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Rechtsgültigkeit der Unterschrift der Adressaten*innen

Veröffentlicht:
08.12.2021
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Kindes- und Erwachsenenschutz

Bei der Frage geht es um die Gültigkeit der Unterschrift unserer Adressaten*innen. Verschiedenen Institutionen vor allem die Banken verlangen immer wieder bei Anträgen oder Formularen, welche durch Adressaten*innen eigenhändig unterzeichnet wurden, zusätzlich die Unterschrift und Identifikation der Beistandsperson.

Aktuelle haben wir folgenden Fall. Für einen Adressaten soll das Freizügigkeitsguthaben bei einer Bank aufgrund des geringfügigen Betrages und dem Bezug einer vollen IV-Rente ausgezahlt werden. Dies wurde mit dem Adressaten persönlich besprochen und er hat eigenhändig den Antrag unterzeichnet. Der Adressat ist diesbezüglich urteilsfähig (Er hat im Gespräch Gegenfragen gestellt und konnte das Ausmass des Antrages richtig einordnen) und seine Handlungsfähigkeit ist durch die KESB nicht eingeschränkt. Auf die Unterschrift der Beiständin wurde daher verzichtet. Bei der Bank war bereits hinterlegt, dass eine Beistandschaft besteht. Mit dem Antrag wurde der Amtsausweis der Beiständin mitgesendet zusammen mit dem Hinweis, dass gemäss Beschluss der KESB die Handlungsfähigkeit des Klienten nicht eingeschränkt ist.

Die Bank hat die Beiständin nun aufgefordert zur Prüfung des Antrages Folgendes nachzureichen.

  • Kopie eines gültigen und unterschriebenen Ausweises (Identitätskarte oder Pass) des Mandatsträgers
  • Antrag auf Auszahlung (beiliegend) unterschrieben durch den Mandatstäger.

Aus unserer Sicht ist nicht korrekt, dass der Antrag zusätzlich noch von der Beiständin unterzeichnet werden muss.

Wie ist die rechtliche Lage? Was können wir den Bank oder anderen Institutionen in solchen Situationen entgegnen?

Frage beantwortet am

Karin Anderer

Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz

Guten Tag

Ich gehe davon aus, dass die Beistandsperson mit der Einkommens- und Vermögensverwaltung nach Art. 395 ZGB beauftragt ist.

Zu klären ist vorab, ob das besagte Bankkonto vom Bankvertrag nach Art. 9 VBVV erfasst ist und wie darin die Verfügungsberechtigung des Klienten über die verschiedenen Vermögenswerte und Anlagen geregelt ist. Die in einem Bankvertrag vereinbarten Verfügungsberechtigungen orientieren sich nicht an den Bestimmungen des Handlungsfähigkeitsrechts des ZGB. Nach Art. 9 VBVV ist im Vertrag geregelt, über welche Vermögenswerte die Beiständin oder der Beistand, die Vormundin oder der Vormund selbstständig oder nur mit Bewilligung der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde im Namen der betroffenen Person verfügen darf und, über welche Vermögenswerte die betroffene Person selber verfügen darf. Ist hier im Vertrag z.B. die Doppelunterschrift vorgesehen, so ist das Vorgehen der Bank korrekt.

Ist das besagte Bankkonto nicht vom Bankvertrag nach Art. 9 VBVV erfasst oder ist darin geregelt, dass der Klient über diesen Vermögenswert selber verfügen darf, so bedarf es, bei Handlungsfähigkeit, keiner Zustimmung der Beiständin.

Ich hoffe, die Angaben sind nützlich und ich grüsse Sie freundlich.

Luzern, 13.12.2021

Karin Anderer