Grüessech mitenand
Ich habe derzeit einen Klienten bei mir in der Beratung, der seitens Arbeitgeberin eine Verwarnung erhalten hat. Mein Klient hat die Verwarnung akzeptiert. Er hat dies u.a. auch damit begründet, dass er keine weiteren Unannehmlichkeiten möchten.
Während der Beratung habe ich begonnen mich zu Fragen, ob die Verwarnung zurecht ausgesprochen worden ist. Deshalb melde ich mich.
Mein Klient hat sich an uns gewandt, weil er hin und wieder Schnupftabak (keine anderen Suchtmittel) konsumiert hat. Im Juli 2020 hat er beschlossen den Konsum aufzugeben. Dies aufgrund einer chronischen Rhinosinusits. Dies ist ihm gemäss eigenen Aussagen bisher gelungen. Die Entscheidung mit dem Schnupftabab aufhören zu wollen, hat er seinem Vorgesetzten mitgeteilt. Dieser hat den Entscheid begrüsst.
Wichtig zu wissen, ist sicherlich das mein Klient Buschauffeur ist und damit Verwantwortung für Menschen trägt.
Die Verwarnung hat mein Klient nach einer Teamsitzung erhalten. Der Vorgesetzte meint gehört zu haben, dass mein Klient auf der Toilette geschnupft hat. Beweisen kann er die Behauptung nicht. Mein Klient bestreitet geschnupft zu haben. Weil der Vorgesetzte davon ausgeht, dass mein Klient ihm nicht die Wahrheit gesagt hat, erhielt er die Verwarnung. Mein Klient war zu perplex zu reagieren, hat die Verwarnung akzeptiert und unterschrieben.
Er wird gegen sie auch jetzt nicht angehen. Für mich stellt sich jedoch grundsätzlich die Frage, ob eine Verwarnung wegen Schnupftabak überhaupt zulässig war oder ist? Selbst dann, wenn mein Klient gelogen hätte.
Schnupftabak würde ich nach meinem Dafürhalten eher mit Tabak rauchen gleichstellen. Wenn ein Buschauffeur in der Pause oder an der Endhaltestelle Tabak raucht, ist dies in meinen Augen keine Begründung für eine Verwarnung. Selbstverständlich sähe die Sache anders aus, wenn er während der Fahrt Tabak rauchen oder schnupfen würde.
Ich habe mit meinem Klienten vereinbart, dass ich dies abkläre. Er fürchtet sich derzeit davor wieder zu unrecht in dieselbe Situation zu kommen.
Falls noch Fragen offen sind, beantworte ich diese gerne.
Freundliche Grüsse
Sarah Dufaux
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
Sehr geehrte Frau Dufaux
Sowohl nach öffentlichem-Personalrecht als auch nach OR haben Arbeitgebende die Kompetenz, den Arbeitnehmenden hinsichtlich Verhalten und Arbeit im Betrieb Weisungen zu erteilen. Die Weisungen dürfen jedoch nicht gegen die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmenden verstossen. Auch vertraglich sind Bindungen nur soweit zulässig, als sie nicht gegen die Persönlichkeitsrechte verstossen.
Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeuten diese rechtlichen Konzepte folgendes:
Ihr Klient ist Buschaffeur. Die Arbeitgeberin darf deshalb (via Vertrag oder Weisung) von den Fahrern/innen erwarten, dass diese während den Fahrten keine Suchtmittel konsumieren. Das dient einerseits naheliegenderweise der Verkehrssicherheit, aber auch dem allgemeinen INteresse der Arbeitgeberin an einem geordenten Auftreten der Chauffeure/Chauffeusen. Das Kauen von Schnupftabak während der Busfahrt wird zwar die Verkehrssicherheit kaum beeinträchtigen, jedoch erscheint ein solches Verbot im Interesse eines geordneten Auftretens der Fahrer/innen wohl als gerechtfertigt. Anders verhält es sich jedoch mit Auflagen, die auch während Pausen gelten. Soweit hier keine anderen Mitarbeiter/innen oder Kunden/innen gestört werden, wäre ein Schnupftabakverbot während einer Pause nicht gerechtfertigt. Erst recht geht kann der Chauffeur oder die Chauffeuse in ihrer Freizeit nach Belieben Schnupftabak zu sich nehmen, das geht die Arbeitgeberin schlicht nichts an.
Aufgrund des durch Sie geschilderten Sachverhaltes scheint m.E. die Verwarnung nicht gerechtfertigt. Fraglich ist aber, ob es sich für Ihren Arbeitnehmer lohnt, dies der Arbeitgeberin zu melden. Ein solcher Schritt müsste gut überlegt sein, da ansonsten die Gefahr besteht, dass ihr Klient noch mehr Probleme kommt.
Genügen Ihnen diese Auskünfte?
Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen
Kurt Pärli