Guten Tag
Ein Mitarbeiter hatte sich wiederholt nicht korrekt krank geeldet, war dann lange Zeit nicht erreichbar (weder telefonisch noch schriftlich) und tauchte schliesslich wieder auf und reichte ein Arztzeugnis über eine stationäre Entzugstherapie nach.
Für diese Zeit will der Arbeitgeber aus god-will das Krankentaggeld zahlen und auch den Vertrag nicht auflösen. Für die Zukunft will er sich aber absichern.
Wäre als Absicherung für den Arbetgeber eine Abmahnung mit folgendem Inhalt rechtens:
> Bei Krankheit/Unfal ist ab dem ersten Tag ein Arztzeugnis vorzulegen.
> Das Zeugnis hat innerhalb von 7 Kalendertagen nach Erkrankung beim Arbeitgeber einzutreffen.
> Folge-Arztzeugnisse sind unaufgefordert innerhalb von 7 Kalendertagen nach Ablauf des letzten Arutzeugnisses einzureichen.
> Bei Nichteinhaltung dieser Abmachung ist kein weiteres Krankentaggeld mehr geschuldet und das Arbeitsverhältnis wird aufgelöst.
Oder, wenn das zu weit geht:
> Bei Nicht-Einhaltung dieser Abmachung werden nur noch Zahlungen nach OR geleistet und das Arbeitsverhältnis wird aufgelöst.
Freundliche Grüsse
M. Blindow
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
Sehr geeehrter Herr Blindow
Besten Dank für Ihre interessante Frage. Lassen Sie mir erst ein paar allgemeine Ausführungen in rechtlicher Hinsicht machen.
Das grundlose Nichterscheinen bei der Arbeit kann einen wichtigen Grund für die fristlose Kündigung darstellen. Ein wichtiger Grund kann auch darin bestehen, dass ein Arbeitnehmer sich nicht an die im Arbeitsvertrag vorgesehenen Modalitäten der Abmeldung bei Krankheit gehalten hat. So zumindest hat das Bundesgericht in BGer 4A.521/2016 entschieden.
Zwischenergebnis: Die Arbeitgeberin hätte schon in der Vergangenheit zum Mittel der fristlosen Kündigung greifen können und sie könnte es insbesondere auch bei künftigen Verfehlungen tun.
Zur Frage des Lohnfortzahlungsanspruchs:
Sie kennen die Regelung zur Lohnfortzahlung nach Art. 324a Abs. 1 - 3 OR. Soweit im vorliegenden Arbeitsverhältnis keine Abweichung im Sinne von Art. 324a Abs. 4 (gleichwertige Lösung) oder eine bessere Lösung vertraglich vereinbart war, so gilt die gesetzliche Minimallösung. Gemäss dieser Regelung muss der Arbeitnehmer die unverschuldete Arbeitsunfähigkeit beweisen. Als Beweismittel kommen das Arztzeugnis, aber auch die glaubwürdigen Aussagen des Arbeitnehmers in Frage. Die Arbeitgeberin kann ein Arztzeugnis anzweifeln und eine vertrauensärztliche Untersuchung verlangen. Ohne Arztzeugnis oder den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit auf anderem Wege entsteht kein Anspruch auf Lohnfortzahlung. Wenn jedoch die Arbeitsunfähigkeit bewiesen ist, so darf die Arbeitgeberin die Zahlung nicht aus disziplinarischen Gründen kürzen.
Nun erwähnen Sie, dass die Arbeitgeberin aus Goodwil Krankengelder bezahlt habe. Nun weiss ich nicht, ob die Arbeitgeberin den Lohn ausrichtete und dafür von der Taggeldversicherung die Taggelder erhielt, also mit a.W. eine Kollektivtaggeldversicherung besteht, mit der die Arbeitgeberin das Risiko der Lohnfortzahlung absichert (Prämie hälftig Arbeitgeber/Arbeitnehmer in vielen Fällen) Verhält es sich sich, so darf die Arbeitgeberin die Taggelder nicht einfach aus eigenem Gutdünken nicht oder nicht vollständig dem Arbeitnehmer ausrichten. Zu bedenken ist an dieser Stelle unbedingt auch, dass die versicherten Arbeitnehmer gegenüber der Versicherung ein direktes Forderungsrecht haben, d.h., der Arbeitnehmer könnte, wenn er die Taggeldleistungen nicht im Rahmen des vertraglich vorgesehenen Umfanges erhält, die fehlenden Beträge direkt von der Versicherung einfordern.
Welche Schlüsse lassen sich nun für Ihren Fall ziehen bzw. welches Vorgehen kann der Arbeitgeberin empfohlen werden?
Wichtig ist eine klare Regelung, ab welchem Tag bei krankheits- oder unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit ein Arztzeugnis einzureichen ist. Auch ist sinnvoll, eine Informationspflicht über die Abwesenheit zu verankern (die Informationspflicht besteht in dem Moment, in dem feststeht, dass die Arbeit nicht geleistet werden kann). Die Konsequenzen der Nichteinhaltung dieser Vorschriften können ebenfalls thematisiert werden. Solange das Arztzeugnis nicht eingereicht ist und auch kein anderes glaubwürdiges Beweismittel der krankheits- oder unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit vorliegt, muss die Arbeitgeberin keine Lohnfortzahlung leisten (siehe oben, die Arbeitnehmerin muss den Nachweis erbringen). Wird der Beweis aber erbracht, ist ab diesem Zeitpunkt keine Kürzung zulässig. Die Nichteinhaltung der Informationspflicht über die Abwesenheit darf sanktioniert werde, als ultima ration sogar mit einer fristlsoen Kündigung.
Genügen Ihnen diese Auskünfte?
Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen
Kurt Pärli