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Hinterlassenenrenten nach Suizid

Veröffentlicht:
07.12.2021
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Guten Tag Hr. Mösch, 

Ein 40-Jähriger Mann suizidierte sich kürzlich im Rahmen einer depressiven Entwicklung und hinterlässt eine Ehefrau und drei Kinder. 

Gibt es summarisch betrachtet Umstände, die eine Kürzung oder Ablehnung von Hinterlassenenleistungen nach UVG oder AHVG  (1. Säule), bei PK-Renten (2. Säule) oder bei der Vorsorge der 3. Säule zur Folge haben können? z.B. bei einem geplanten Suizid.

Gehe ich richtig in der Annahme, dass bei einem Suidzid im Affekt sich primär die Frage stellt, ob die Hinterlassenenrenten gemäss UVG oder AHVG ausbezahlt werden müssen?

Besten Dank für ihre grobe Einschätzung.

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Guten Tag!

Im AHVG und in der obligatorischen beruflichen Vorsorge sind die Hinterlassenenleistungen unabhängig davon zu gewähren, was die Ursache des Todes ist.

In der überobligatorischen beruflichen Vorsorge oder auch bei Lebensversicherungen, bzw. Risikoversicherungen im Rahmen der Säule 3a kann reglementarisch bei Suizid eine Leistung eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

Im Bereich der Unfallversicherung gilt, dass die Unfallversicherung (nach UVG) nur in zwei Konstellationen Hinterlassenenleistungen zu erbringen hat (Art. 37 Abs. 1 UVG und Art. 48 UVV):

a) Im Fall, dass der  Suizid beweisbar in einem  Zustand begangen wurde, in dem die Fähigkeit zum vernunftgemässen Handeln fehlte, also im Zustand der Urteilsunfähigkeit (Art. 48 UVV)

b) Im Fall, dass der Suizid eine kausale Folge eines Unfalles ist. Zum Beispiel dann, wenn der Suizid wegen heftiger Dauerschmerzen, die auf einen Unfall zurückzuführen sind, erfolgt, Vgl. dazu BGE 120 V 355f.

Wird die Unfallversicherung leistungspflichtig, so kommen die Koordinationsnormen gemäss Art. 66 Abs. 2 ATSG zur Anwendung. Es besteht eine Überentschädigungsgrenze bei 90% des versicherten Verdienstes, bzw. des mutmasslich entgangen Verdienstes (des Verstorbenen). Wobei im ersten Rang die AHV, dann die Unfallversicherung und schliesslich das BVG Leistungen gewährt. 

Wenn die Hinterlassenen mit Anspruch nach UVG gleichzeitig Anspruch auf Hinterlassenenrenten der AHV haben, so wird ihnen gemeinsam eine Komplementärrente gewährt; diese entspricht - in Abweichung von Art. 69 ATSG - der Differenz zwischen 90 % des versicherten Verdienstes und den Renten der AHV; Obergrenze bildet jedoch der Normalanspruch gemäss Art. 31 Abs. 1 UVG.

Ich hoffe, das dient Ihnen.

Prof. Peter Mösch Payot