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Kapitalbezug BVG

Veröffentlicht:
05.07.2018
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Guten Tag
Frau X. wurde von der IV eine 3/4-Rente zugesprochen. Die Berechnung ist gemäss der gemischten Methode erfolgt. Im Einkommensvergleich ist ein IV-Grad von 100% ermittelt worden. Die Pensionskasse hat angekündigt, dass kein Rentenanspruch besteht, da bei der Aufnahme ein Vorbehalt für die psychische Erkrankung gemacht wurde. Kann Frau X. nun ihr PK-Kapital beziehen, obwohl sie nur eine 3/4-IV-Rente hat?
Besten Dank für Ihre Rückmeldung.
Kathrin Kayser

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Sehr geehrte Frau Kayser
a) Wichtig ist in diesem Fall zunächst, dass die Zulässigkeit und die Folgen des behaupteten reglementarischen Vorbehalts genau geprüft werden. Dafür muss das Reglement konsultiert und ausgelegt werden, bzw. die weitere Akten, aus denen sich angeblich ein Vorbehalt ergeben soll.
Dabei gilt Folgendes:
Im Bereich der obligatorischen Leistungen der beruflichen Vorsorge ist ein Gesundheitsvorbehalt, z.B. bezüglich psychischer Leiden für die Risiken Invalidität und Tod nicht zulässig (vgl. BGE 115 V 223).
Hingegen sind solche Vorbehalte grundsätzlich möglich für allfällige überobligatorische Leistungen der Vorsorgeeinrichtung (vgl. Art. 331c OR). Dieser Vorbehalt kann für höchstens fünf Jahre abgeschlossen werden, gilt also nur, wenn innert fünf Jahren nach Eintritt in die Vorsorgeeinrichtung das entsprechende ausgeschlossene Leiden eintritt oder eintrat, das später zu Leistungen führt.
Die Formulierung im Reglement ist auch relevant, ob und inwieweit ein Vorbehalt (für die überobligatorischen Leistungen) dauernd gilt oder ev. nur bis zum Ablauf der fünf Jahre.
Im Weiteren ist die konkrete Formulierung des Vorbehaltes für dessen Geltungsbereich gut zu beachten.
b) Die angesparten Kapitalien bei einer Pensionskasse können bei einer Teilinvalidität oder auch bei einer vollen Invalidität, die nicht zu einer Leistung der Pensionskasse führen, NICHT bezogen werden. Eine Ausnahme besteht nur gemäss Art. 37 Abs. 4 oder 5 BVG, wenn im Reglement bei Anspruch auf eine BVG-IV-Rente eine Kapitalabfindung vorgesehen wäre.
In Ihrem Fall dürfte ein solcher Anspruch aber, falls die Angaben zum Vorbehalt stimmen, schon daran scheitern, dass gar kein Anspruch auf eine BVG-IV-Rente besteht. Auch insoweit ist das Reglement beachtlich.
Anders sieht es aus bezüglich Freizügigkeitsleistungen (die entstehen nach Austritt aus der Pensionskasse) und bezüglich der Mittel auf eine Freizügigkeitskonto oder auf einer Freizügigkeitspolice. Für den Fall der Invalidität gilt dabei, dass entweder für diesen Fall Versicherungsleistungen in einer Vorsorgepolice vorgesehen sind (dann sind die Freizügigkeitspolicen meist bei Versicherungen vorgesehen) im Sinne von Art. 10 Abs. 2 FZV.
Oder es besteht ein Freizügigkeitskonto OHNE Versicherungsschutz bei Invalidität. Für diese Formen der Freizügigkeitsleistungen gilt gemäss Art. 16 Abs. 2 FZV, dass nur bei einer vollen IV-Rente, also einem IV-Grad über 70%, ein Vorbezug möglich ist.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Prof. Peter Mösch Payot