Guten Tag
Meine Frage betrifft Lohnfortzahlung bei Krankheit bei einer Frau, die seit November 2016 als Mitarbeiterin auf Abruf (mit Stundenlohn) angestellt ist und dadurch unregelmässig einige Stunden pro Woche Einsätze hat. Aufgrund ihrer Schwangerschaft konnte sie bereits während der Probezeit und auch danach gewisse Einsätze nicht wahrnehmen. Das Arbeitsunfähigkeitszeugnis weist jedoch nicht eine langfristige Krankschreibung aus und zurzeit ist sie wieder im Einsatz. Ich bin in der Rolle als Arbeitgeberin (Vereinsvorstand) und frage mich, ob die Mitarbeiterin in dieser Situation Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Krankheit hat und wie sich dieser berechnet. Ich danke Ihnen für Ihre Rückmeldung und grüsse Sie
Mirjam Würsch
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
Sehr geehrte Frau Würsch
Gerne beantworte ich Ihre Frage (mit etwas Verspätung) wie folgt:
Vorab gehe ich davon aus, dass der Verein keine Krankentaggeldlösung kennt bzw. dass die im Stundenlohnbeschäftigte Person nicht im Kollektivkrankentaggeldversicherungsvertrag integriert ist. Für die Feststellung eines allfälligen Lohnanspruches gelten demnach die allgemeinen Regeln des OR.
Massgebend ist Art. 324a OR, demnach besteht Anspruch auf Lohnfortzahlung, namentlich dann, wenn eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Der Anspruch besteht "auf den darauf entfallenden Lohn", das heisst, ein Arbeitnehmer ist während der Krankheitsphase so zu stellen, wie wenn er gearbeitet hätte.
Die Dauer der Lohnfortzahlung hängt von der Anzahl Dienstjahre ab (1. Dienstjahre 3 Wochen, dannach je nach anwendbarer Sklala).
Schwangerschaftsbedingte Arbeitsunfähigkeit stellt ebenfalls einen Grund für die Lohnfortzahlung dar.
Die Pflicht zur Lohnfortzahlung besteht erst, wenn ein Arbeitsverhältnis drei Monate gedauert hat bzw. für mehr als drei Monate eingangen ist. Dies hat zur Folge, dass während der Probezeit keine Lohnfortzahlung geschuldet ist.
Die Schwierigkeit bei Arbeitsverhältnissen mit Arbeit auf Abruf besteht nun darin, im Krankheitsfall den "darauf entfallenen Lohn" zu berechnen. Sinnvollerweise wird doch in einem Fall wie dem vorliegenden wie folgt vorgegangen:
Arbeitnehmer ist seit 1.11.2016 beim Verein X. angestellt, sie ist also im ersten Dienstjahr. Für das ganze erste Dienstjahr hat sie maximal drei Wochen Lohnfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit zu gute.
Während der Probezeit bestand kein Anspruch auf Lohnfortzahlung, also führte die schwangerschaftsbedingte Arbeitsunfähigkeit während der Probezeit nicht zu einer Lohnfortzahlung, die Phase nach der Probezeit allerdings schon.
Wie berechnet sich jetzt der Lohnersatz? In Analogie zur Unfallversicherung ist in solchen Situationen auf den Durchschnittsverdienst zurückzugreifen, idealerweise auf den Durchschnitt der letzten zwölf Monate, was vorliegend natürlich schwierig ist, man kann aber den Lohnausfall auch auf der Basis der in den vergangen z.B. 3-4 Monaten und vermutlich während der künftigen 8-9 Monate erzielten Verdienst berechnen.
Z.B: Arbeitnehmerin hat von November bis Februar durchschnittlich 10 Std. pro Monate gearbeitet, in den Monaten März bis Oktober würde sie vermutlich ca. 16 Stunden pro Monat arbeiten = durchschnittlich 14.5 Std. pro Monat à z.B. 30.-- CHF = 435. CHF . Wenn die Arbeitnehmerin nun z.B. im April und Mai je eine Woche krank war, dann ist ihr Anspruch auf Lohnausfall so:
April, Probezeit vorbei, Anspruch besteht, Höhe, durchschnittlicher Lohn, also ca 1/4tel von 435.--
Mai, dito
Wenn in der Zeitspanne bis zum 31.10.2017 die drei Wochen Lohnfortzahlung "konsumiert" sind und weitere Krankheitsfälle anfallen, dann schuldet die Arbeitgeberin keinen Lohnausfall mehr. Im zweiten Dienstjahr einsteht ein neuer Anspruch je nach Skala: http://www.andras.ch/infos/krankentaggeldversicherung/
Genügen IHnen diese Auskünfte?
Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen
Kurt Pärli
Guten Tag Herr Pärli
Ich danke Ihnen für die Antwort. Ich ging davon aus, dass alle Mitarbeitenden dem Kollektivkrankentaggeldvertrag angehängt sind und kein Unterschied gemacht wird zwischen Festangestellten mit Monatslohn und Festangestellten mit Stundenlohn. Üblicherweise bezahlt die KTG-Versicherung jedoch erst nach 1 oder 2 Monaten, was in Bezug auf die Berechnung der 3 Wochen Lohnfortsatz ja dann nicht relevant ist. Ich werde aber jetzt noch genau klären, wie es aussehen würde, wenn sie tatsächlich für längere Zeit AUF wäre. Allenfalls komme ich nochmals auf Sie zu. Freundliche Grüsse
Mirjam Würsch