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Miete wann bezahlen? Wann an Schlichtungsbehörde?

Veröffentlicht:
05.01.2023
Kanton:
Aargau
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Seit 1.11.20 wohnt die Klientin in einer Mietwohnung. Mietbeginn war für den 1.9.20 vereinbart, aber wegen «Reparaturen» wurde dieser auf den 1.10.20 und dann auf den 1.11.22 verschoben. Der Mietvertrag wurde als Wohngemeinschaft mit einer anderen Person für CHF 1'030.00 ausgestellt. Mündlich wurde vereinbart, dass nur die Hälfte der Miete und die Nebenkosten bezahlt werden muss bis die Dusche, das WC und die Küche zu gebrauchen sind. Die Klientin hat CHF 150.00 Miete und CHF 50.00 Nebenkosten einbezahlt. In den ersten drei Monaten hat Freiwillige jede Woche telefoniert, um nachzufragen wie es mit den Reparaturen läuft – ohne Erfolg. Ab Februar 2021 hat sie damit aufgehört. Im Mai 2021 schrieb die 2. Person einen eingeschriebenen Brief mit den damaligen Mängeln an den Vermieter sowie die Kündigung (ohne Unterschrift von Klientin (Mietvertrag ist jedoch auf beide!) und bezahlte keine Miete mehr. Der Vermieter hat nie reagiert oder Mängel behoben. Die 2. Person ist am 31.5.21 ausgezogen. Es wurde nie ein neuer Vertrag ausgestellt.

Die Reparaturen betreffend Bad sind noch heute ausstehend:
•    Es ist nicht möglich in meiner Wohnung aufs WC zu gehen.
•    Es ist nicht möglich in meiner Wohnung zu duschen oder zu baden.
Das Badezimmer ist nur 2 Stöcke tiefer im Parterre in einer anderen Wohnung funktionierend. 

Bei der Übergabe stellte das IWB Mängel beim Herd fest. Die Mängel wurden bis heute nicht behoben:
•    Es ist nicht möglich in meiner Wohnung zu kochen.
Kochen kann man nur im 1. Stock in einer anderen Wohnung.

Die Heizung und das Warmwasser funktionierten nicht. Die Sozialarbeiterin hat am 13.12.22 telefonisch dem Vermieter angerufen und gebeten, die Heizung und das Warmwasser anzuschalten. Vermieter teilte mit, dass das Warmwasser funktionieren sollte und das Sie die die Heizung nicht eingeschaltet wird und dass das Anliegen schriftlich eingereicht werden muss. Es wurde ein eingeschriebener Brief mit den Anliegen an den Vermieter versendet und eine Frist gesetzt. Bis heute funktionierten die Heizung und das Warmwasser nicht. Der Klientin wurde empfohlen in das Hotel übernachten zu gehen bis eine neue funktioniere Wohnung gefunden wird. 

Sozialarbeiterin wollte ein Schlichtungsgesuch einreichen und stellte ein Missverständnis fest. Die Sozialhilfe hat das Geld für die Wohnung immer der Klientin ausbezahlt. Die Klientin dachte jedoch, dass die Sozialhilfe die Miete bezahlt. Es wurde somit vom 1.3.22 bis heute noch keine Miete bezahlt. 

Wie soll nun vorgegangen werden? Soll die Sozialhilfe rückwirkend die Miete bezahlen und der Klientin in Zukunft der zu viel ausbezahlte Betrag abziehen? Soll dem Vermieter nochmals einen eingeschriebenen Brief geschrieben werden und soll für das Missverständnis der unbezahlten Miete entschuldigt werden (Vermieter hat Klientin nicht darauf aufmerksam gemacht) und soll nochmals eine Frist gesetzt werden und dann an die Schlichtungsgesuch gestellt werden? Oder sollen wir direkt an die Schlichtungsbehörde? Muss der Vertrag angefochten werden? Oder ist dies zu riskant das die Kündigung als Nichtig angeschaut wird, da nicht beide unterschrieben haben? Wäre eine Mietzinshinterlegung sinnvoll? Falls ja, wie funktioniert diese?

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Guten Tag!

Es handelt sich bei den genannten Fragen nicht um Fragen aus dem Fachbereich "Sozialversicherungsrecht". 

Trotzdem gebe ich Ihnen gerne einige Hinweise.

Vorliegend wurde einerseits zu Unrecht die Miete nicht bezahlt. Andererseits liegen schwere Mängel vor. 

a) Zu den Mängeln: Es ist zu raten, schnell die Mängelrechte geltend zu machen und im vorliegenden Fall die Schritte zu einer Hinterlegung des Mietzinses einzuleiten

Gemäss Art. 259g OR können MieterInnen den Mietzins als Druckmittel amtlich hinterlegen. In diesem Fall entrichten sie den Mietzins nicht mehr der Vermieterin oder dem Vermieter, sondern deponieren ihn auf einem ganz bestimmten, von der zuständigen kantonalen Behörde bezeichneten Konto. Die erforderlichen Angaben erhalten MieterInnen von der Mietschlichtungsbehörde.  Sie müssen das Geld unbedingt an der behördlich bestimmten Stelle hinterlegen (nicht auf einem selber geöffneten Konto).

Bei der Mietzinshinterlegung sind einige formale Regeln zu beachten: In einem ersten Schritt ist der Vermieterin oder dem Vermieter eine Frist zur Behebung des Mangels anzusetzen und die Hinterlegung anzudrohen.

Dann ist die Vermieterin oder der Vermieter über die Hinterlegung zu informieren und das Geld auf das amtliche Konto einzuzahlen.

Innert 30 Tagen ist dann auch ein Schlichtungsverfahren einzuleiten, sonst wird das hinterlegte Geld an die Vermieterin oder den Vermieter ausbezahlt.

Was mit dem hinterlegten Geld geschieht, wird im Rahmen dieses Verfahrens entschieden. Grundsätzlich erhalten VermieterInnen die hinterlegten Mietzinsen, sobald sie die beanstandeten Mängel behoben haben. Ein Teil des hinterlegten Geldes kann als Mietzinsreduktion an die MieterInnen zurück gehen.

Auf der Website des  Mieterverbands, www.mieterverband.ch, finden sich aber Musterbriefe, mit denen sie sich einfach bewältigen lassen. 

Nebst dem Beseitigungsanspruch haben von Mängeln betroffene MieterInnen Anspruch auf eine Mietzinsreduktion. Diese können sie auch rückwirkend einfordern, für maximal 5 Jahre, aber nur bis zum Zeitpunkt, in dem die Vermieterin bzw. der Vermieter vom Mangel erfahren hat. Im Streitfall müssen MieterInnen also nachweisen, wann sie die Vermieterin oder den Vermieter über einen Mangel informiert haben. 

b) Die ausstehenden Mieten hätten dem Vermieter überwiesen werden müssen. Der Vermieter hätte die Möglichkeit, wegen der ausstehenden Mieten mit einer kurzen Frist von 30 Tagen zu mahnen und direkt die Kündigung anzudrohen. Er hat dies offensichtlich noch nicht gemacht.

Ich rate hier wegen der speziellen Situation der erheblichen Mängel dazu, dass die ausstehenden Mieten zwar hinterlegt werden, aber noch nicht ohne Weiteres dem Vermieter ausbezahlt werden.  Falls der Vermieter die Kündigung androht, so kann geprüft werden, ob der Klient so auf die Wohnung angewiesen ist, dass die Miete bezahlt werden muss (um die Kündigung abzuwenden).

Für Weiteres rate ich, dass Sie bzw. die Klientin sich beim Mieterverband für das weitere Vorgehen beraten lassen. 

 

Ich hoffe, das dient Ihnen.

Prof. Peter Mösch Payot