Der Arbeitgeber (AG) kündigt meinem Klienten zu Unzeit (Krankheit). Auf einen Brief vom Anwalt (Rechtschutzversicherung) reagiert der AG nicht. Der Klient befürchtet, dass er keine Lohnzahlungen mehr erhält. Dies, weil es mehreren ehemaligen Mitarbeitern so erging.
Das RAV, die ALK erklärt sich erst als zuständig, wenn bei meinem Klienten rechtmässig die Arbeitslosigkeit eingetreten ist und der Klient dann auch vermittlungsfähig ist.
Der Klient ist gemäss Lohnabrechnung bei Krankheit versichert. Allerdings weiss er nicht bei welcher Versicherung und der AG gibt ihm darüber keine Auskunft. Insofern ist es unklar, ob der AG meinen Klienten bei der KTGV anmeldet.
Meine Fragen:
Wie kann sichergestellt werden, dass der AG meinen Klienten bei der KTGV anmeldet?
Wie kann der Klient zu seiner Lohnzahlung kommen, wenn der AG diese nun verweigert?
Wer ist vorleistungspflichtig, wenn es zu einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung kommt? (Bei Konkurs ist gemäss Internet-Recherchen die ALK zuständig).
Besten Dank für Ihre Antwort und freundliche Grüsse
Maria Egli
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
Sehr geehrte Frau Egli
Gerne beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:
Aufgrund des geschilderten Sachverhaltes steht fest, dass die Kündigung nichtig ist und somit das Arbeitsverhältnis weiterbesteht. Ihr Klient ist offensichtlich arbeitsunfähig. Daraus folgt, dass er zumindest während der in Art. 324a OR vorgesehenen Dauer Anspruch auf Lohnfortzahlung hat. Falls im Arbeitsvertrag eine längere Lohnfortzahlungsdauer bzw. eine Taggeldversicherung vereinbart wurde, besteht der entsprechend längere Anspruch. Falls die Taggeldversicherung – z.B. mangels Anmeldung durch die Arbeitgeberin – ihre Leistungen nicht erbringt, so muss die Arbeitgeberin die entsprechenden Leistungen erbringen.
Falls die Arbeitgeberin ihre Lohnzahlungspflichten nicht erfüllt, so ist zu empfehlen, gegen den Arbeitgeber umgehend die Betreibung einzuleiten bzw. dies dem Arbeitgeber vorerst anzudrohen. Sobald der Name der Taggeldversicherung in Erfahrung gebracht werden kann, ist Forderung auf Taggeldleistungen direkt an den Taggeldversicherer zu stellen. Der versicherte Arbeitnehmer hat gegenüber der Taggeldversicherung ein selbständiges Forderungsrecht.
Noch ein wichtiger Hinweis: Sofern ihr Klient wieder arbeitsfähig wird, muss er gegenüber dem Arbeitgeber unbedingt seine Arbeitskraft anbieten, denn das Arbeitsverhältnis ist ja noch nicht rechtmässig gekündigt und besteht folglich weiter. Wenn der Arbeitgeber auf die Arbeitsleistung verzichtet und wenn das Arbeitsverhältnis weiterhin fortbesteht, so ist die Arbeitgeberin im sogenannten Arbeitgeberverzug nach Art. 324 OR und schuldet trotz fehlender Arbeitsleistung den Lohn.
Zur Situation bezüglich der Arbeitslosenversicherung: Gemäss Art. 29 Abs. 1 AVIG richtet die Arbeitslosenkasse bei Zweifeln über das Vorhandensein oder die Erfüllung von Ansprüchen der Versicherten gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber (z.B. nicht Einhalten der Kündigungsfrist), den versicherten Personen die Arbeitslosenentschädigung aus. Im Umfange dieser Auszahlung tritt die Arbeitslosenkasse in die Forderungen, die sich aus dem Arbeitsvertrag ergeben, ein. Sie ist verpflichtet, diese beim früheren Arbeitgeber schriftlich und eingeschrieben geltend zu machen.
Die Versicherten müssen aber vorerst ihre Ansprüche selbst geltend machen, ansonsten die Arbeitslosenkasse infolge Verzichts nicht in die Forderung eintreten kann.
Auch gegenüber der Arbeitslosenversicherung ist also wichtig, dass Ihr Klient gegenüber dem Arbeitgeber seine Forderungen geltend macht. Wichtig ist weiter der Hinweis, dass Ihr Klient, will er Arbeitslosenversicherungsleistungen beziehen, vermittlungsfähig sein muss. Er vorübergehende Arbeitsunfähigkeit steht der Vermittlungsfähigkeit nicht entgegen, wenn die Arbeitsunfähigkeit aber länger dauert, fehlt es an der Vermittlungsfähigkeit.
Genügen Ihnen diese Auskünfte? Mit Dank für die Kenntnisnahme und besten Grüssen
Kurt Pärli
Sehr geehrter Herr Pärli
Besten Dank für Ihre prompte hilfreiche Rückmeldung.
Freundliche Grüsse
Maria Egli