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Ambulante Massnahmen

Veröffentlicht:
02.04.2025
Kanton:
Bern
Status:
Neu
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag liebes Team 

Wir gelangen mit folgender Anfrage an sie.

Ein junger Erwachsener bezieht eine volle IV und EL. Er ist von einem betreuten Wohnen in eine eigene Wohnung gezogen. Er bezieht über die Institution weiterhin die Tagesstruktur und wird ambulant betreut. Für beide Leistungen entstehen Kosten. Es handelt sich um keine KFSG-Leistungen. Die EL kann diese Leistungen nicht oder nur teilweise decken. Die Sozialhilfe übernimmt nun diese Kosten.

Wie sieht nun der finanzielle Ansatz für den Klienten aus?

Variante a)

Er bezieht normal den Lebensbedarf und die Miete nach den Ansätzen der EL. Die Rechnungen der Institution laufen separat via Sozialhilfe.

Hilfe für lebenspraktische Begleitung wird beantragt. Kann er diese in dieser Konstellation behalten oder muss er die HE zur teilweisen Deckung ambulanten Begleitung einsetzen? Müsste hier ein erweitertes SKOS-Budget gemacht werden, damit er sich mit einem möglichen Überschuss an den Kosten beteiligt?

Variante b)

Der Klient bezieht weiterhin den Grundbedarf und die Miete nach den Ansätzen der Sozialhilfe, die Einnahmen sind abgetreten und im Rahmen der Sozialhilfe werden die Rechnungen der Institution beglichen.

Besten Dank 

Frage beantwortet am

Anja Loosli

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Ich bedanke mich für Ihre Frage, die ich gerne folgendermassen beantworte:

Meiner Ansicht nach ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob die betroffene Person vorliegend im sozialhilferechtlichen Sinn bedürftig ist. Nur wenn dies bejaht werden kann, kann die Sozialhilfe die von der IV und EL nicht gedeckten Kosten bezahlen. Dann ist dies mit einem ordentlichen Sozialhilfebudget zu tun d.h. mit Variante 2.

Bei der Ermittlung, ob die betroffene Person im sozialhilferechtlichen Sinn bedürftig ist, ist im Kanton Bern gemäss SKOS-Richtlinien (SKOS-RL) vorzugehen (Art. 8 Sozialhilfeverordnung [SHV BE]). Gemäss SKOS-RL C.2 besteht dann ein Anspruch auf Sozialhilfeleistungen, wenn jemand nicht in der Lage ist, die materielle Grundsicherung aus eigenen Mitteln rechtzeitig zu decken. Bei der Ermittlung der Bedürftigkeit sind nach lit. a der Erläuterungen zu SKOS-RL C.2 die Ausgaben den Einnahmen gegenüber zu stellen. Nur wenn eine Unterdeckung besteht, ist jemand bedürftig. Als Ausgaben sind dabei der sozialhilferechtliche (und nicht der nach EL) Grundbedarf, die Wohnkosten, die medizinische Grundversorgung, situationsbedingte Leistungen (SIL) und IZU zu berücksichtigen. Im Kanton Bern dürfen bei der Berechnung der Bedürftigkeit diejenigen SIL berücksichtigt werden, die vorhersehbar sind (Art. 8i1 SHV). Als situationsbedingte Leistungen gelten z.B. krankheits- und behinderungsbedinge Auslagen (SKOS-RL C.6.1, Erläuterungen lit. b). Weder in den SKOS-RL noch im Sozialhilfehandbuch der BKSE zu SKOS-RL C.6.1 werden die Betreuungskosten bei einer ambulanten Wohnbegleitung ausdrücklich erwähnt. Meiner Ansicht nach gehören sie aber dazu, wenn es eine Indikation für diese gibt und es keine anderen Leistungserbringer wie die Krankenkasse gibt, die diese Leistungen vollumfänglich bezahlt.  Auf der Einnahmenseite sind sämtliche Einnahmen, das Vermögen und finanzielle Ansprüche zu berücksichtigen. Zu den Einnahmen gehören damit auch IV-Leistungen (d.h. Renten, Taggelder und Hilflosenentschädigung), EL-Leistungen und Prämienverbilligungen.

Ob die betroffene Person vorliegend mit dieser Rechnung bedürftig ist, kann ich nicht abschliessend beurteilen. Kommt die Sozialhilfe nach dieser Rechnung zum Schluss, dass die betroffene Person sozialhilferechtlich nicht bedürftig ist, muss sie die Übernahme der ungedeckten Kosten mittels Verfügung ablehnen. Die betroffene Person muss die Kosten dann aus den vorhandenen Mitteln finanzieren. Wird eine Bedürftigkeit ermittelt, erhält die betroffene Person Unterstützungsleistungen gestützt auf die Ansätze der Sozialhilfe. Die Einnahmen sind – wie oben ausgeführt - grundsätzlich vollumfänglich anzurechnen.

Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen zu können.

Freundliche Grüsse

Anja Loosli Brendebach