Digitalisierung in der Sozialhilfe - ein Kurs gibt Orientierung
Die Digitalisierung schreitet schnell voran – auch in der Sozialen Arbeit. Und mit dieser Entwicklung tauchen immer neue Fragen auf. Wie steht es um den Datenschutz? Lässt sich die bestehende Fallführungssoftware ergänzen? Oder welche digitalen Angebote sind überhaupt sinnvoll? Ein gemeinsamer Kurs der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) und des Vereins sozialinfo.ch hat Antworten darauf.
Die Digitalisierung ist längst in den Sozialdiensten angekommen. Die Dossiers der Klientinnen und Klienten sind im selben System erfasst, das auch gleich die Sozialhilfezahlungen auslöst und die Daten an das Buchhaltungssystem weiterleitet. Gerade in Städten und grösseren Gemeinden wurden in den letzten Jahren hohe Summen für neue Fallführungssysteme ausgegeben. Der Kanton Basel-Stadt sowie die Städte Zürich und Bern haben gar einen Verein gegründet, um die eigene Fallführungssoftware entwickeln zu lassen.
Beispielhaftes Unterstützungsangebot
Der Verein Wir lernen weiter sammelt seit 1,5 Jahren ausgemusterte Laptops. In Zusammenarbeit mit Sozialdiensten und anderen Organisationen des Sozialwesens wurden bisher über 3'000 Laptops an Armutsbetroffene abgegeben.
Doch nicht nur aufseiten der Behörden und Organisationen ist vieles im Gang, auch die Klientinnen und Klienten spüren die Auswirkungen des digitalen Wandels. Wer eine Frage hat, wendet sich längst nicht mehr nur telefonisch an die Sozialdienste, sondern meldet sich viel eher per Messenger oder Email. Und verschiedene Angebote und Initiativen sorgen dafür, dass Sozialhilfebezügerinnen und –bezüger am digitalen Wandel teilhaben können, auch wenn solche Angebote noch längst nicht überall verfügbar sind.
Viele Möglichkeiten, viele Fragen
So breit der Anwendungsbereich, so breitgefächert sind auch die Fragen, die sich im Zusammenhang mit der digitalen Transformation stellen. Wo steht meine Organisation bei der digitalen Transformation? Gibt es Möglichkeiten, die bestehende Technik nach den eigenen Bedürfnissen zu erweitern? Ist es aus Datenschutzgründen überhaupt möglich, mit Klientinnen und Klienten per WhatsApp zu kommunizieren? Wie stellen wir sicher, dass die Klientinnen und Klienten Zugang zu digitalen Angeboten haben? Welche digitalen Angebote sind überhaupt sinnvoll? Und auf was kann man getrost verzichten? Solche und ähnliche Fragen werden auch immer wieder an die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) herangetragen. „Wir hören regelmässig, dass die digitale Transformation die Sozialdienste stark beschäftigt“, sagt SKOS-Geschäftsführer Markus Kaufmann. Gerade bei kleineren Sozialdiensten, die nicht in eine grosse Verwaltung eingebunden sind, sei teils eine gewisse Verunsicherung spürbar, sagt er. Die Covid-Pandemie habe diesen Trend noch verstärkt.
Bei der SKOS sei schliesslich die Ideen entstanden, dem Thema digitale Transformation in der Sozialen Arbeit mehr Raum zu geben, sagt Kaufmann. Die Verantwortlichen der SKOS hätten sich überlegt, Merkblätter oder Tutorials auf der Webseite aufzuschalten. „Doch das ging uns nicht weit genug.“ Nachhaltiger erschien ein Kurs, der die Möglichkeit bietet, zu diskutieren und Rückfragen zu stellen. „Wir bieten bereits Kurse im Bereich öffentliche Sozialhilfe an und haben damit stets gute Erfahrungen gemacht“, sagt Kaufmann. Mit dieser Idee gelangte die SKOS schliesslich an den Verein sozialinfo.ch. Verbunden mit der Anfrage, einen Einführungskurs nach dem bewährten Muster zum Thema „Digitale Transformation in der Sozialen Arbeit“ auszuarbeiten.
Das Kursangebot
Der Einführungskurs „Digitalisierung im Kontext der öffentlichen Sozialhilfe“ von der SKOS und dem Verein sozialinfo.ch startet im 2022. Der Basiskurs findet am 12.4.2022 statt, der Vertiefungskurs wird am 21.6.2022 durchgeführt. Weitere Informationen und den Link zur Anmeldung finden Sie hier.
Den Wandel mitgestalten
Mit diesem Anliegen rannte die SKOS beim Verein sozialinfo.ch offene Türen ein. Der Verein hat im letzten Jahr das Kompetenzzentrum Digitalisierung & Soziale Arbeit aufgebaut, dies mit dem Ziel, dass das Sozialwesen die digitale Transformation aktiv mitgestalten und sich in die Entwicklungen einbringen kann. In dieser Hinsicht habe sich auch schon viel getan, sagt Christine Mühlebach, Produktmanagement Digitalisierung bei sozialinfo.ch. Es seien neue digitale Angebote entstanden, verschiedene Sozialdienste seien dabei, eigene Ideen umzusetzen und neue Tools einzuführen, die ihnen die tägliche Arbeit erleichtern sollen. Wesentlich für eine gelingende digitale Entwicklung im Sozialwesen sei, dass die Informatik-Lösungen vor dem Hintergrund der fachlichen und strukturellen Anforderungen der Sozialen Arbeit betrachtet werden können, so Christine Mühlebach.
Und genau hier setzt der Einführungskurs „Digitalisierung im Kontext der öffentlichen Sozialhilfe“ an, den Christine Mühlebach gemeinsam mit Thomas Brunner, Geschäftsführer des Vereins sozialinfo.ch, entwickelt hat. An zwei aufeinander aufbauenden Halbtagen werden den Teilnehmenden relevante Grundlagen vermittelt, um sich in der Digitalisierung im Kontext der Sozialhilfe orientieren zu können. Im Basiskurs gehe es vor allem darum, dass sich die Teilnehmenden den zentralen Herausforderungen bewusst würden und konkrete Handlungsmöglichkeiten kennenlernten, so Christine Mühlebach. Des Weiteren sollen die Teilnehmenden mit Hilfe eines Modells auch den Entwicklungsbedarf in der eigenen Organisation aufgezeigt erhalten. Im Vertiefungskurs stehen schliesslich die zentralen Aspekte und Rahmenbedingungen für die Umsetzung der digitalen Transformation in der Organisation im Zentrum. Auch das Thema Datenschutz steht mit auf der Agenda. Christine Mühlebach betont, dass keine besonderen Vorkenntnisse im Bereich Informatik oder Digitalisierung nötig seien, um am Kurs teilnehmen zu können. Eine gewisse Offenheit gegenüber IT-Themen sei aber sicher hilfreich. Der Kurs richtet sich sowohl an Leitungspersonen, Personen in Stabs- oder Projektfunktionen wie auch an Mitarbeitende von Sozialdiensten.
Lösungen für die Zukunft
Im April 2022 werden die SKOS und der Verein sozialinfo.ch den Einführungskurs nun erstmals durchführen. Ziel sei es, den Kurs fortan regelmässig anzubieten. „Er soll fester Bestandteil unseres Weiterbildungsangebots werden“, sagt Markus Kaufmann. Christine Mühlebach ist froh, dass die SKOS aktiv geworden ist. «Dass die SKOS aufgrund des festgestellten Bedarfs die Initiative ergriffen hat, damit ein angepasstes Weiterbildungsangebot lanciert werden kann, ist sehr begrüssenswert.» Es bestehe bei verschiedenen Fach- und Berufsverbänden ein grosses Potenzial, mit gemeinsamen Projekten oder Kooperationen die digitale Transformation zu gestalten und gleichzeitig die finanzielle und personelle Last auf mehrere Schultern zu verteilen.
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