Guten Tag
Wir haben in der Sozialhilfe ein Alimenteninkasso. Der Kindsvater ist quellenbesteuert. Meine Frage:
Ist es korrekt, dass uns der Arbeitgeber
- die Alimente ./. Quellensteuer auszahlt?
- Kinderzulagen ./. Quellensteuer auszahlt?
Ich bin der Meinung, dass das Kind Anspruch auf den ganzen Betrag hat, auch wenn dem Vater die Quellensteuer vom Lohn abgezogen wird. Er droht uns mit dem Anwalt. Können Sie mir sagen, wer im Recht ist mit der korrekten Rechtsgrundlage?
Bei Unklarheiten erreichen Sie mich ab Montag unter 062 956 51 31.
Besten Dank für Ihre Bemühungen!
Freundliche Grüsse
Miriam Burgunder / Sachbearbeitung Sozialdienst Herzogenbuchsee
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Liebe Frau Burgunder, liebe Frau Lüthi
Ihre Frage betrifft genau genommen eine steuerrechtliche Frage. Im Rahmen dieses Forums können darauf nur erste Antworten gegeben werden zum weiteren Vorgehen.
Alimente, bzw. Kinderzulagen sind grundsätzlich dort zu besteuern, wo sie anfallen. Das heisst, dass der Arbeitgeber, bzg. der Vater Kinderzulagen und Alimente, welche an Dritte ausbezahlt werden, im Prinzip von den Steuern in Absprache gebracht werden (Art. 38 Abs. 1 lit. c Steuergesetz Kanton Bern, BSG 661.11). Diese sind dann von Seiten des Alimentenempfängers zu besteuern, also z.B. der obhutsberechtigten Mutter (Art. 28 Abs. 1 lit. f Steuergesetz Kanton Bern, BSG 661.11).
Bei Quellensteuern hingegen gilt, dass diese von den Bruttoeinnahmen erfolgen (vgl. Art. 113 Abs. 1 und 2 Steuergesetz des Kantons Bern, BSG 661.11). Als Ermessensgrundlage werden also auch Kinderzulagen und Alimente etc. einbezogen.
Diese steuerrechtliche Bemessung ändert grundsätzlich NICHTS an den Grundlagen für die Verpflichtung und die Bemessung von Unterhalt (ev. inkl. Kinderzulagen).
Die Grundlage für die Pflicht zum Unterhalt sind genehmigte Alimentenvereinbarungen oder Scheidungsurteile in Anwendung von Art. 285ff. ZGB. Insoweit wird der Unterhalt auf der Basis der Bedürfnisse der Kinder und der Leistungsfähigkeit der Eltern festgelegt. Grundsätzlich gilt, dass Kinderzulagen (ohne gegenteilige Vereinbarung) zusätzlich geschuldet sind (Art. 285a ZGB).
Vor diesem Hintergrund ist klar, dass bezüglich Alimente und Kinderzulagen KEIN Quellensteuerabzug vorgenommen werden darf. Diese Leistungen sind im vollen Umfang seitens des Arbeitgebers bzw. des Kindesvaters zu leisten.
Falls der Kindesvater durch den Quellensteuerabzug (der wie dargestellt tatsächlich auf dem Bruttoeinkommen erfolgt) einen neuen, erheblichen wirtschaftlichen Nachteil hat. Ev. anders als bei Festlegung des Unterhalts. So stellt sich die Frage, ob sich im Sinne von Art. 286 ZGB die Verhältnisse wesentlich geändert haben. Dann müsste der Kindesvater dies weiter begründen und ev. einen entsprechenden Antrag stellen beim Gericht zur Änderung des Unterhaltstitels.
Die vorliegenden Informationen genügen auf jeden Fall nicht, um von einer solchen wesentlichen Änderung auszugehen.
Steuerrechtlich steht aber dem betroffenen Arbeitnehmer unter Umständen die Möglichkeit offen, die so genannte nachträgliche ordentliche Steuerveranlagung zu verlangen. Diese ermöglicht ihm dann doch die Berücksichtigung der (bezahlten) Unterhaltsleistungen. Informationen für den Arbeitnehmer erteilt die Steuerbehörde oder finden sich (soweit die Steuerpflicht im Kanton Bern besteht) unter
Ich hoffe, das dient Euch.
Prof. Peter Mösch Payot