Im Rahmen einer freiwilligen Sozialberatung möchten wir gerne untenstehende Frage abklären.
Ein Klient bezieht aktuell Sozialhilfe im Kanton Aargau. Von der IV hat er einen negativen Entscheid, welcher durch eine Beschwerde durch den Anwalt neu geprüft wird.
Die Gemeinde bezahlt die Kosten für Transportkosten (ÖV-Tickets, welche er bezahlt hat) um Arzttermine wahrzunehmen nicht.
Unsere Frage dazu:
Ist die Gemeinde verpflichtet für Transportkosten für medizinisch notwendige Termine im Rahmen der Situationsbedingten Leistungen (SIL) aufzukommen? Auf welche SKOS Richtlinien/Gesetzlichen Grundlagen kann man sich dazu beziehen?
Frage beantwortet am
Melanie Studer
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Vielen Dank für Ihre Frage. In der Tat sind im Kanton Aargau die SKOS-Richtlinien für diese Frage heranzuziehen, da das Sozialhilfe- und Präventionsgesetz, SPG des Kantons Aargau und die dazugehörige Verordnung keine spezifische Regelung zu dieser Frage enthält.
Gemäss den SKOS-Richtlinien sind im Grundbedarf für den Lebensunterhalt die Kosten für den öffentlichen Nahverkehr (z.B. Verbundsabo für 1-2 Zonen und Halbtaxabo) enthalten (SKOS-RL C.3.1, Abs. 1 lit. f). D.h. diese Verkehrsauslagen sind aus dem Grundbedarf für den Lebensunterhalt zu bestreiten. Das Handbuch des Kantons Aargau geht weiter davon aus, dass 6.1% des GBL für Verkehrsausgaben einzusetzen sind. Dementsprechend wären meines Erachtens auch die Transportkosten für die Arztbesuche aus dem Grundbedarf zu decken und nicht zusätzlich als situationsbedingte Leistungen zu übernehmen, wenn die fragliche Arztpraxis mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichbar ist.
Sollte dies nicht der Fall sein und die Arztpraxis ausserhalb dieses Radius «öffentlicher Nahverkehr» liegen, oder nachweislich mehr als 6.1% des Grundbedarfs für die öV-Tickets auszugeben, wären die Verkehrsauslagen für die Arztbesuche als situationsbedingte Leistungen zu übernehmen. Es würde sich dabei um Transportkosten als Teil der Gesundheitskosten im Sinne von grundversorgenden SIL handeln. Dabei hätte die Gemeinde meines Erachtens keinen Spielraum, um die Kosten abzulehnen. Allenfalls wäre aber zu prüfen, ob ein Wechsel zu einem näher gelegenen Arzt zumutbar ist, insbesondere ob mit dem öffentlichen Nahverkehr überhaupt ein:e Ärzt:in mit den erforderlichen Spezialisierungen erreichbar wäre, welche dann auch freie Kapazitäten hätte. Aber so wie ich Ihre Anfrage lese, handelt es sich bei den Terminen teilweise auch um solche, die von IV angeordnet sind, respektiv für den IV-Entscheid relevant sind. Falls dies so zutrifft, wäre ein Arztwechsel, um die Transportkosten tief zu halten, wohl kaum zumutbar.
Ich hoffe, das hilft Ihnen weiter.
Beste Grüsse