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Befreiung von den Radio- und Fernsehgebühren für Gehörlose

Veröffentlicht:
11.09.2018
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Sehr geehrter Herr Mösch
Sehr geehrter Herr Schillinger
Meine Frage betrifft die Regelung rund um die Befreiung von den Radio- und Fernsehgebühren, insbesondere den nachfolgenden Sachverhalt:
Wenn in einem Mehrpersonenhaushalt eine Person zusätzlich zu ihrer IV- oder AHV-Rente Ergänzungsleistungen des Bundes erhält, kann diese Person ein Gesuch um Befreiung von den Gebühren stellen. Wird das Gesuch gutgeheissen, gilt die Befreiung für den Haushalt und somit für alle Personen und Geräte.
Lebt eine gehörlose Person alleine in einem Haushalt, kann sie sich ebenfalls von den Gebühren befreien lassen. Lebt die gehörlose Person allerdings mit Hörenden zusammen, kann sie sich nicht von den Gebühren befreien lassen.
Ich schließe daraus, dass sich die Gebührenbefreiung einer gehörlosen Person nicht auf den ganzen Haushalt übertragen lässt?
Das würde heissen, dass wenn nun eine hörende Person zu einer gehörlosen Person zieht, welche von der Gebühr befreiten ist, die Befreiung entfällt und der Haushalt ist wieder verpflichtet ist Gebühren zu zahlen?
Besten Dank für Ihre Rückmeldung und freundliche Grüsse.
Anja Wegmüller, BFSUG AGSO

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Sehr geehrte Frau Wegmüller

  1. Die Regelung der Befreiung von der Radio- und Fernsehgebühr richtet sich ab 1.1.2019 nach dem 2016 revidierten Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG; SR 784.40).
    Übergangsweise gelten hingegen für das laufende Jahr 2018 noch die alten Regeln (vgl. Art. 109b RTVG). Gemäss Art. 68 Abs. 6 (altes) RTVG und Art. 63 und Art. 64 RTVV waren und sind unter anderen noch bis Ende Jahr auf Gesuch hin Empfänger einer EL ab Gesuchstellung und stark Pflegebedürftige (ab Stufe Fünf) in Pflegeheimen von Gesetzeswegen von der Gebühr befreit.
    Ab 1.1.2019 gilt gemäss Art. 69b RTVG, dass Personen, die jährliche Ergänzungsleistungen gemäss ELG erhalten sich auch weiterhin von den Gebühren befreien können. Neu erfolgt die Befreiung rückwirkend auf den Beginn des Bezugs der EL, längstens fünf Jahre vor Eingang des Gesuchs bei der Erhebungsstelle.
    Im Falle der Befreiung wegen des Bezugs von EL entfällt die Gebühr für den gesamten Haushalt (Art. 69b Abs. 3 RTVG), auch dann, wenn Personen mit im Haushalt wohnen, die an sich abgabepflichtig wären.
    Im Weiteren gilt, dass Personen, die in einem Kollektivhaushalt leben, zum Beispiel in einem Alters- und Pflegeheim, Erziehungsheim oder Studentenwohnheim, keine individuellen Abgaben für ihre privat genutzten Räume mehr schulden, weil die Abgabe auf dem Kollektivhaushalt erhoben wird (Art. 69c RTVG).
    Art. 61 Abs. 4 der Verordnung zum RTVG bestimmt darüber hinaus neu, dass taubblinde Personen von der Abgabe befreit sind, wenn demselben Privathaushalt keine abgabepflichtige Person angehört.
    Vor dem Hintergrund dieser Regeln kann ich Ihre Anfrage wie folgt beantworten:
  • Von der Abgabe, unabhängig vom Bezug einer EL, befreit sind taubblinde Personen. Allerdings nur, wenn im selben Haushalt keine abgabepflichtigen Personen leben. Grund dafür ist, dass in diesem Fall jede Nutzung der entsprechenden Medien gar nicht möglich ist.
  • Gehörlose, aber sehende Personen sind nicht von Gesetzes wegen von der Gebühr befreit.
  • Befreit sind aber auch Personen in Kollektivhaushalten wie Heimen, unabhängig von Ihren Gebrechen.
  • Im Übrigen sind auf Gesuch hin EL-BezügerInnen, auch EL-beziehende Gehörlose, befreit. In diesem Fall entfällt die Gebühr für den gesamten Haushalt, auch dann wenn im Haushalt auch Personen leben, die keine EL beziehen.
  1. Weil Ihre Anfrage so aktuell ist, pro Memoria noch ein paar wichtige Informationen zur neuen Abgabe:
    Zu beachten ist, dass gemäss Art. 61 Abs. 2 die Mitglieder eines Haushaltes die Erhebungsstelle informieren müssen, wenn die Voraussetzung für die Befreiung von der Abgabe entfällt. Eine Überprüfuung von Amtes wegen erfolgt gemäss Art. 61 Abs. 1 RTVV alle drei Jahre.
    Verfahrensmässig ist vorgesehen, dass das Gesuch jederzeit von jeder Person, die auf der Rechnung aufgeführt ist und im Haushalt lebt gestellt werden kann. Dabei muss zwingend das vorgesehene amtliche Formular verwendet werden (dieses befindet sich für 2018 auf der Homepage der Billag; ab 2019 ist die Serafe AG zuständig; dort sind die Informationen und wohl auch das Gesuchsformular voraussichtlich ab 1.12.2018 aufgeschaltet).
    Wird das Gesuch innert 30 Tagen ab Rechnungsdatum der Jahresrechnung bzw. der ersten Dreimonatsrechnung einer Abgabeperiode gestellt, so erfolgt die Befreiung bei
    Gutheissung des Gesuchs rückwirkend ab Beginn der betreffenden Abgabeperiode bis
    zu deren Ablauf. Wird das Gesuch später eingereicht, so erfolgt die Befreiung ab dem
    Folgemonat bis zum Ablauf der betreffenden Abgabeperiode. Die Erhebungsstelle
    stellt den volljährigen Personen des Haushaltes eine schriftliche Bestätigung zu. (vgl. Art. 109c Abs. 1 RTVG, Art. 94 RTVV)
    Ich hoffe, das dient Ihnen.
    Prof. Peter Mösch Payot