KI verstehen: ChatGPT für Arbeitgebende und Arbeitsuchende

Noch vor Monaten hatten die meisten von uns kaum aktive Berührungspunkte mit Künstlicher Intelligenz (KI). KI bezeichnet Maschinen oder Computerprogramme, die Fähigkeiten zeigen, die normalerweise menschliche Intelligenz erfordern. Bis vor kurzem war dies zumeist nur ein Thema der Wissenschaft und der Technik. Das änderte sich schlagartig mit der Veröffentlichung von ChatGPT von OpenAI und der damit einhergehenden einfachen Nutzung. Weitere KI-Chatbots wie Googles Bard und Metas LLaMa folgten kurze Zeit später. Die dabei verwendeten Sprach-Modelle sind besonders gut darin, Text zu generieren, der von Menschen gemachtem ähnelt. Jede und jeder kann nun mittels Textnachrichten einer KI Fragen stellen und Anweisungen geben.

Es ist nicht nur faszinierend, sondern auch zwingend notwendig, die Chancen und Risiken dieser Technologie zu erkennen und damit verantwortungsvoll umzugehen. Dabei wird deutlich, dass KI-Modelle nicht nur hilfreiche Werkzeuge sind, sondern auch ethische und praktische Herausforderungen mit sich bringen. Es stellt sich uns die Frage, wie wir die Vorteile optimal nutzen, ohne zum Beispiel Intuition, Ethik oder Werte zu kompromittieren.

Die neue Kunst liegt nun darin, gute Fragen und Anweisungen, sogenannte «Prompts» zu formulieren, damit man die bestmöglichen Antworten und Ergebnisse erhält.

Die Funktionsweise von ChatGPT und Co

Generative Sprachmodelle wie ChatGPT verwenden komplexe neuronale Netzwerke, welche von der Struktur des menschlichen Gehirns inspiriert sind. Die Modelle wurden anhand von umfangreichen Datensätzen, die aus verschiedenen Internetquellen stammen, vortrainiert und danach speziell für den Dialogeinsatz verfeinert. Dazu wurden verschiedene Lernmethoden unter Verwendung von menschlichem Feedback eingesetzt.

ChatGPT ist ein leistungsfähiges Werkzeug zur Texterstellung und -bearbeitung, das in zahlreichen Kontexten Anwendung finden kann. Der Chatbot kann eine Vielzahl von Sprachen verarbeiten und passt sich der Sprache der Benutzer*in an. Durch die umfangreiche Datenmenge, mit  der er trainiert wurde, ist er in der Lage, über eine breite Palette von Themen zu kommunizieren und verfügt quasi über ein universelles Wissen. Um unangemessenen Inhalt zu minimieren, wurden sicherheitsrelevante Funktionen integriert. ChatGPT ist so konzipiert, dass er auf den bisherigen Verlauf des Gesprächs Bezug nehmen und seine Antworten entsprechend anpassen kann.

Gefahren und Risiken

Technischer Fortschritt bringt neben Chancen auch immer Gefahren mit sich. ChatGPT und Co. bilden dabei keine Ausnahme. In Bezug auf inhaltliche Anforderungen werden aktuell hauptsächlich folgende Risiken thematisiert.

• Abhängigkeit von Technologie: Wenn man ChatGPT und ähnliche KI-Systeme für Aufgaben verwendet, die man früher selbst gemacht hat, kann das langfristig die eigenen Fähigkeiten schwächen.
• Fehlinformationen: ChatGPT wurde mit Daten trainiert, die bis 2021 gesammelt wurden. Das bedeutet, dass die KI möglicherweise nicht über aktuelle Informationen verfügt und die bereitgestellten Informationen veraltet oder nicht mehr relevant sein können. Zum Beispiel bei der Frage «Wer hat die letzte Fussball-WM gewonnen?».
• Verzerrungen: In Trainingsdaten können sich Vorurteile und Verzerrungen, sogenannte Biases, befinden, welche unbeabsichtigt übernommen werden. Solche Verzerrungen basieren häufig auf Übergeneralisierungen, vorgefassten Meinungen oder persönlichen Präferenzen. KI-Modelle widerspiegeln die Werthaltungen ihrer Schöpfer*innen und der Daten, auf denen sie trainiert wurden. Somit können solche Verzerrungen unsere Wahrnehmung und Entscheidungsfindung in vielerlei Hinsicht beeinflussen. Beispielsweise bei der Beurteilung von Jobkandidat*innen.
• Over-Trust: Es besteht die Gefahr, dass Benutzer*innen KI-generierten Inhalten zu viel Vertrauen schenken, diese nicht genügend kritisch hinterfragen.  Dies kann zu Fehlentscheidungen führen. KI-generierte Inhalte sind meist logisch und formal korrekt. Sie sollten nichtsdestotrotz immer einem Faktencheck unterzogen und nicht blind übernommen werden.
• Plagiate: KI-generierte Texte werden häufig von KI-Erkennungssoftware als solche erkannt, jedoch aktuell noch mit einer hohen Fehlerrate. OpenAI hat, wie bei ArsTechnica beschrieben, ihre Erkennungssoftware AI-Classifier wegen zu grosser Ungenauigkeit wieder vom Markt genommen. Es gibt jedoch unzählige weitere Angebote. Sie verbessern sich täglich. Man kann also davon ausgehen, dass KI-generierte Texte in Zukunft gut erkannt werden. Das heisst, dass bei Plagiat-sensitiven Texten, wie z.B. einer Universitätsarbeit oder einem Buch, das blinde Kopieren von Chatbot-Output nicht zu empfehlen ist.
• Ethik und Moral: Die Nutzung von KI, insbesondere in sensiblen Bereichen, wirft ethische Fragen auf. Zum Beispiel «Wo ziehen wir die Grenze zwischen menschlichem und maschinellem Urteilsvermögen?». Unternehmen sind aufgefordert, Richtlinien für den Einsatz von KI zu erarbeiten, um sicherzustellen, dass die Technologie in sensiblen Bereichen im Einklang mit den Werten des Betriebes steht und im besten Interesse der Kunden, Klienten und Mitarbeiter eingesetzt wird.

Chancen durch generative Sprachmodelle in der modernen Arbeitswelt

Die neuen generativen Sprachmodelle eröffnen neue Möglichkeiten, die sowohl unser tägliches Leben als auch die Berufswelt revolutionieren können. Früher waren persönliche Assistent*innen das Privileg von CEOs und anderen, die sich solche Dienste leisten konnten. Heute steht durch KI praktisch allen ein solcher «Assistent» zur Verfügung.

Dabei ist die Palette der Anwendungsbereiche beeindruckend. Neben der Beantwortung von Fragen kann ChatGPT auch kreative Aufgaben übernehmen. Der Chatbot bearbeitet Mails, verfasst Berichte und Konzepte, erstellt Präsentationen und schreibt Code.

Was aktuelle KI-Assistenten auszeichnet, ist ihre Fähigkeit, sich stetig weiterzuentwickeln und zu lernen. KI-Modelle, insbesondere das Modell von OpenAI, passt sich dynamisch an die sich stetig wandelnden Anforderungen der Arbeitswelt an. Dadurch wird den Nutzer*innen eine immer effizientere Unterstützung geboten.

Wie eine aktuelle Studie von Sortlist aufzeigt, wird durch die Anwendung von KI ein Effizienz-Boost erwartet. Für die Nutzer*innen von KI-Tools bedeutet das eine wertvolle Entlastung bei Routineaufgaben, was ihnen die Fokussierung auf den Kern ihrer Tätigkeit vereinfacht.

Anwendungsmöglichkeiten

Für Arbeitgebende, HR-Verantwortliche und Arbeitsuchende eröffnen generative Sprachmodelle viele verschiedene und spannende Einsatzmöglichkeiten.

KI unterstützt Arbeitgebende / HR beim

• Erstellen von Stelleninseraten nach diversen Kriterien
• Erstellen von Social Media Inhalten, zugeschnitten auf eine bestimmte Plattform, passend zu Stelleninseraten, Employer Branding etc.
• Prüfen und Vergleichen von Bewerbungen anhand unterschiedlicher Kriterien
• Vorbereiten von Interviews
• Optimieren der Bewerber*innenkommunikation und dem Erstellen von Mailvorlagen
• Optimieren der Kommunikation für das Active Sourcing auf Plattformen wie LinkedIn und Xing.

KI unterstützt Arbeitsuchende beim

• Optimieren des Lebenslaufes (textlich, aber auch z.B. durch die Ergänzung von Schlüsselwörtern für KI-basierte Bewerbungsprozesse)
• Erstellen eines Motivationsschreibens nach diversen Kriterien und unter Einbezug von zusätzlichen relevanten Daten, wie dem Leitbild und der Beschreibung der Organisation, oder auch dem eigenen Lebenslauf.
• Erstellen eines persönliches Branding-Statements
• Vorbereiten auf Interviews
• Optimieren der eigenen Kommunikation mit potenziellen Arbeitgeber*innen
• Optimieren von Onlineprofilen auf den verschiedenen Plattformen nach diversen Kriterien

Zwei einfache Anwendungs-Beispiele

In den folgenden beiden Beispielen wurde die kostenlose Version 3.5 von ChatGPT eingesetzt. Die Aufgabe ist es, eine bestehende Stellenausschreibung auf eine neue Zielgruppe auszurichten und dieses Inserat danach über das LinkedIn-Netzwerk zu teilen.

1. Stellenausschreibung auf neue Zielgruppe ausrichten

Als Ausgangslage haben wir das folgende Inserat, welches wir neu auf die Zielgruppe «Generation Z» ausrichten möchten.

Originalinserat:

Hierzu geben wir in ChatGPT den folgenden Prompt ein und fügen am Ende den Inhalt des ursprünglichen Inserates hinzu:

Du bist eine HR-Spezialistin mit langjähriger Erfahrung. Schreibe das folgende Inserat für die Zielgruppe «Generation Z» um:
[Originalinserat]

ChatGPT antwortet mit dem folgenden Inserat:

Das KI-generierte Inserat kommt sympathisch daher und spricht die Leser*innen in der Du-Form persönlich an. Für die Generation Z spielt Authentizität, der Einsatz von Technologie und die Möglichkeit zur Weiterentwicklung und Selbstverwirklichung eine bedeutende Rolle. Das KI-generierte Inserat vermag diese Aspekte mehr in den Vordergrund zu rücken. Die neuformulierte Stellenbeschreibung bietet einen soliden Ausgangspunkt für individuelle Anpassungen.

2. Socialmedia-Content für die Stellenausschreibung erstellen

Im zweiten Schritt möchten wir nun die KI-generierte Stellenausschreibung in unserem LinkedIn-Netzwerk teilen, um Interessierte direkt anzusprechen.

Dazu geben wir in ChatGPT den folgenden Prompt ein und fügen am Ende das neu generierte Inserat bei:

Du bist ein Multimedia-Spezialist mit langjähriger Erfahrung. Generiere aus dem folgenden Inserat 2 aussagekräftige und kurze Texte für einen Post auf LinkedIn:
[Generiertes Inserat]

ChatGPT antwortet mit dem folgenden Output:

Auch die KI-generierten Posts machen einen passablen Eindruck. Das Resultat beinhaltet sogar gendergerechte Sprache, ohne dass dies zu Beginn im Prompt definiert wurde. Es macht auch hier Sinn, die generierten Posts nicht einfach 1:1 zu übernehmen, sondern mit den persönlichen Präferenzen und den Vorgaben der Organisation abzugleichen und entsprechend anzupassen.

Die richtigen Fragen stellen

Je erfahrener man in der Anwendung von ChatGPT ist, desto besser werden die Fragen und Anweisungen zum Erhalten der gewünschten Antworten und Ergebnisse. Die beiden Prompts in den Beispielen lieferten bereits erstaunlich gute Resultate, wobei sie sicherlich noch verbessert werden können. Das Schreiben von Prompts entwickelt sich gerade zur wertvollen Kompetenz. Aktuell entstehen Marktplätze, auf denen ausgeklügelte Prompts zu kaufen sind. Im Internet gibt es zahlreiche Tutorials, wie man Prompts am besten schreiben, verbessern und erweitern kann. Einen spannenden Ansatz stellen Digitale Profis in ihrem Youtube-Video vor: Sie zeigen, wie man ChatGPT direkt nutzen kann, um Prompts zu optimieren.

Machen Sie mit bei der Gestaltung unserer nächsten Artikel rund um KI und teilen Sie uns Ihre Interessen mit! Über welche konkreten Anwendungsmöglichkeiten von ChatGPT wünschen Sie sich mehr zu erfahren? Ich freue mich über Ihre Rückmeldung auf olivier.rode@sozialinfo.ch.