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Hilflosenentschädigung

Veröffentlicht:
16.08.2017
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Guten Tag,
wir betreuen eine Familie in der Sozialhilfe, wo eine erwachsene behinderte Tochter IV, EL und eine Hilflosenentschädigung bekommt. Die Eltern leisten die Unterstützung im Alltag für die Tochter.
Muss die behinderte Person als Arbeitgeber angemeldet werden und ist die Einnahme aus der Hilflosenentschädigung AHV-pflichtig? Die Einnahme würde dann als Lohn im Sozialhilfebudget der Eltern angerechnet werden. Dies zieht wiederum einen Einkommensfreibetrag nach sich. Ist diese Annahme richtig?
In der Sozialhilfe gibt es die Regelung der Berechnung der Haushaltsenentschädigung. Diese Einnahmen werden auch nicht als AHV-pflichtiges Einkommen deklariert. Wäre es möglich die Hilflosenentschädigung als Haushaltsentschädigung im Sozialhilfebudget der Eltern einzuberechnen?
Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Beste Grüsse
Sabine Bauer

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Sehr geehrte Frau Bauer.
Gerne beantworte ich Ihre Anfrage.

  1. Die Hilflosenentschädigung (HE) dient der betroffenen Person zur Deckung der Mehrkosten, die ihr wegen ihrer Behinderung entstehen.
    Eine Hilflosigkeit liegt dann vor, wenn die betroffene Person aufgrund einer gesundheitlichen Beeinträchtigung für alltägliche Lebensverrichtungen dauernd auf die Hilfe Dritter angewiesen ist oder der dauernden persönlichen Überwachung bedarf.
    Die Hilflosenentschädigung ist für die Finanzierung dieser Dritthilfen bestimmt. Sie steht primär der anspruchsberechtigten Person zu und steht unter deren Verwaltung.
    Unter Umständen ist über eine Beistandschaft zu gewährleisten, dass die Person in der Lage ist, über die Pflege einen Vertrag, z.B. mit den Eltern abzuschliessen.
  2. Ob die Eltern oder andere Angehörige für Begleitung, Betreuung, Kost und Logis ein Entgelt verlangen wollen und in welcher Höhe ist Verhandlungssache zwischen Betreutem (eventuell unter Einbezug von dessen Beistand) und den Eltern und ist in einem Betreuungsvertrag zu regeln. Darin sind auch Arbeitsleistungen auszuweisen, die zur Hilfe und Unterstützung bei den alltägliche Lebensverrichtungen dienen. Die Höhe der Entschädigung ist zu vereinbaren. Man kann sich dabei zum Beispiel an Empfehlungen der Pro Infirmis oder der Procap richten. Für analoge Fragen der Betreuung von Senioren bestehen auch Unterlagen im Internet bei der Budgeberatung, siehe www.budgetberatung.ch/Betreuung; Stichwort Betreuung Senioren. Weitere Informationen und Vertragsvorlagen können bei den Behindertenorganisationen wie Pro Infirmis, Procap oder Insieme erfragt werden.
    Die betreute Person kann dann auch die Hilflosenentschädigung bei Bedarf für diese Leistungen verwenden.
  3. Das Entgelt für selbständige oder unselbständige Tätigkeit der Eltern ist dann im Rahmen der Betreuung ist AHV-pflichtig und untersteht auch der UVG-Pflicht. Anteile an Kost und Logis stellen kein Einkommen dar, sie ersetzen Auslagen. Auch wenn das Entgelt andere Auslagen ersetzt, und nicht Erwerbstätigkeiten entlöhnt, besteht insoweit keine AHV-Pflicht.
    Ich rate Ihnen und den Eltern, sich bei der Ausgleichskasse zu erkundigen. Die Arbeit der Eltern muss auf Erwerb ausgerichtet sein. Das kann nur anhand der im Betreuungsvertrag vereinbarten Einnahmen (oder anhand einer mündlichen Vereinbarung) geprüft werden, es kommt darauf an, welche Einnahmen Einkommensbestandteile bilden.
    Im Weiteren können die Eltern unter Umständen Betreuungsabzüge bei den Steuern geltend mahcen und Betreuungsgutschriften bei der AHV-Ausgleichskasse anrechnen lassen.
    Es ist zusammengefasst zu raten, dass die Eltern sich für den Abschluss eines solchen Betreuungs- vertrages bei einem Behindertenverband generell beraten lassen.
  4. Falls für die Betreuung ein Entgelt geleistet wird ist dies im Sozialhilfebudget der Eltern einzurechnen. Eventuell können auch Auflagen gemacht werden, dass vertraglich ein solches Entgelt vereinbart wird.
  5. Für das Sozialhilfebudget der behinderten Person gilt, dass die HE im Prinzip als Einnahme einzurechnen ist. Es ist aber die Zweckbestimmung der HE zu beachten. Das heisst: Werden Personen mit Anspruch auf HE durch Familienmitglieder betreut, so ist die HE als Einnahme anzurechnen. Andererseits müssen alle Mehrkosten die im Zusammenhang mit der Behinderung entstehen mittels SIL, krankheits- und behinderungsbedingte Auslagen, C.1.1 SKOS-RL, in die Bedarfsberechnung aufgenommen werden. Das gilt auch dann, wenn die behinderte Person und die Eltern in einem Budget geführt werden.
    Zur Anrechnung der HE mit Beispielen siehe auch noch immer hilfreich Dubacher, von Deschwanden. Wie berücksichtigt man die Hilflosenentschädigung?, in ZeSo 2/2006, Quelle www.skos.ch, besucht am 20.08.2017, sowie Berner-konferenz, Handbuch Sozialhilfe, Stichwort „Hilflosenentschädigung“.
  6. Die Hilflosenentschädigung als Einnahme ist NICHT zu verwechseln mit der Haushalts- entschädigung. Ob und wie eine Haushaltsentschädigung eingerechnet werden kann und soll richtet sich nach den spezifischen Regeln der SKOS, unter anderem bezüglich des Vorhandensein eines Überschusses bei erweitertem Existenzbedarf etc.
    Ich hoffe, das dient Ihnen.
    Peter Mösch Payot

Guten Tag Herr Mösch
besten Dank für Ihre ausführliche Antwort. Wir haben dies sehr geschätzt.
Beste Grüsse
Sabine Bauer