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fristlose Kündigung während Krankheit

Veröffentlicht:
08.01.2019
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Meine Klientin Frau X. ist seit Mai 2018 aufgrund von Rückenbeschwerden krankgeschrieben. Die Arbeitsunfähigkeit betrug in den vergangenen Monaten zwischen von 100 - 25%. Aufgrund der Schmerzen und der unsicheren Situation leidet Frau X. zunehmen auch unter psychischen Beschwerden. Anfangs Dezember ist die Situation mit dem Arbeitgeber eskaliert und Frau X. habe angetönt, dass sie so nicht weiter im Betrieb arbeiten könne. Der Arbeitgeber hat mit ihr mündlich eine Frist vereinbart, bis wann sie sich wieder melden soll. Frau X. hat sich daraufhin für mehrere Tage völlig isoliert, ist nicht zur Arbeit erschienen und hat nicht auf die Anrufe des Arbeitgebers reagiert. Der AG hat ihr daraufhin in einem Schreiben bestätigt, dass die von ihr ausgesprochene fristlose Kündigung akzeptiert werde und ihr per 31.12.18 bereits sämtliche Austrittsunteralgen und ein Arbeitszeugnis zugestellt.

  • Ist diese fristlose Kündigung während der Krankheitschreibung zulässig?
  • Frau X. hat nie schriftlich gekündigt und habe (gemäss ihrer Aussage) auch nie gesagt, dass sie fristlos kündigen wolle. Bei wem liegt die "Beweispflicht?"
  • Wie kann Frau X. weiter vorgehen, wenn sie diese Kündigungsbestätigung nicht akzeptieren will?
    Besten Dank für Ihre Rückmeldung!

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

Sehr geehrte Frau Kayser
Gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Eine Kündigung ist eine einseitige und empfangsbedürftige Willenserklärung. Nach schweizerischem Arbeitsrecht bedarf eine Kündigung (durch die Arbeitnehmerin oder den Arbeitgeber) keine besondere Form, d.h., die Kündigung ist auch mündlich gültig (sofern nicht ein Gesamtarbeitsvertrag oder der Einzelarbeitsvertrag die Schriftform vorschreibt). Wichtig ist, dass eine Kündigung nicht die Zustimmung der Gegenpartei bedarf. Zur Gültigkeit der Kündigung gehört aber, dass die Kündigung vom Adressaten empfangen wurde. Ist streitig, ob eine Partei das Arbeitsverhältnis gekündigt hat, muss diejenige Partei, die aus der Kündigung Rechte ableitet, das Vorliegen der Kündigung beweisen.
Bei Krankheit gilt eine von der Anzahl der Dienstjahre abhängige Sperrfrist (Kündigungsschutz) bei unverschuldeter krankheits- oder unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit (30 Tage im ersten Dienstjahr, 90 Tage im zweiten bis fünften Dienstjahr, 180 Tage ab sechstem Dienstjahr). Jede neue Krankheit oder ein (neuer) Unfall löst eine neue Sperrfrist aus. Wenn jedoch die Krankheiten miteinander zusammenhängen, wird nur eine Sperrfrist gewährt. Eine während dieser Sperrfrist ausgesprochene Kündigung ist ungültig. Diese Sperrfrist gilt aber nur, wenn die Arbeitgeberin kündet. Wenn ein erkrankter Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis durch Kündigung auflöst, ist diese Kündigung ohne Weiteres gültig.
Was bedeuten nun diese rechtlichen Kündigungsregelungen für den vorliegenden Fall? Ihre Klientin hat geltend gemacht, dass Sie so nicht mehr im Betrieb arbeiten könne. Diese Aussage allein ist nicht als Kündigung durch die Arbeitnehmerin zu qualifizieren, da offensichtlich ein Gespräch zwischen der Arbeitgeberin und der Arbeitnehmerin vereinbart wurde. Die Arbeitnehmerin hätte sich dafür melden müssen. Da sie sich nicht gemeldet hat und nicht zur Arbeit erschienen ist, interpretierte die Arbeitgeberin dies als fristlose Kündigung. Es ist nicht abwegig, aus den Umständen zu schliessen, dass die Arbeitnehmerin fristlos künden wollte. Auch die Arbeitgeberin wäre überdies berechtigt gewesen, die fristlose Kündigung auszusprechen (unentschuldigtes Fernbleiben von der Arbeit, Nichteinhalten von Terminen).
Was könnte Ihre Klientin in dieser für sie rechtlich wenig hoffnungsvollen Lage tun? Falls Ihre Klientin ihr Verhalten als krankheitsbedingt belegen könnte und sie insbesondere die Arbeit unverzüglich wieder anbietet, kann versucht werden, die Arbeitgeberin auf diese Weise zum Einlenken zu bewegen. Die Chancen vor Arbeitsgericht schätze ich aufgrund den vorliegenden Informationen als sehr klein ein.
Genügen Ihnen dies Auskünfte? Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen
Kurt Pärli