Sehr geehrter Herr Mösch
Die Ehe meiner Kl. mit Jahrgang 1959 wurde 2007 geschieden, sie hatten fünf gemeinsame Kinder, Ehedauer 28 Jahre.
Der Ehemann mit Jahrgang 1955 bezog bereits bei der Scheidung eine Teil-IV-Rente und BVG-Invalidenrente. In der genehmigten Scheidungsvereibarung steht: "Herr D. ist grundsätzlich verpflichtet, einen nachehelichen Unterhaltsbeitrag bis zum Erreichen des eigenen Rentenalters zu bezahlen. Zurzeit besteht die monatliche Unterhaltsrente in Form der IV-Ehegattenzusatzrente von Fr. 227.-, welche der Ehefrau direkt überwiesen wird. Im Falle einer Aufhebung der IV-Berentung wird der Ehegattenunterhalt neu zu bestimmen sein".
Der Ex-Ehemann ist im Juni 2018 verstorben und meine Kl. erhält deshalb eine AHV-Witwenrente. Der Ex-Ehemann erhielt bis zu seinem Tod die vorherigen IV-Renten, es gab nie eine Neuberechnung der Unterhaltsbeiträgen.
Sollte meiner Kl. nach Ihrer Ansicht aufgrund von Art. 20 BVV2 auch eine BVG-Witwenrente zugesprochen werden können?
Freundliche Grüsse
G. Heeb
Soziale Dienste Brügg
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrter Herr Heeb
Art. 20 BVV2 Abs. 1, 3 und 4 lauten, in Ergänzung von Art. 19 Abs. 3 BVG und Art. 19a BVG, folgendermassen:
1 Der geschiedene Ehegatte ist nach dem Tod seines früheren Ehegatten der Witwe oder dem Witwer gleichgestellt, sofern:
a.die Ehe mindestens zehn Jahre gedauert hat; und
b. dem geschiedenen Ehegatten bei der Scheidung eine Rente nach Artikel 124e Absatz 1 oder 126 Absatz 1 ZGB zugesprochen wurde.
3 Der Anspruch auf Hinterlassenenleistungen besteht, solange die Rente geschuldet gewesen wäre.
4 Die Hinterlassenenleistungen der Vorsorgeeinrichtung können um den Betrag gekürzt werden, um den sie zusammen mit den Hinterlassenenleistungen der AHV den Anspruch aus dem Scheidungsurteil oder dem Urteil über die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft übersteigen. Hinterlassenenrenten der AHV werden dabei nur so weit angerechnet, als sie höher sind als ein eigener Anspruch auf eine Invalidenrente der IV oder eine Altersrente der AHV.
Neben der mind. 10jährigen Ehedauer vor der Scheiung ist eine der Voraussetzungen für eine Hinterlassenenrente für eine geschiedene Ehegattin alos, dass eine Rente nach Art. 124e Abs. 1 ZGB oder nach Art. 126 Abs. 1 ZGB bei der Scheidung zugesprochen wurde.
Eine Rente nach Art. 124e Abs. 1 ZGB kann – an Stelle einer Kapitalabfindung – zugesprochen werden, wenn ein Vorsorgeausgleich aus Mitteln der beruflichen Vorsorge bei der Scheidung gar nicht möglich ist. Und die andere Variante einer Rente nach Art. 126 Abs. 1 ZGB liegt vor, wenn bei der Scheidung ein nachehelicher regelmässiger Unterhalt in Rentenform (und nicht als Kapitalabfindung) festgelegt wird (vgl. zu den Voraussetzungen eines solchen Anspruchs eines nachehelichen Unterhalts Art. 125 ZGB)
In Ihrem Fall wurde gemäss dem Scheidungsurteil ein solcher nachehelicher Unterhalt festgelegt. Vor diesem Hintergrund gehe ich davon aus, dass in casu auch eine BVG-Wittwenrente zu gewähren ist.
Es ist zu beachten, dass diese gemäss Art. 20 BVV2 nur so lange gewährt wird, als auch der Unterhalt im Überlebensfall geschuldet gewesen wäre.
Das ist vorliegend gemäss dem Scheidungsurteil der Fall bis das der Ehemann das Rentenalter erreicht hat. Also bei Jahrgang 1955 das Jahr 2020. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfte nach meiner Ansicht auch eine Wittwenrente für die geschiedene Ehefrau geschuldet sein.
Im Weiteren sind für einen allfälligen Anspruch über dem BVG-Minimum (also für überobligatorische Hinterlassenenleistungen) die Bestimmungen im PK-Reglement zu beachten, welche für den Anspruch über dem Obligatorium engere oder grosszügigere Voraussetzungen vorsehen können.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Prof. Peter Mösch Payot