Guten Tag.
Ich bin sozialhilferechtlich für einen über 30-jährigen Mann zuständig. Er hat sehr kurzfristig eine Lehrstelle bekommen. Dies ist seine erste Grundausbildung. Ich habe ihn angewiesen, sich beim RAV anzumelden für Ausbildungszuschüsse.
Nun hat sich der RAV-Berater gemeldet, dass die Zuschüsse nicht gewährt werden können, da er sich erst nach Abschluss des Lehrvertrags beim RAV angemeldet hat.
In der Ausgabe 2011 "Ein erster Schritt zur Wiedereingliederung - Arbeitsmarktliche Massnahmen" des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement EVD steht, dass beim RAV spätestens 8 Wochen vor Ausbildungsbeginn ein Gesuch zu stellen ist. Sollte das GEsuch ohne entschuldbaren Grund erst nach Beginn der Ausbildung eingereicht werden, so "werden die Leistungen erst ab dem Einreichungsdatum gewährt".
Verstehe ich die richtig, dass er somit doch Anspruch auf die Ausbildungszuschüsse hätte, halt einfach erst ab Einreichungsdatum?
Herzlichen Dank für Ihre Rückmeldung.
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrte Frau Berthold
Gemäss Art. 66a AVIG kann die Versicherung Zuschüsse an eine höchstens dreijährige Ausbildung von Versicherten gewähren, wenn die Betroffenen mindestens dreissig Jahre alt sind und keine abgeschlossene berufliche Ausbildung haben oder aber in ihrem erlernten Beruf erhebliche Schwierigkeiten haben, eine Stelle zu finden. In Ausnahmefällen sind auch jüngere Personen berechtigt.
Formal gilt gemäss Art. 66a Abs. 4 AVIG, dass ein Ausbildungsvertrag vorliegen muss, der ein Ausbildungskonzept und nach Abschluss der Ausbildung ein Zeugnis vorsieht. IN Ausnahmefällen können davon Abweichungen erlaubt werden (AVIG-Praxis AMM F 18 ).
Art. 90a Abs. 7 AVIV sieht vor, dass Gesuche um Ausbildungszuschüsse acht Wochen vor Beginn der Massnahme bei der kantonalen Amtsstelle eingereicht werden müssen. Im Weiteren besagt Art. 90a Abs. 8 AVIV, dass die kantonale Amtsstelle in der Regel innert vier Wochen nach Zustellung des Gesuches ihren Entscheid mitteilt.
Weitere Regelungen für die Anwendung beinhaltet das Kreisschreiben AVIG-Praxis AMM (Stand 1.1.2018 ; siehe https://www.arbeit.swiss/secoalv/de/home/service/publikationen/kreisschreiben---avig-praxis.html) unter F 45.
Dort wird die gesetzliche Regelung bestätigt, dass spätestens acht Wochen vor Beginn der Ausbildung die versicherte Person – unter Mitwirkung des Arbeitgebers - der zuständigen Amtsstelle das Formular «Ge-such und Bestätigung für Ausbildungszuschüsse» einreichen müsse.
Dem Gesuch sind gemäss des Kreisschreibens folgende Dokumente beizulegen: der Lehr- bzw. Ausbildungsvertrag; die Verfügung betreffend eventueller Stipendiengelder und eine Bescheinigung bezüglich der Versicherungsdeckung gegen Lohnausfall bei Krankheit, sofern der Arbeitgeber dieses Risiko nicht schon gedeckt hat.
Im Weitern ist dann in F 45 der AVIG-Praxis Folgendes geregelt:
Reicht die versicherte Person ihr Gesuch ohne entschuldbaren Grund erst nach Beginn der Ausbildung ein, werden ihr die Zuschüsse ab Einreichungsdatum gewährt.
Wird das Gesuch verspätet, aber noch vor Beginn der Ausbildung eingereicht, können AZ dennoch ab Beginn der Massnahme gewährt werden. Allerdings ist damit für die versicherte Person das Risiko verbunden, dass ihr der Entscheid der zuständigen Amtsstelle erst nach Antritt der Ausbildung eröffnet werden kann.
Aus dieser Regelung ergibt sich klar, dass Ausbildungszuschüsse nicht ausgeschlossen sind, wenn die Ausbildung schon begonnen wurde, bevor die Zuschüsse beantragt werden. Dass dann aber die Zuschüsse erst ab Einreichungsdatum gewährt werden können.
Auch findet sich soweit ersichtlich keine Regelung, dass eine Person bereits vor Beginn der Ausbildung beim RAV angemeldet sein müsse.
Ich rate dazu, den RAV-Berater auf diese Bestimmung hinzuweisen und die Ausbildungszuschüsse nochmals geltend zu machen. Im Zweifel kann der RAV-Berater gebeten werden, dass eine entsprechende schriftliche Auskunft bei der KAST (Kantonale Amtsstelle) eingeholt wird. Ein eigentlicher Rechtsanspruch auf AMM besteht aber nicht.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Peter Mösch Payot
Herzlichen Dank Herr Mösch. Dann werde ich diesen Weg bestreiten.
Guten Tag Herr Mösch Payot
Ich beziehe mich noch einmal auf den untenstehenden Fall, den ich Ihnen im September 2018 geschildert habe. Der Klient hat die Ausbildungszuschüsse beantragt, das beco hat diese abgelehnt mit der Begründung, dass keine gültige Rahmenfrist vorliegt.
Gemäss Art. 66a AVIG kann die Versicherung Zuschüsse an die Ausbildung von Versicherten gewähren… Mit diesem Begriff "Versicherten": sind Versicherte gemäss AVIG Personen, mit einer gültigen Rahmenfrist? Wenn ja, macht eine Einsprache gegen den Entscheid keinen Sinn. Wenn aber nicht, werde ich den Klienten unterstützen, eine Einsprache zu erheben, da die gültige Rahmenfrist im Art. 66a AVIG keine Voraussetzungsbedingung ist (ausser eben der Begriff "Versicherte" impliziert dies).
Herzlichen Dank für Ihre Rückmeldung.
Freundliche Grüsse
Mara Berthold
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrte Frau Berthold
Die Voraussetzung für Ausbildungszuschüsse ist die Eigenschaft, als Person bei der ALV versichert zu sein. Im Weiteren besagt Art. 59 Abs. 3 AVIG gilt, dass für die Teilnahme an AMM, u.a. auch für Ausbildungszuschüsse, wenn nichts anderes bestimmt ist, die Anspruchsvoraussetzungen nach Art. 8 AVIG (u.a. auch die Erfüllung der Beitragszeit innerhalb der entsprechenden Rahmenfrist oder die Befreiung davon) erfüllt sein muss.
Eine Ausnahme besteht gemäss Art. 59 Abs. 3bis AVIG nur für über 50jährige, die unabhängig vom Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung an AMM teilnehmen können. Auch insoweit muss aber die Beitragszeit erfüllt sein und eine Rahmenfrist eröffnet werden können.
Die Richtigkeit der Verfügung des beco hängt also davon ab, ob in Ihrem Fall die Voraussetzungen nach Art. 8 AVIG erfüllt sind, insb. ob innerhalb der Rahmenfrist die Beitragszeit erfüllt wurde, oder ob ein Fall einer Befreiung von der Beitragszeit besteht (z.B. einjährige Erkrankung während der letzten zwei Jahre, welche die Erfüllung der Beitragszeit verhindert, vgl. Art. 14 AVIG).
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Peter Mösch Payot
Herzlichen Dank Herr Mösch. Dann werde ich weitere Abklärungen vornehmen.