Guten Tag
Anspruch auf einen Geschützten Arbeitsplatz haben i. d. R. ja nur Menschen mit einer (Teil-)IV-Rente.
Wie verhält es sich aber mit einer Familie aus der EU, die in der Schweiz Wohnsitz nimmt?
Der Sohn hat nach dem Recht des Herkunftslandes eine amtliche bestätigte Invalidität und hatte auch dort schon in einer vergleichbaren Institution wie einer Geschützten Werkstatt gearbeitet.
Müsste er jetzt nicht bei der doch im allgemeinen gegebenen Gleichstellung von EU-BürgerInnen zu CH-BürgerInnen im Sozialversicherungsrecht Anspruch auf einen Geschützhten Arbeitsplatz haben - und umgekehrt natürlich auch die Werkstatt auf den entsprechenden Betriebskostenbeitrag?
Zusatzfrage 1:
Einen Anspruch auf Ergänzungsleistungen könnte er aber nicht erwirken, da dieser Anspruch nicht an die amtliche Feststellung einer Invalidität sondern an eine zugesprochene IV-Rente gekoppelt ist - richtig?
Einen solchen Anspruch hätte er erst, wenn er dann im AHV-Alter auf Grund der dann in der Schweiz zurückgeleghten Beitragsjahre eine AHV-Rente erhielte. Und zu dieser könnte er dann natürlich EL beantragen.
Zusatzfrage 2 - Personenfreizügigkeit:
Sofern der junge Mann nicht vermögend ist, könnte er von sich aus keinen Aufenthalt in der Schweiz begründen? D.h. er könnte nur einen Aufenthaltstitel unter Geltend-Machung eines Zusammenhaltes der Familie erwirken, wenn die Eltern den Nachweis erbringen würden, dass sie für seinen Unterhalt aufzukommen in der Lage und Willens wären?
Feundliche Grüsse
Martin Blindow
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Lieber Herr Blindow. Ihre diversen Fragen sind komplex. Und ich bin noch an einigen Abklärungen, insb. bzgl. der das FZA betreffenden Fragen. Und bitte Sie noch um etwas Geduld.
Peter Mösch Payot
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrter Herr Blindow
a) Nach derzeitigem Stand der Rechtsprechung in der CH und des Europäischen Gerichtshofes fallen die Kostenübernahme bzgl. geschützter Werkstätte (in Anwendung des IFEG und nach kant. Recht) nicht unter die Verordnung zu den Sozialversicherungen zum Personenfreizügigkeitsabkommen. Würden sie darunter fallen, so wären die selben Leistungen wie für Personen mit Schweizerischen IV-Renten geschuldet im Sinne des Grundsatzes der Nicht-Diskriminierung.
Bei Personen mit ausländischen Renten aus FZA-Staaten besteht hinsichtlich solchen kantonalen Leistungen für die Betreuung in geschützten Werkstätten etc. kein Anspruch. Da es sich um so genannte Sonderleistungen handelt. Dafür zuständig wäre der Staat, aus dem die IV-Rente stammt. Eine Schweizerische Eingliedungsstätte bzw. die Betroffenen müssten also eine Kostengutsprache bei der entsprechenden Deutschen Stelle beantragen. Und die Schweizerische Institution trägt dabei auch die entsprechenden Koten- und Delkredererisiken. Die Informationen, die Sie schriftlich vom Kanton Solothurn erhalten haben (die sie mir aus Datenschutzgründen ausserhalb des Forums zugestellt haben), sind korrekt.
b) Hingegen könnte, auch bei bestehen einer ausländischen Rente, ein EL-Anspruch im Sinne einer so genannten rentenlosen EL bestehen. Und zwar ohne spezielle Karenzfrist, weil er aus dem EU/EFTA-Raum stammt und somit weil das FZA und die dazu gehörenden Verordnungen anwendbar sind, insb die Verordnung (EG) 883/04 und der Verordnung (EG) 987/09.
Dafür notwendig ist aber ein gültiger Wohnsitz in der Schweiz (Art. 5 Abs. 1 ELG). Dann eine Anmeldung bei der EL, am besten unter Beilage der ausländischen Rentenverfügung. Die EL-Stelle muss dann der IV-Stelle den Auftrag geben abzuklären, ob auch im Sinne des Schweizerischen Rechts eine Invalidiät vorliegt, welche zu einer IV-Rente berechtigen würde, wenn der Betroffene die Beitragszeit in der Schweiz für die IV-Rente (drei Jahre) erfüllen würde (Art. 4 Abs. 1 lit. d ELG; Art. 36 Abs. 1 IVG).
c) Im Sinne der Personenfreizügigkeit wird eine Wohnsitznahme und ein dauernder Aufenthalt in die Schweiz nur erlaubt an Staatsangehörige der EU/EFTA, die sich als Arbeitskräfte, zur Arbeitssuche, zur Berufsausbildung oder zum Studium in der Schweiz aufhalten wollen und deren Familienangehörige (ungeachtet ihrer Nationalität), wenn sie diese Person begleiten oder nachziehen. Oder dann wenn sie zur Ausübung einer unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige) und deren Familienangehörige (ungeachtet ihrer Nationalität), wenn sie diese begleiten oder nachziehen.
In Ihrem Fall geht es um eine nicht erwerbstätige Person aus einem EU/EFTA-Staat. Hier bräuchte es für einen Aufenthaltstitel den Nachweis über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende finanzielle Mittel zur Sicherung ihrer Existenzgrundlage und der Grundlage für deren Familienangehörige (ungeachtet ihrer Nationalität), wenn sie diese begleiten oder nachziehen. Und zwar genügende Mittel unabhängig von Sozialhilfe und EL.
Das dürfte in Ihrem Fall wohl eher nicht vorliegen. Für weitere Auskünfte insoweit sind die Migrationsämter zuständig.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Prof. Peter Mösch Payot