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Nacht- und Wochenendzulagen im Schichtbetrieb

Veröffentlicht:
22.11.2017
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Guten Tag
Meine Klientin arbeitet 100% in der Funktion als Produktionsmitarbeiterin im Schichtbetrieb. Der Arbeitsvertrag ist sehr kurz gehalten und verweist auf keinen Gesamtarbeitsvertrag. Die arbeitsvertraglichen Regelungen werden auf einem beiliegenden Dokument „Anstellungsbedingungen“ festgehalten.
Zu Arbeitszeit, Zulagen, Überstunden sind folgende Punkte in den „Anstellungsbedingungen“ aufgeführt:

  1. Arbeitszeit: Die Arbeitszeit beträgt 8.40 Std./Tag (42 Std. Woche). Gültig ab 1.1.1999
  2. Überzeit : Je nach Auftragsbestand ist Überzeit zu leisten. Selbstverständlich wird auf Anliegen seitens der Mitarbeiter eingegangen. Die Abrechnung und Auszahlung der Überzeit erfolgt quartalsweise. Der Zuschlag beträgt generell 25%, sonntags 100%.
    2a: Berechnung der Überzeit: Als Basis der Berechnung der Über-/Unterzeit wird 1/183 des Monatsgehaltes pro Stunde angenommen. Gültig ab 1.1.1990.
  3. Gleitzeit: Täglich volle Gleitzeit. Blockzeiten von 08.00 bis 11:45 Uhr und von 14:00 bis 16:00 Uhr sollen nach Möglichkeiten eingehalten werden. Türöffnung 6.oo Uhr, Türschliessung 18:00 Uhr, ausgenommen Sonderbewilligung.
    Meine Klientin arbeitet im Schichtbetrieb, also auch teilweise über Nacht und am Wochenende. Laut Angaben der Klientin werden Nachtzulagen erst ab 23:00 Uhr gewährt. Nacht- und Wochenendzulagen kann sie sich nicht auszahlen lassen, da sie zuerst einen Grundstock an Überstunden ansparen muss.
    Meine Fragen:
  • Ist dieser Vertrag, soweit Sie dies anhand dieser Informationen beantworten können, arbeitsrechtlich korrekt?
  • Könne Nachtzulagen erst ab 23:00 Uhr gewährt werden?
  • Dürfen Nacht- und Wochenendzuschläge als Überstunden angerechnet werden? Müssten diese nicht ausbezahlt werden?
    Vielen Dank für Ihre Rückmeldung.
    Valeria Küttel

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

Sehr geehrte Frau Küttel
Gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Zwischen Überstunden und Überzeit gilt es zu unterscheiden. Überstunden liegen vor, wenn ein Arbeitnehmer mehr als die vertraglich vereinbarten Arbeitsstunden leistet, also vorliegend mehr als 42 Stunden pro Woche. Überstunden können vom Arbeitgeber angeordnet warden (Art. 321c OR), wenn nichts anderes vereinbart wird, werden Überstunden mit Einverständnis des Arbeitnehmers kompensiert oder mit einem Zuschlag von 25% entschädigt.
Überzeit liegt vor, wenn mehr als die gesetzliche Höchstarbeitszeit gearbeitet wird, vorliegend sind das 50 Stunden (Art. 9 Arbeitsgesetz ArG). Überzeit ist zwingend mit einem Zuschlag von 25% zu entschädigen, sofern nicht mit Einverständnis mit dem Arbeitnehmer die geleistete Überzeit kompensiert warden kann.
Für die Nacht-, Sonntag- und Schichtarbeit sieht das ArG ebenfalls Regelungen vor. Das ArG unterschiedet Tages-, Abend- und Nachtarbeit. Tagesarbeit gilt von 6 bis 20 Uhr, Abendarbeit von 20 bis 23 Uhr, danach beginnt die Nacht Art. 10 ArG). Tages- und Abendarbeit sind bewilligungsfrei. Nur für die bewilligungspflichtige Nachtarbeit sieht das Gesetz zwingend zu bezahlende Zuschläge vor (Siehe Art. 17b ArG).
Soweit die Rechtslage. Was bedeutet dies nun für Ihren Fall?
Vereinbart sind 42 Stunden Arbeit pro Woche. Fraglich ist, wie PUnkt 2 "Überzeit" zu verstehen ist. Ich gehe davon aus, dass hier zwischen ihrer Klientin und dem Arbeitgeber eigentlich Überstunden gemeint sind (also Mehrarbeit als 42 Stunden); weiter beinhaltet die Regelungen einen Anspruch auf Entschädigung der Überstunden. Der Hinweis auf den 100% Zuschlag für Sonntag bedeutet, dass hier die Arbeitgeberin vertraglich verpflichtet ist, mehr als die 50% Zuschlag nach Arbeitsgesetz zu bezahlen, das ist zulässig (weil zu Gunsten der Arbeitnehmerin).
Zu zu Ihren Fragen:

  • Ist dieser Vertrag, soweit Sie dies anhand dieser Informationen beantworten können, arbeitsrechtlich korrekt?
    Ja, der Vertrag ist korrekt wobei wohl die falsche Terminologie gewählt wurde (Siehe oben).
  • Könne Nachtzulagen erst ab 23:00 Uhr gewährt werden?
    Ja, das ist korrekt so, das ArG sieht keine Zuschläge für Abendarbeit vor.
  • Dürfen Nacht- und Wochenendzuschläge als Überstunden angerechnet werden? Müssten diese nicht ausbezahlt werden?
    Die Zuschläge für Nacht- und Sonntagsarbeit (nicht Samstag) sind gesetzlich vorgesehen und in jedem Fall geschuldet. Die Entschädigung für Überstunden bzw. Überzeit ist von der Entschädigung für Nacht- und Sonntagsarbeit klar zu trennen.
    Genügen Ihnen diese Auskünfte?
    Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlihcen Grüssen
    Kurt Pärli