Frau X. lebt mit ihrem minderjährigen Kind zusammen, sie hat das alleinige Sorgerecht. Der Kindsvater war nie mit der Mutter verheiratet, hat das Kind aber anerkannt. Er bezieht eine IV-Rente; folglich wird für das Kind eine Kinderrente ausgerichtet. Der Vater muss keine Alimenten bezahlen, da er finanziell nicht in der Lage ist dazu.
Frau X. ist erwerbstätig. Die Kosten für die familienextern Kinderbetreuung übernimmt das Sozialamt. Nun ist die Frage aufgetaucht, ob der Sohn Anspruch auf EL zur Kinderrente geltend machen könnte und so auch die Betreuungskosten via EL abgerechnet werden können (gemäss EL Reform ab 2021).
Offenbar hat der Vater selber keinen Antrag auf EL gemacht. Er lebt in einem anderen Kanton und verweigert den Kontakt zur Kindsmutter.
Welche Möglichkeiten hat die Mutter, den EL-Anspruch ihres Sohns geltend zu machen? Welche Ausgleichskasse ist zuständig? Wie verhält es sich, wenn der Kindsvater im Ausland weilt?
Besten Dank für Ihre Rückmeldung!
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrte Frau Kayser
a) Bei der Invalidenversicherung haben Frauen und Männer, denen eine IV-Rente zusteht, für jedes Kind Anspruch auf eine Kinderrente.
Vorausgesetzt wird, dass das Kind im Falle ihres Todes eine Waisenrente der AHV beanspruchen könnte. Für die Anspruchsberechtigung ist somit Art. 25 AHVG analog massgebend (Art. 35 Abs. 1 IVG).
Für Kinder, die noch in Ausbildung sind, dauert der Rentenanspruch bis zu deren Abschluss, längstens aber bis zum vollendeten 25. Altersjahr. Der Bundesrat kann festlegen, was als Ausbildung gilt (Art. 25 Abs. 5 AHVG). Der Bundesrat hat dies mit den Bestimmungen in Art. 49bis AHVV (Verordnung zur AHV) konrketisiert.
Unter anderem gilt gemäss dessen Abs. 3 ein Kind nicht als in Ausbildung, wenn es ein durchschnittliches monatliches Erwerbseinkommen erzielt, das höher ist als die maximale volle Altersrente der AHV.
b) Diese Kinderrente kann bei Minderjährigen an die Inhaberin der elterlichen Sorge ausgerichtet werden, bei der das Kind wohnt. Zu beachten (und im vorliegenden Fall kurz zu prüfen) sind aber abweichende Anordnungen des Scheidungsgerichts oder der KESB. Das gilt so auch für Nachzahlungen. Art. 82 IVV i.V.m. Art. 71ter Abs. 1 und 2 AHVV).
Wird das Kind volljährig, so kann es die Auszahlung an sich selbst verlangen, wiederum unter dem Vorbehalt allfälliger abweichender Anordnungen der KESB oder des Gerichts (Art. 82 IVV i.V.m. Art. 71ter Abs. 3 AHVV).
c) Kinder, für die eine Kinderrente ausgerichtet wird, haben keinen eigenen EL-Anspruch. Die Berücksichtigung des Kindes bei der EL-Berechnung beruht auf dem EL-Anspruch des rentenberechtigten Elternteils. Für Kinder, deren EL gesondert berechnet wird, und die einen Ausgabenüberschuss ausweisen, wird jedoch auch dann ein jährlicher EL-Betrag ausgerichtet, wenn der EL-berechtigte Elternteil die wirtschaftliche Anspruchsvoraussetzung für eine EL selber nicht erfüllt. (Art. 7 Abs. 2 ELV; BGE 141 V 155)
Lebt das Kind wie in Ihrem Fall bei einem Elternteil, der nicht rentenberechtigt ist, so ist die EL für das Kind gesondert zu berechnen, sofern der rentenberechtigte Elternteil Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hat und das Vermögen der Eltern oder des rentenberechtigten Elternteils die Vermögensschwelle nicht übersteigt. Andernfalls besteht gemäss der brandneuen Weisung zum neuen Recht kein EL-Anspruch (WEL, Stand 1.1.2021, 3143.01)
d) Zuständig ist die EL-Stelle/Ausgleichskasse, wo auch der Bezüger der IV-Stammrente wohnt. (WEL, Stand 1.1.2021, 1250.01)
e) Der Anspruch auf EL, auch bzgl. der Kinderrente, kann nicht nur Rentner der Stammrente (also hier dem IV-beziehenden Ehemann geltend gemacht werden. Sondern auch von deren Ehegatten oder Kindern. Der Anspruch kann auch durch den Ehegatten, die Eltern oder Grosseltern, die Kinder oder Enkel oder die Geschwister der versicherten Person geltend gemacht werden. Im Weiteren sind auch andere Personen und Behörden zur Anmeldung befugt, welche eine Unterhaltspflicht gegenüber der Person erfüllen oder in absehbarer Zeit erfüllen werden. Dritte oder Behörden hingegen, welche diese Person nur gelegentlich unterstützen oder ihr nur in bestimmten Belangen beistehen, können nur mit einer Vollmacht des zur Geltendmachung Berechtigten die Ansprüche für sie geltend machen (WEL, Stand 1.1.2021, 1120.01 ff.
f) Der gesondert berechnete EL-Anteil für das Kind wird dann grundsätzlich an dieselbe Person oder Zahlstelle ausgerichtet wie die Kinderrente (WEL, Stand 1.1.2021, 4250.01)
g) Zur Frage des Wohnsitzes des Vaters im Ausland: Für die Gewährung der EL ist der Wohnsitz und der gewöhnliche Aufenthalt des Inhabers der Stammrente (welche der EL zur Kinderrente zu Grunde liegt) in der Schweiz notwendig. Der gewöhnliche Aufenthalt in der Schweiz gilt als unterbrochen, wenn sich eine Person mehr als drei Monate (90 Tage) am Stück oder in einem Kalenderjahr insgesamt mehr als drei Monate (90 Tage) ohne wichtigen Grund im Ausland aufhält. Hat der Betroffene eine Staatsangehörigkeit, bei der für den EL-Bezug eine Karenzfrist zu erstehen ist, so würde diese neu zu laufen beginnen, bevor wieder ein EL-Anspruch entsteht; auch bzgl. der Kinderrente (Art. 4 Abs. 3 ELG; Art. 1 Abs. 1 ELV; WEL, Stand1.1.2021, 2310.01ff.).
h) Hinsichtlich der Anrechnung der Kosten für die familienergänzende Kinderbetreuung sind die besonderen Voraussetzungen zu beachten. Insb. die Notwendigkeit wegen der Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils, oder wenn die Betreuung aus Kindes aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich erscheint (vgl. Art. 16e ELV; WEL, Stand 1.1.2021, 3294.01ff.)
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Peter Mösch Payot