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Selbstständig Erwerbende

Veröffentlicht:
04.12.2019
Kanton:
Bern
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag liebes Expertenteam

wir haben eine Frage im Zusammenhang mit dem Thema Selbstständigkeit.

Im Zusammenhang mit einer selbstständigen Erwerbstätigkeit geht es auch um die Frage nach der Übernahme der nötigen Versicherungen (Unfall, Betriebshaftpflicht, etc.). 

Bezüglich AHV-Beiträgen steht im BKSE: 

Selbständigerwerbende Personen, die aufgrund einer definitiven Steuerveranlagung Beiträge schulden, die über dem Mindestbeitrag liegen, können bei ihrer Ausgleichskasse ein schriftliches Gesuch um Herabsetzung der Beiträge auf eben diesen Mindestbeitrag stellen. Dieses Gesuch wird mit der Sozialhilfeabhängigkeit begründet.

Wie sieht es mit den übrigen Versicherungen aus? Bezahlt diese die Sozialhilfe oder können dies die Betroffenen bei den Abrechnungen geltend machen, sprich sie generieren weniger Lohn. 

Besten Dank für Ihre Bemühungen. 

Mit freundlichen Grüssen

Sabine Bauer 

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Morgen Frau Bauer

Gerne beantworte ich Ihre Frage, welche die Anrechnung von Kosten bei selbständiger Erwerbstätigkeit im Rahmen der Sozialhilfe beschlägt. Nach Art. 8 Abs. 1 SHV BE i.V.m. Art. 31 SHG sind die SKOS-Richtlinien (Stand 12/16) für die Sozialhilfe im Kanton Bern verbindlich, soweit das SHG oder die SHV BE keine Abweichungen vorsehen. Für die Frage der Unterstützung von selbständig Erwerbenden Personen, sehen die erwähnten Berner Rechtsgrundlagen keine Regelungen vor. Die SKOS-Richtlinien nehmen sich dieser Thematik in der Praxishilfe H.7 an. Dieser kann entnommen werden, dass Betriebskosten in der Regel nicht zu Lasten der Sozialhilfe übernommen werden. In besonderen Fällen können Kleininvestitionen finanziert werden, Dies bedeutet, dass die wirtschaftliche Hilfe für selbständig Erwerbende nach den gleichen Regeln bemessen wird, wie bei den übrigen unterstützten Personen.

Die Unfallversicherung wird im Rahmen der obligatorischen Krankenversicherung (KVG) übernommen, soweit der Nichtberufsunfall nicht durch eine unselbständige Erwerbstätigkeit im Rahmen der obligatorischen Unfallversicherung (Art. 1a Abs. 2 lit. b KVG) abgedeckt ist. Bei der Finanzierung der KVG-Prämien handelt sich dabei nicht um wirtschaftliche Hilfe, sondern um individuelle Prämienverbilligung (Kap. B.5 SKOS-RL, Art. 8h SHV BE e contrario). Art. 8h Abs. 2 SHV BE hält zudem festhält, dass auch der Teil, welcher die ordentliche Prämienverbilligung übersteigt, nicht im Sozialhilfebudget angerechnet wird. Führt die unterstützte Person im Rahmen ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit eine freiwillige Unfallversicherung, welche sich auf Art. 4 f. des Unfallversicherungsgesetzes (UVG) oder allenfalls auf das Versicherungsvertragsgesetz (VVG/Privatversicherung) abstützt, ist diese Art von Versicherung nicht von der ordentlichen Prämienverbilligung abgedeckt. Fraglich ist, ob die Kosten im Zusammenhang mit der freiwilligen Unfallversicherung nach UVG (oder allenfalls VVG) als weitere situationsbedingten Leistungen übernommen werden können. Im Kapitel C.1.5 SKOS-Richtlinien werden die Hausrats- und Haftpflichtversicherungen genannt. Dies sind typische Kosten, die bei jedem Privathaushalt anfallen.

Hingegen ist die vorliegend fragliche Unfallversicherung nicht mit dem Haushalt, sondern mit der selbständigen Erwerbstätigkeit verknüpft. Insofern sind sie zu den Kosten zum Betrieb dieser selbständigen Erwerbstätigkeit zu zählen, welche wie oben erwähnt in der Regel nicht Teil der wirtschaftlichen Hilfe sein können. Da es sich aber typische Betriebskosten handelt, dürfen sie mit dem Betriebsertrag finanziert werden, wovon die Sozialhilfe lediglich der Nettoertrag als Einnahme im Sozialhilfebudget anrechnet. Dasselbe gilt auch für die Betriebshaftpflichtversicherung. Hingegen ist es der Sozialhilfe unbenommen, allenfalls unter Beizug einer sachverständigen Person zu prüfen, welche Betriebskosten im Sinne der Praxishilfe H.7 SKOS-Richtlinie mit Blick auf die in Frage stehende selbständige Erwerbstätigkeit als anrechenbare Betriebsaufwände zu berücksichtigen sind (Notwendigkeit und Angemessenheit der Kosten vgl. bspw. Urteil des Zürcher Verwaltungsgerichts VB.2003.00414 vom 8.3.04 zu hohe Büromiete E.4). Dies gilt auch für die vorliegend fraglichen Versicherungen – wobei im Fall einer Kündigung die Kosten bis zum Vertragsende als Betriebsaufwände in der Regel anzuerkennen wären.

Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort Ihre Frage beantwortet zu haben.

Freundliche Grüsse

Ruth Schnyder