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Dauer der Probezeit und Kündigungsfrist

Veröffentlicht:
01.06.2017
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Sehr geehrter Herr Pärli,
meine Klientin arbeitet seit dem 1.2.17 mit 3-monatiger Probezeit gemäss Arbeitsvertrag bei ihrem neuen Arbeitgeber. Am 18.4. also während der Probezeit ist sie zu 100 % erkrankt. Gem. OR Art. 335 b Abs. 3 hätte der Arbeitgeber das Recht, die Probezeit zu verlängern (um ca 14 Tage). Dies hat er meiner Klientin aber nicht schriftlich mitgeteilt. Vor etwas mehr als 1 Woche nun erhielt sie die Kündigung mit 1 Wo. Kündigungsfrist, begründet, dass dies während der Probezeit sei. Ich bin der Ansicht, dass dies nicht ganz korrekt ist. Selbst wenn sich die Probezeit um 14 Tage verlängert hätte, also bis ca. 15. Mai, wäre eine Kündigung nach dem 20. Mai definitiv nicht mehr in der Probezeit und daraus ergäben sich die üblichen regulären Ansprüche der Lohnfortzahlung etc.
Wie beurteilen Sie diese Situation? Besten Dank für Ihre Rückantwort und freundliche Grüsse
Anja Keller

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

Sehr geehrte Frau Keller
Entschuldigen Sie vorerst die lange Bearbeitungszeit, Ihre Anfrage ist irgendwie untergegangen.
Art. Art. 335b beinhaltet drei Absätze:
1 Das Arbeitsverhältnis kann während der Probezeit jederzeit mit einer Kündigungsfrist von 7 Tagen gekündigt werden; als Probezeit gilt der erste Monat eines Arbeitsverhältnisses.
2 Durch schriftliche Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag können abweichende Vereinbarungen getroffen werden; die Probezeit darf jedoch auf höchstens 3 Monate verlängert werden.
3 Bei einer effektiven Verkürzung der Probezeit infolge Krankheit, Unfall oder Erfüllung einer nicht freiwillig übernommenen gesetzlichen Pflicht erfolgt eine entsprechende Verlängerung der Probezeit.
Bei Ihrer Klientin haben die Parteien von Art. 335b Abs. 3 OR Gebrauch gemacht und haben schriftlich vereinbart, dass die Probezeit drei Monate dauern soll und nicht nur einen, wie es in Abs. 3 vorgesehen ist.
Art. 335b Abs. 3 OR regelt den Fall der Verlängerung der Probezeit u.a. wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Die Verlängerung der Probezeit tritt von GEsetzes wegen ein, es braucht dafür keine schriftliche Vereinbarung oder Mitteilung (Das Schriftformerfordernis bezieht sich nur auf Art. 335b Abs. 2 OR.
Wenn Ihr Klientin aber nur 14 Tage krank war, dann befindet sie sich mitte Mai nicht mehr in der Probezeit und es gilt die ordentliche Kündigungsfrist nicht die verkürzte Frist während der Probezeit. Wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben, beträgt die ordentliche Kündigungsfrist im ersten Dienstjahr einen Monat, auf das Ende eines Monats, d.h., das Arbeitsverhältnis kann erst auf Ende Juni aufgelöst warden.
Genügen Ihnen diese Auskünfte?
Mit Dank für die Kenntnisnahme und besten Grüssen
Kurt Pärli

Sehr geehrter Herr Pärli,
besten Dank für Ihre Antwort. Da meine Klientin seit dem 18.4. ununterbrochen krank war, bis zum Zeitpunkt der Kündigung (26.5.) gilt dies wohl als Kündigung während der Probezeit. Somit können wir daraus keine Ansprüche ableiten. Dies würde auch bedeuten, dass die Krankentaggeldversicherung, mit 1 Jahr Wartezeit auch ab 18.4.18 nicht zum Tragen kommen würde, falls meine Klientin dann noch krank wäre?
Wenn Sie zu dieser Fragestellung nochmals Stellung nehmen können, wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Freundliche Grüsse
Anja Keller