen Rechte wie den Eltern zu. Somit steht der Vormundin das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu (BGer 5A_742/2013 vom 24.12.2013, E. 2.2; BK Affolter/Vogel, Art. 327c N 48). Werden die Kinder dauerhaft platziert ist so ist gestützt auf Art. 327c Abs. 2 i.V.m. Art. 416 Abs. 1 Ziff. 2 die Zustimmung der KESB für den Pflegevertrag notwendig (BSK ZGB I-Vogel, Art. 416/417 N 16; CHK ZGB-Biderbost, Art. 327a-c N 13). Die Vormundin verwaltet (im Unterschied zu einem Beistand nach Art. 308 Abs. 2 ZGB) die Einkünfte des Kindes als Ausfluss der analogen Rechtsstellung der Eltern, stellt Anträge zur subsidiären Finanzierung der Pflegekosten an die zuständige Sozialhilfestelle (siehe dazu Art. 55a Abs. 2 Verordnung betreffend verschiedene Einrichtungen für die Jugend [VJ]). So wie dargestellt fliessen die Gelder der Sozialhilfe auf das von der Vormundin verwaltete Konto, von der Vormundin wird das Pflegegeld an die Pflegeeltern bezahlt.
Die Entschädigung von Pflegeeltern für die Kinderbetreuung gilt als Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit (siehe dazu Wegleitung über den massgebenden Lohn in der AHV, IV und EO (WML), Stand 1.1.2020, Rz 4112). Von der ausgerichteten Entschädigung unterliegt lediglich derjenige Anteil der Abrechnungspflicht, mit dem die Erwerbsarbeit der Pflegeeltern abgegolten wird. Die Kosten für den Unterhalt des Pflegekindes (Ernährung, Pflege, Unterkunft) sind von der Beitragspflicht ausgenommen (Art. 9 AHVV). Wie hoch nun der konkrete Anteil an Betreuungsentschädigung ist, lässt sich aus den Pflegegeld-Richtlinien des Kantons Graubünden entnehmen, soweit diese vorliegend auf den Pflegevertrag angewendet wurden (siehe Anhang).
Bleibt der massgebende Lohn pro Arbeitgebenden und Kalenderjahr unter CHF 2'300.00, so werden nur auf Antrag der Pflegeeltern Beiträge mit der Ausgleichskasse abgerechnet. Vorliegend mit zwei Pflegekindern wird der massgebende Lohn sicher Fr. 2'300 übersteigen.
Zudem besteht für Arbeitgeber, die Pflegegeldentschädigungen ausrichten, die Pflicht zum Anschluss an die obligatorische Unfallversicherung (UVG) und an eine Vorsorgeeinrichtung der 2. Säule (BVG), soweit der massgebende Lohn Fr. 21'330 pro Jahr übersteigt (siehe dazu Art. 7 Abs. 1 BVG).
Als beitrags- und abrechnungspflichtige Arbeitgeberin gilt, wer das Pflegegeld den Pflegeeltern ausrichtet, unabhängig davon, wie die Finanzierung geregelt ist. Somit ist vorliegend die Vormundin als Arbeitgeberin zu qualifizieren, welche mit der Ausgleichskasse den AHV-pflichtigen Lohn abzurechnen hat. Zu prüfen ist, ob das vereinfachte Abrechnungsverfahren für Arbeitgebende angewendet werden kann (siehe dazu Merkblatt im Anhang).
Die Hälfte der Beiträge an AHV/IV/EO und ALV ist von den Pflegeeltern zu tragen. Die Überwälzung des Arbeitgeberbeitrags auf die Pflegeeltern ist nicht zulässig.
Kulmerau, 10.7.2020/Urs Vogel
Frage beantwortet am
Urs Vogel
Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz
2. Dokument: Pflegegeld-Richtlinien Graubünden