Sehr geehrter Herr Pärli
Der Sohn einer Klientin (CH) ist aus der Schweiz nach Norwegen gezogen, hat dort ein Kind und ist nicht verheiratet. Er ist Norwegen angemeldet und über die staatliche KK versichert. In der CH ist er abgemeldet. Nun ist der Sohn schwer an Krebs erkrankt und es stellt sich die Frage, ob es eine Möglichkeit gäbe für die Palliativ-Care zurück in die CH zu kommen (evt. mit Partnerin und Kind). Wie lange diese dauern würde ist nicht abschätzbar.
Was sind die Voraussetzungen und wie müsste vorgegangen werden?
Wer würde für die Kosten aufkommen und auf welcher Grundlage?
Könnten Kind und Freundin ihn begleiten?
Besten Dank für Ihre Antwort
Freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Guten Tag!
Die Frage richtet sich nach dem Norwegischen Sozialversicherungs- bzw. Krankenversicherungsrecht.
Der Betroffene hat also die entsprechende Versicherungsdeckung bei einer freiwillig gewählten Behandlung im Ausland mit der dortigen staatlichen Krankenversicherung abzuklären.
Der Inhalt der Regelung gemäss dem norwegischen Recht übersteigt die Möglichkeiten dieses Forums. Es ist aber auf jeden Fall anzunehmen, dass selbst im besten Falle nicht höhere Leistungen übernommen werden als im Inland anfallen würden.
Möglich ist auch, dass seitens des Versicherten eine private Versicherung in Norwegen abgeschlossen wurde, die eventuell entsprechende zusätzliche Kosten für Auslandbehandlungen übernimmt. Auch dies wäre zu klären, ebenso die entsprechende Deckung.
Ich hoffe, das dient.
Prof. Peter Mösch Payot
Besten Dank Herr Mösch.
Gäbe es sozialversicherungsrechtliche Hürden, würde er seinen Wohnsitz von Norwegen in die Schweiz verlegen und dann eine oblig. Grundversicherung abschliessen? Diese müsste dann meiner Ansicht nach für die Leistungen der Palliativ Care im Rahmen der Grundversorgung aufkommen.
Freundliche Grüsse
C. Walser
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Guten Tag!
Gerne ergänze ich meine Antwort:
a) Personen, die in einem EU-Staat oder in einem EFTA Staat (wie Norwegen) einem gesetzlichen Krankenversicherungssystem angehören, haben während eines Aufenthaltes in der Schweiz Anspruch auf medizinisch notwendige Behandlungen, welche nicht bis zur geplanten Rückreise in ihr Heimatland aufgeschoben werden können.
Grundsätzlich müsste es um unvorhergesehene Behandlungen gehen. Allfällige Erweiterungen würden sich aus der Regulierung des norwegischen Krankenversicherungssystems ergeben (siehe Antwort oben).
Sofern und nur wenn ein gültiger Anspruchsnachweis der ausländischen Krankenversicherung vorliegt (Europäische Krankenversicherungskarte oder provisorische Ersatzbescheinigung) werden in der Schweiz Leistungen gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung KVG gewährt.
Übernimmt die Krankenversicherung die Kosten, wenn man sich zum Zweck einer medizinischen Behandlung in die Schweiz begibt, so wird die Bescheinigung S2 ausgestellt. Es ist zwingend für die Kostenübernahme in diesem Fall, eine entsprechende Gutsprache in Norwegen zu erwirken und dann bei der gemeinsamen Einrichtung KVG in der Schweiz einzureichen. Siehe dazu ausführlich die Homepage der gemeinsamen Einrichtung KVG, welcher die Koordination der Leistungssysteme im EU/EFTA-Raum (Freizügigkeitsabkommen) obliegt: https://www.kvg.org/privatpersonen/leistungsfall/
b) Eine Wohnsitznahme in der Schweiz ist für Schweizer Bürgerinnen wie hier jederzeit und ohne Hürden möglich. Sie bewirkt die sofortige Krankenversicherungsunterstellung und Leistungspflicht nach KVG. Eine Krankenversicherung ist grundsätzlich innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt der Einreise eine Krankenversicherung abzuschliessen, damit sich die Leistungspflicht auch auf Kosten erstreckt, die für die ersten drei Monate anfallen. Keine Versicherungsunterstellung würde erfolgen, wenn der Aufenthalt in der Schweiz ausschliesslich wegen der medizinischen Behandlung erfolgen würde.
c) Ich rate vom Vorgehen her, in diesem Fall zuerst bei der dortigen Versicherung wie dargestellt die Bescheinigung S 2 (Kostengutsprache für med. Behandlung im Ausland) erhältlich zu machen und die dafür nötigen Voraussetzungen mit der dortigen Krankenversicherung zu klären. Dies vor allem, wenn tatsächlich nur die Behandlung Grund für den Aufenthalt in der Schweiz ist.
Klappt das nicht, so ist die Wohnsitznahme in der Schweiz eine Möglichkeit. Allerdings sollte sich diese nicht nur auf die Behandlung beziehen, weil ansonsten eventuell die Kostenübernahme der CH-Krankenversicherung abgelehnt würde (Praxis ist uneinheitlich).
Als Indizien der Wohnsitznahme wäre sicher relevant, wenn die ganze Familie in die Schweiz kommt und hier auch eine Wohnung bezieht und sich polizeilich anmeldet. Für den Unterhalt der Familie in der Schweiz kann aber aus dem Krankenversicherungsrecht der Schweiz kein Leistungsanspruch geltend gemacht werden.
Ich hoffe, das dient.
Prof. Peter Mösch Payot